
Kommentar Die Merkel-Republik

So lange wurde über mögliche Ausgänge dieser Wahl spekuliert. Und nun das: Merkel ist die überragende Siegerin. Ihr ist das wahrscheinlich selbst ein bisschen unheimlich. (Lesen Sie die Höhepunkte des Wahlabends im Minutenprotokoll hier und sehen Sie die Ergebnisgrafiken hier).
Die CDU ist wieder da, wo sie zu Konrad Adenauers Zeiten war: Die Staatspartei, die im Bund alles bestimmt und die wichtigsten Posten quasi allein besetzt. Die restlichen Parteien dürfen zugucken. Vielleicht lässt sie die SPD noch mitspielen. Oder die Grünen. Politik von Angela Merkels Gnaden.
Dies zu verdanken hat die Partei einer Kanzlerin, die mit ihrem präsidialen Regierungsstil breite Bevölkerungsschichten anspricht, nicht aneckt, sondern integriert. Niemand kann ganz genau sagen, wofür sie steht, aber viele Bürger fühlen sich bei Kanzlerin Merkel offenkundig in guten Händen. Es zeigt sich wieder einmal: Wenn politische Fragen kompliziert werden, ist Vertrauen eine wichtige Währung in der Politik.

Wahlsieg der Union: Merkels größter Erfolg
Die SPD dagegen bleibt im Prozentekeller. Eine Volkspartei sieht anders aus. Peer Steinbrück hat sich wacker bemüht, doch am Ende war er mit der Aufgabe überfordert. Er wirkte nicht in die Mitte der Wählerschaft. Ein eher "rechter" Kandidat und ein eher "linkes" Programm passt einfach nicht zusammen. Das merken die Wähler. Die SPD hat schwere Zeiten vor sich. Selbst wenn sie nun in eine Große Koalition eintreten würde, wäre sie nur ein Anhängsel der Kanzlerin.
Die FDP ist zerschmettert, gescheitert an der eigenen Hybris, entsorgt aus dem Bundestag, gedemütigt. Die FDP hat es selbst verschuldet: Bei der Wahl vor vier Jahren hat sie Steuersenkungen versprochen, die dann nicht kamen, sie hat vier Jahre lang praktisch nichts getan, was bei den Wählern in guter Erinnerung blieb. Sie ist nur noch ein Schatten der einstmals stolzen liberalen Partei eines Hans-Dietrich Genscher. Man könnte sagen: Sie hat ihre gerechte Strafe erhalten.
An ihre Stelle tritt mit der AfD eine neue bürgerliche Protest-Bewegung, die aus dem Nichts kommt, unheimlich, unberechenbar. Schwer zu fassen. Das ist die eigentliche Revolution: Erstmals gibt es eine starke Partei rechts von der Union. Sie kann Angela Merkel das Leben schwer machen, wenn sie die nächsten Monate überlebt.

Jubel und Entsetzen: Der Wahlabend in Bildern
Merkel ist auf dem Höhepunkt ihrer Macht, sie allein hat mit ihren hohen Popularitätswerten den Triumph der Union gesichert. Das wird ihre Macht in der Partei weiter festigen, potentielle Nachfolger wie Ursula von der Leyen werden warten müssen. Das heißt aber auch: Wenn Angela Merkel geht, wird die Partei eine Durststrecke erleben.
Doch auf Merkel wartet auch Kummer. Im Bundesrat hat sie eine Phalanx von rot-grünen Ländern gegen sich. In einer Großen Koalition müsste sie mit einer gedemütigten SPD regieren. Das Regieren wird mit dieser SPD und ihrem sprunghaften Chef Sigmar Gabriel wohl nicht leichter werden, Franz Müntefering war da der bessere, weil zuverlässigere Partner.
Die SPD würde in einer Großen Koalition alles anders machen wollen als beim letzten Mal. Da erledigte die SPD die Arbeit, und Merkel heimste die Lorbeeren ein. Diesmal würden Gabriel und Co. Opposition in der Regierung sein. Dieses Bündnis wäre vom ersten Tag an wacklig.
So kann Merkel diesen Triumph genießen, aber es warten schon die nächsten Probleme. Die Euro-Krise wird mit Macht zurückkommen. Mit der Hilfe von Horst Seehofer kann sie rechnen, doch er wird für jedes Zugeständnis einen hohen Preis verlangen. Der Vizekanzler ist jetzt ein Bayer.