Florian Gathmann

GroKo und die schwarze Null Sparen hilft dem Klima nicht

Die Große Koalition will beim Klimaschutz den großen Wurf wagen - aber daraus kann nichts werden, wenn sie gleichzeitig am Dogma der schwarzen Null festhält. Wenn sie es ernst meint, muss sie sich etwas trauen.

Die CSU ist neuerdings das Zugpferd der deutschen Klimapolitik, jedenfalls nach eigener Ansicht. Unstrittig ist, dass Markus Söder und seine Christsozialen am Samstag als erste der drei GroKo-Parteien eine "Klimastrategie" verabschiedet haben. Darin werden viele Forderungen erhoben, um bei diesem Thema endlich voranzukommen und Deutschlands Ziele bei der Reduzierung der Treibhausemissionen doch noch zu erreichen. Am 20. September will sich dann das sogenannte Klimakabinett der Großen Koalition auf entsprechende Schritte einigen.

Nur: Was die eigenen Vorschläge kosten werden, darüber ist in dem 16-seitigen-Papier der CSU nichts zu lesen. Immerhin sagte Söder bei der Vorstellung des Konzepts, es seien "schon zig Milliarden, die da anstehen werden".

Eine deutlich höhere Summe für die notwendigen Klima-Investitionen hat vor einigen Wochen Ralph Brinkhaus veranschlagt, der Chef der Unions-Bundestagsfraktion. Der CDU-Politiker sprach gegenüber der "Rheinischen Post" von "mehreren Hundert Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren".

Wie groß die klimapolitische Not ist, darüber gibt es inzwischen keinen Dissens mehr zwischen den GroKo-Partnern. "Der Klimawandel ist nicht mehr bloß eine abstrakte Gefahr der Zukunft, sondern eine konkrete Veränderung heute", heißt es in dem Papier der CSU. "Uns bleiben nur noch wenige Jahre, um eine Chance im Kampf gegen den Klimawandel zu haben."

Das Problem ist nur: Man denkt plötzlich groß - aber traut sich nicht, auch den nächsten Schritt zu gehen. Die sogenannte schwarze Null, also das Haushalten ohne neue Schulden, wird angesichts der Milliardeninvestitionen nicht mehr zu halten sein. Die schwarze und die grüne Null gleichzeitig zu erreichen, wie es CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und andere führende Unionspolitiker behaupten, ist nicht zu schaffen. Das fällt selbst manchen in den eigenen Reihen mittlerweile auf.

Auch Scholz hält noch an der schwarzen Null fest

Auch Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz, der dieser Tage als Wahlkämpfer für den SPD-Vorsitzendenposten durch die Republik zieht, will sich bislang nicht vom Ziel der schwarzen Null verabschieden: Wenn er am Dienstag im Bundestag den Entwurf seines ausgeglichenen Haushalts für 2020 vorstellt, gelingt ihm das nur, weil die Kosten für die Entscheidungen des Klimakabinetts fehlen.

Auch Scholz sollte endlich den Mut haben, die schwarze Null zu den Akten zu legen. Er hat bewiesen, dass Sozialdemokraten mit Geld umgehen können - vielleicht würde man dem Finanzminister deshalb erst recht abkaufen, wenn Scholz nun sagt: Es wird nur mit Neuverschuldung gehen.

Die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse müsste man dabei nicht unbedingt antasten, wie es beispielsweise Grünenchef Robert Habeck fordert. Sie erlaubt pro Jahr neue Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das wäre ein Anfang.

Die Union hat tatsächlich mehr zu verlieren, weil die schwarze Null in den vergangenen Jahren so ziemlich das letzte war, was CDU und CSU ideologisch geblieben ist. Aber die schwäbische Hausfrau, auf die man sich dabei gerne berufen hat, würde ehrliche Rechnungen sicherlich ungedeckten Schecks vorziehen. Nichts anderes ist es nämlich, was Unionspolitiker plötzlich vorschlagen, um die schwarze Null zu retten: Bürger-Anleihen für Klimaschutz, die der Staat in Minuszins-Zeiten wiederum mit seinem Geld aufpäppelt.

Kredite bekommt der Staat doch derzeit sowieso hintergeworfen. Nein, würde deshalb die schwäbische Hausfrau sagen: Dann lieber schuldenfinanzierte Investitionen, damit meinen Enkeln auch eine lebenswerte Welt hinterlassen wird.

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