Sebastian Fischer

Kontra Steinmeier Cool bleiben

Der Westen wird den Spieler Wladimir Putin nicht von seinem Kurs abbringen, wenn er sich allzu nachgiebig zeigt. Die Absichten des deutschen Außenministers sind gut - die Wirkung seines Spruchs nicht.
Wladimir Putin

Wladimir Putin

Foto: DMITRY LOVETSKY/ AFP

Es ist etwas in Bewegung geraten. Wir erleben in diesen Tagen den Abschied der Sozialdemokraten von der Großen Koalition. Gut so! Gar nicht gut ist allerdings, dass sich die roten Absetzbewegungen von den Schwarzen zum Teil ausgerechnet in der Russlandpolitik zeigen.

Denn dass SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier die Nato gerade vor "Säbelrasseln und Kriegsgeheul" in Osteuropa gewarnt hat, das wirkt reichlich schräg. Er habe damit nicht die Nato-Manöver an der Ostgrenze des Bündnisgebiets selbst gemeint, wird jetzt vom Auswärtigen Amt klargestellt, sondern wolle nur verhindern, dass solche Manöver propagandistisch ausgeschlachtet würden.

Aber macht das den Satz besser? Heißt: Ist Steinmeiers Vorgehen den Interessen des Westens dienlich? Nein, ist es nicht.

Denn unsere strategischen Interessen sind doch diese: Erstens darf aus dem neuen Kalten Krieg zwischen Russland und dem Westen keinesfalls ein neuer heißer Krieg werden. Zweitens muss Wladimir Putin zurückkehren ins Konzert der europäischen Nationen, wo man Konflikte seit dem Zweiten Weltkrieg diplomatisch und nicht militärisch löst.

Das Ziel also ist klar, aber der Weg dahin ist strittig. Dieser Streit steckt hinter Steinmeiers rhetorischer Keule vom Kriegsgeheul, er steckt hinter dem Konflikt in der Großen Koalition und hat immer auch das Potenzial, den Westen zu spalten. Etwas vereinfacht gesagt, geht es um die Frage: Wie bringt man Putin zur Vernunft - mit Härte oder mit Nachgiebigkeit?

Entscheidend ist, welche Signale bei Putin ankommen

Für Nachgiebigkeit, dies mal vorweg, spricht nicht viel. Denn was macht Putin? Er testet die Reaktionen des Westens aus. Er tastet sich vor bis zur Grenze, an die er gehen kann. Putin ist ein Spieler, ein Mann des Risikos. Die Amerikaner hält er für Weicheier, die Europäer sowieso.

Auf das Spiel eines Spielers darf man sich nicht einlassen. Das Risiko einer Eskalation nimmt nämlich nicht nur zu, wenn zwei unberechenbare Spieler aufeinander treffen. Das Risiko nimmt auch dann zu, wenn der Spieler immer wieder Signale wahrnimmt, die ihn in seinem Vorgehen bestärken.

Natürlich war und ist das nicht Steinmeiers Absicht; natürlich hat der deutsche Außenminister den Dialog mit Putin im Sinn und nicht Putins Stärkung. Das soll hier gar nicht infrage gestellt werden.

Entscheidend ist aber, welche Signale bei Putin ankommen und wie er sie interpretiert. Und so gesehen - aus Putins Sicht - sendet die gesamte SPD gerade Signale der Schwäche: Warnung vor Nato-Säbelrasseln, Debatte um die Sanktionen, Kritik an einer deutschen Führungsrolle an der Nato-Ostgrenze. Das sind Signale, die Putin als politisches Einfallstor deuten kann. Warum sollte er sein Verhalten ändern? Erst mal abwarten, wie einig sich die im Westen wirklich sind.

Stattdessen sollte man dem Spieler Putin klare Ansagen machen, verlässliche Regeln setzen. Wenn der Spieler selbst nicht berechenbar ist, dann muss er zumindest auf eine berechenbare Umgebung treffen. Dabei geht es übrigens nicht darum, militärisch auf dicke Hose zu machen.

Sondern darum, in aller Ruhe klarzustellen, dass erstens die Nato ihr Bündnisgebiet ohne Wenn und Aber verteidigen wird, denn sonst könnte man die Sache mit dem Bündnis ja gleich lassen. Dass zweitens die Sanktionen so lange und immer wieder verlängert werden, bis Russland sein Verhalten ändert. Und dass der Westen drittens in Russland nicht den Feind sondern den Partner sucht.

Wir müssen cool bleiben, langen Atem haben, kurz: den Spielverderber geben.

Kommentar zu Steinmeiers Russland-Aussagen:

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