Knappe Kassen Bundesländer meutern gegen Steuersenkungsplan

Die Opposition nennt die Pläne "unverantwortlich", selbst CDU-Ministerpräsidenten wollen nicht zustimmen: Der Widerstand in den Bundesländern gegen die Steuersenkungspläne der Bundesregierung wächst. Die Position der CSU ist selbst parteiintern unklar.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Carstensen: Kein Spielraum in Landeskasse

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Carstensen: Kein Spielraum in Landeskasse

Foto: ddp

Berlin/München - Die geplanten Steuersenkungen der Bundesregierung stoßen in den Bundesländern auf immer breiteren Widerstand. Selbst die unionsgeführten Länder drohen damit, den Plänen nicht zuzustimmen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sagte der Zeitung "Die Welt", die Steuersenkung könne keinesfalls zu Lasten der Landeskasse finanziert werden. "Dafür haben wir keinen Spielraum", so Carstensen.

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte: "Alles, was die Einnahmesituation des Landes verschlechtert, ist für die Landesregierung nicht akzeptabel. Ich sehe daher kaum Spielraum, einer solchen Reform zuzustimmen."

Von der Opposition kam scharfe Kritik. SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte die Steuerpläne "unverantwortlich". Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck kündigte an, dass die SPD-geführten Länder im Bundesrat gegen die Steuersenkungen votieren wollten. Er könnte sich eine Zustimmung nur dann vorstellen, "wenn der Spitzensteuersatz angehoben wird und hohe und höchste Vermögen stärker besteuert werden", sagte er der "Rhein-Zeitung".

Die SPD-Finanzminister von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen kündigten ebenfalls ein Veto ihrer Länder an. NRW-Ressortchef Norbert Walter-Borjans sagte der "Rheinischen Post": "Eine Steuersenkung wäre unverantwortlich und fahrlässig." Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid sagte der Zeitung: "Wir machen uns nicht zum Handlanger dieser Chaos-Koalition."

CSU irritiert Koalitionspartner

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatten einen Tag vor dem Koalitionsgipfel ohne weitere Absprache eine Steuerentlastung ab 2013 von sechs bis sieben Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Es gehe um eine Milderung bei der sogenannten kalten Progression, bei der Lohnerhöhungen bei starker Preissteigerung größtenteils durch die Steuerlast wieder aufgezehrt werden. Doch noch während Rösler und Schäuble die Einigung verkündeten, sagte CSU-Chef Horst Seehofer in München: "Mit uns gibt es da keine Einigung." Eine Episode, die die Zerstrittenheit der Koalition zeigt.

Am Freitagmorgen widersprach der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis seinem Parteichef: Die Koalition sei sich sehr wohl "einig in der Frage der Steuersenkung", sagte Geis im Deutschlandfunk. Die Pläne seien innerhalb der CSU bereits im Januar beschlossen worden. Kleine und mittlere Einkommen sollten unbedingt entlastet werden. Allerdings hätten FDP und CDU die CSU bei der Vorstellung der Pläne einbinden müssen. Man könne nicht einfach den Parteivorsitzenden der CSU durch Nachrichtenmeldungen über eine Steuersenkung informieren, sagte Geis.

Schäuble und Rösler belasten mit ihrem Vorstoß das Spitzentreffen der schwarz-gelben Koalition, bei dem am Freitag Lösungen für Kernprojekte der Regierung in der zweiten Hälfte ausgelotet werden sollen.

Auch die Kommunen lehnen die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung für eine Steuerentlastung ab. Sie sähen "keinerlei finanziellen Spielraum" für eine solche Entlastung, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, der "Leipziger Volkszeitung".

fab/dpa/dapd
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