Kritik an Wachstumsgesetz Böhmer attackiert schwarz-gelbe Klientelpolitik

Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident geht mit der Regierung Merkel hart ins Gericht. Die Steuergeschenke für Hoteliers seien "reine Klientelpolitik", sagte Wolfgang Böhmer dem SPIEGEL. Bei der Neuverschuldung habe vor allem die FDP die "eigenen Prinzipien über Bord geworfen".
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Böhmer (CDU): "Die Schmerzgrenze ist erreicht"

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Böhmer (CDU): "Die Schmerzgrenze ist erreicht"

Foto: ddp

Wolfgang Böhmer

schwarz-gelben Koalition

Hamburg - Sachsen-Anhalts Ministerpräsident hat deutliche Kritik am Erscheinungsbild der schwarz-gelben Koalition in Berlin geäußert. "Es hat Probleme gegeben, die man sich hätte sparen können", sagte der CDU-Politiker im Interview mit dem SPIEGEL. Er kritisierte vor allem das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der und sagte, dieses enthalte Punkte, "deren Notwendigkeit ich nicht erkennen kann".

Wachstumsbeschleunigungsgesetz

Insbesondere die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für die Hoteliers sei "reine Klientelpolitik" gewesen, sagte Böhmer und fügte hinzu: "Die Politik muss auch mal die Kraft haben, nein zu sagen." Weiteren Steuererleichterungen, wie sie von der FDP gefordert werden und wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart sind, erteilte Böhmer eine Absage: "Ich sehe keinen Spielraum für weitere Steuersenkungen. Wir haben gerade das verabschiedet, das kostet die öffentlichen Haushalte acht Milliarden Euro. Damit ist die Schmerzgrenze erreicht."

Liberalen

Den Liberalen warf er vor, in der neuen Regierung ihre eigenen Prinzipien über Bord zu werfen: "Ich habe die in den letzten Jahren bei mir im Landtag beobachtet und in der Föderalismuskommission II. Überall haben sie mit Nachdruck verlangt, im Grundgesetz die Aufnahme neuer Schulden grundsätzlich zu verbieten. Dieselbe Partei hat jetzt überhaupt kein Problem damit, Milliardenbeträge zu leihen, um Steuersenkungen zu bezahlen. Konsequent ist das nicht."

CDU

Böhmer wandte sich auch gegen Überlegungen in der Union, zur Entlastung des Bundeshaushaltes die Sozialabgaben zu erhöhen. "Ich kann mich noch erinnern, dass die auf dem Leipziger Parteitag als ganz große sozialpolitische Neuerung beschlossen hat, den Sozialausgleich in den Sozialsystemen stärker über Steuergelder zu organisieren", sagte Böhmer. "Es gibt keinen Grund, von diesem Weg abzurücken."

CSU-Landesgruppe fordert mehr Führungsstärke von Merkel

Deutliche Kritik am Auftritt der schwarz-gelben Koalition kommt erneut auch aus der CSU. Man wünsche sich von Bundeskanzlerin Angela Merkel mehr Führungsstärke und Entschlossenheit, sagte der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, der "Süddeutschen Zeitung": "Sie muss an zentralen Stellen klarmachen, was sie möchte." In der Großen Koalition sei für die CDU-Vorsitzende jeder Tag ohne Konflikt mit der SPD ein guter Tag gewesen. Deshalb habe sie sich in dieser Zeit die Rolle der obersten Vermittlerin gegeben. Nach dem Wechsel zu einer schwarz-gelben Regierung aber müsse die Bundeskanzlerin "entschlossener Linie und Kurs vorgeben", forderte Friedrich.

CSU

CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl erklärte unterdessen der "Bild"-Zeitung, woran es der amtierenden Regierung noch fehlt - an einem weiteren Vizekanzler aus den Reihen der CSU nämlich. Der Posten stehe der "logischerweise" zu, da die Koalition aus drei unterschiedlichen Parteien bestehe. "Über die Frage des zweiten Vizekanzlers muss deshalb in der Koalition einmal ganz grundsätzlich gesprochen werden", sagte Uhl. Für den Posten brachte er Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ins Gespräch. Guttenberg würde "in diesem Amt eine hervorragende Figur machen und den bundespolitischen Anspruch der CSU überzeugend verkörpern".

Generalsekretär Dobrindt allerdings hält nicht von solchen Gedankenspielen: "Titel ohne Inhalte überlassen wir gerne anderen Koalitionspartnern", sagte er. "Wir beschäftigen uns besser mit den politischen Inhalten und Entscheidungen."

oka/AFP/APD/Reuters/dpa
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