Kritik am Krisenmanagement CSU droht Merkel

Merkel (mit CSU-Chef Seehofer): "Schlecht von Griechenland bis NRW"
Foto: Tim Brakemeier/ picture-alliance/ dpaBerlin - Beleidigte CSU: Weil beim Treffen von Teilen des Kabinetts zum Euro-Rettungspaket am vergangenen Sonntag kein Minister der bayerischen Partei dabei war, wird das Krisenmanagement von Angela Merkel kritisiert. "Bei Projekten dieser Tragweite muss ein Höchstmaß an Transparenz herrschen. Die bisherige Informationspolitik der Bundesregierung nach innen wie nach außen ist deutlich verbesserungsfähig", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt dem "Handelsblatt". Seine Partei erwarte, in der Zukunft "umfassend und ohne Aufforderung informiert zu werden".
"Es kann nicht sein, dass die CSU bei einer so wichtigen Besprechung wie der zum Euro-Rettungspaket nicht mit am Kabinettstisch sitzt", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Georg Nüßlein. Die Bayern drohten sogar damit, die Zustimmung zum Rettungspaket zu verweigern: Die Kanzlerin müsse sich dann auch nicht wundern, wenn die CSU "nicht in ihrem Sinne abstimmt", sagte Nüßlein.
Schweres Geschütz fuhr beim Treffen der Landesgruppe auch Ex-Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) auf. Das "Handelsblatt" zitierte Glos mit den Worten, Merkels Krisenmanagement sei "schlecht", "von Griechenland bis NRW".
Das Bundeskabinett in Berlin beschloss am Dienstag in einer Sondersitzung einen Gesetzentwurf, der eine Beteiligung Deutschlands an dem neuen Finanzpaket mit mindestens 123 Milliarden Euro vorsieht. Nach Informationen der Zeitung hatten mehrere Vertreter der CSU-Spitze der Kanzlerin zuvor ihre Vorbehalte zu dem Entwurf in verschiedenen internen Runden deutlich gemacht.
CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich will dem Rettungspaket für den Euro nur unter bestimmten Voraussetzungen zustimmen. In der "Süddeutschen Zeitung" forderte Friedrich ein Verbot für Kreditversicherungen, denen gar kein Kredit zugrunde liegt. Ferner müssten sogenannte Leerverkäufe verboten werden. Zudem solle die Bundesregierung erneut versuchen, die USA von einer internationalen Finanztransaktionssteuer zu überzeugen.
Kritik an Merkel äußerte erneut auch Josef Schlarmann, der Chef der CDU/CSU- Mittelstandsvereinigung. Er sieht die Koalition aus Union und FDP in Gefahr, weil Steuersenkungen zunächst auf Eis gelegt wurden. "Die Absage an Steuersenkungen ist das Ende des wachstumspolitischen Konzepts der CDU", sagte Schlarmann der "Rheinischen Post". Er glaube, dass die Koalition "so vor die Wand fährt". "Die Gefahr besteht, dass das schwarz-gelbe Projekt im Bund nach nur sieben Monaten schon wieder vor dem Ende steht", sagte das CDU-Vorstandsmitglied. Die wachstums- und reformorientierte Politik sei "so gut wie tot". Das habe "auch Merkel mitzuverantworten".
Der Chef der Unions-Abgeordneten im EU-Parlament, Werner Langen, nannte das Euro-Hilfspaket einen klaren Bruch der europäischen Verträge. "Die von den Staats- und Regierungschefs und der EU-Kommission angewendeten Artikel sind eigentlich für Naturkatastrophen und einmalige Notsituationen bestimmt und nicht, um Staaten aus selbstverschuldeten Schuldenkrisen zu retten", sagte Langen der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die EU seit über Nacht zur Transferunion geworden. Der CDU-Politiker warnte, dass der Rettungsschirm Deutschland vermutlich mehr kosten werde als bislang bekannt. Der EU-Kommission fehlten die versprochenen 60 Milliarden Euro. Daher werde die Bundesrepublik als größter Nettozahler weitere Milliarden beisteuern müssen, sagte Langen.
Linke fordert von Merkel die Vertrauensfrage
Die Linke fordert von Merkel angesichts der Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen und dem Umgang mit der Euro-Krise, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Die Kanzlerin müsse schnell unter Beweis stellen, dass sie noch über eine Mehrheit im Bundestag verfüge, erklärte der stellvertretende Parteivorsitzende Klaus Ernst am Mittwoch in Berlin. "NRW war eine krachende Niederlage für Schwarz-Gelb. Für zentrale bundespolitische Projekte wie Steuersenkungen und Kopfpauschale gibt es keine Mehrheit im Bundesrat mehr", erklärte Ernst. Der Koalitionsvertrag sei "in weiten Strecken Altpapier". Ernst wies darauf hin, dass die interne Kritik an der CDU-Vorsitzenden immer lauter werde. "Selbst schwarz-gelbe Insider sehen schon das Ende von Schwarz-Gelb kommen", meinte Ernst. Der Umgang mit der Euro-Krise zeige, dass sich Merkel der eigenen Mehrheit längst nicht mehr sicher sei.