Streit über Annexion Putins Krim-Prahlerei irritiert Berlin

Russische Soldaten nahe dem ukrainischen Stützpunkt Perevalne auf der Krim, 19. März 2014: Eine in Moskau geplante Operation
Foto: AP/dpaBerlin - Sie machten Siegeszeichen, sie trugen keine Hoheitsabzeichen. Doch die operativen Fähigkeiten, die die Männer in den grünen Uniformen an den Tag legten, waren schon damals für viele westliche Beobachter ein sicheres Zeichen, dass die Annexion der Krim von Moskau aus gesteuert sein musste.
Dass es tatsächlich so war, hat Russlands Präsident Wladimir Putin nun in einer Dokumentation für das russische Staatsfernsehen selbst klar zugegeben. "Wir waren gezwungen, die Arbeit an der Rückholung der Krim zu Russland zu beginnen, weil wir dieses Gebiet und seine Einwohner nicht ihrem Schicksal, von Nationalisten erdrückt zu werden, überlassen konnten", sagte Putin in dem Film, von dem bislang zwei Ausschnitte gezeigt wurden.
Bereits in einer ersten veröffentlichten Sequenz hatte Putin seine Strategie offenbart und offen erklärt, dass er früh den Beschluss gefasst hatte, auf der Krim militärisch einzugreifen, nachdem sich in der Ukraine die Flucht von Präsident Wiktor Janukowytsch abzeichnete.

Jahrestag: Die Annexion der Krim
Putins Bekenntnis, dass russische Soldaten an der Operation teilnahmen, ist zwar nicht neu - er hatte dies nach anfänglichen Dementis im vergangenen Jahr eingeräumt. Der jetzige Zeitpunkt allerdings ist erhellend: Offensichtlich will der russische Präsident zum Jahrestag seinen Beitrag bei der "Rückholung" der Krim herausstreichen.
Auch wenn der Westen die Annexion und die darauffolgende Volksabstimmung nicht anerkannt hat, faktisch ist die Krim seit fast einem Jahr ein Teil Russlands. Ein Schicksal, das weiterhin auch der Ostukraine drohen könnte. Wie einst auf der Krim, so lautet auch hier bislang die offizielle russische Version, dass keine russischen Soldaten auf Seiten der Separatisten kämpfen.
Steinmeier kritisiert Putins Politik
Für westliche Politiker bleibt angesichts der unverblümten TV-Bekenntnisse Putins kaum mehr, als weiter zu mahnen und zu hoffen, dass sich der russische Präsident an das jüngste Minsker Abkommen zum Waffenstillstand in der Ostukraine hält. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist in diesen Tagen in Rumänien und Bulgarien unterwegs, bevor er am Mittwoch in die USA aufbricht, wo das Thema Ukraine eine zentrale Rolle spielen wird.
In Hermannstadt nutzte der SPD-Politiker seinen Aufenthalt, um den Bogen zur aktuellen Lage zu spannen. "Minderheitenfragen sind in unserer Geschichte nur zu oft auch Sprengsatz gewesen und Ausgangspunkt für bilaterale Spannungen", so Steinmeier in einer zentralen Passage, an die sich unmittelbar eine Kritik an Putins Politik anschloss, und die sich wie eine Replik auf dessen TV-Äußerungen liest. "Dies zeigt auch der Blick auf den aktuellen Konflikt in der Ukraine. Denn hier maßt sich eine fremde Nation an, der Schutzpatron einer ihr ethnisch verbundenen Minderheit in einem anderen Staat, der Ukraine, zu sein und rechtfertigt damit Verletzungen der Souveränität dieses Staates", kritisierte Steinmeier die Politik des russischen Präsidenten.
Das jetzige TV-Bekenntnis Putins zur offenen militärischen Intervention auf der Krim - weder Steinmeier noch andere Außenpolitiker der Koalition hat das wirklich überrascht. Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann fühlt sich in seiner skeptischen Sicht bestätigt. Außenpolitisch wolle Putin "nicht zu viel reden", sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete. Deshalb müsse sich Deutschland und Europa sicherheitspolitisch darauf einrichten, "dass die russische Führung weniger auf Diplomatie und mehr auf militärische Stärke setzt." Wellmann begrüsst daher die aufflammende Debatte über eine EU-Armee.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, sagt über Putins Auftritt: "Der offen zur Schau getragene Stolz über die Annexion der Krim lässt für den Osten der Ukraine nichts Gutes erwarten." Statt einer Selbstinszenierung Putins brauche man jetzt Deeskalation und Klarheit über die Ziele der russischen Politik. Russland, so hofft Annen, müsse jetzt entschlossen die Vereinbarung von Minsk umsetzen.
In Hermannstadt mahnte Steinmeier einmal mehr, die europäische Friedensordnung nicht aufs Spiel zu setzen. Wenn das Prinzip der staatlichen Souveränität aufgeweicht würde, "dann öffnen wir die Büchse der Pandora, dann kann das Konzept des souveränen Nationalstaats im 21. Jahrhundert kaum überleben".
Zusammengefasst: Russlands Präsident Wladimir Putin bekennt sich offen in einer TV-Dokumentation zur Annexion der Krim durch russische Truppen. In der Koalition in Berlin befürchten Außenpolitiker, dies könne nichts Gutes für die Ostukraine heißen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier kritisiert die russische Politik bei seinem Besuch in Rumänien.