Kritik des Wehrbeauftragten Bundeswehr braucht 600 Militärärzte

Der deutschen Truppe mangelt es an Fahrzeugen, Waffen, dem richtigen Fluggerät - und Ärzten. 600 Mediziner würden akut gebraucht, schätzt Reinhold Robbe, der scheidende Wehrbeauftragte des Bundestags. In seinem letzten Bericht kritisiert er, dass Geld für einen optimalen Schutz der Soldaten fehlt.
SPD-Politiker Reinhold Robbe: "Mehr als 120 Militärärzte haben gekündigt"

SPD-Politiker Reinhold Robbe: "Mehr als 120 Militärärzte haben gekündigt"

Foto: ddp

Berlin - Es ist der letzte Jahresbericht, den Reinhold Robbe als Wehrbeauftragter des Bundestags an diesem Dienstag vorlegt. Eine wohlwollende Bilanz wird es zum Abschied allerdings nicht werden - stattdessen kritisiert der SPD-Politiker schon vorab die Ausstattung des Sanitätswesens der Bundeswehr.

Mehr als 120 Ärzte hätten gekündigt, derzeit fehlten insgesamt 600 Militärärzte, sagte Robbe der "Bild"-Zeitung. "Der Inspekteur ist seiner Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen." Inspekteure sind bei der Bundeswehr die Verantwortlichen für die einzelnen Truppenteile (im Sanitätsdienst aktuell Kurt-Bernhard Nakath); der Generalinspekteur ist für alle Bereiche verantwortlich und der ranghöchste Soldat der Bundeswehr (seit Januar Volker Wieker).

Bundeswehr

Der Wehrbeauftragte wird dem Bericht zufolge außerdem das Fehlen von geschützten Fahrzeugen, Maschinengewehren, Transportflugzeugen und Hubschraubern bemängeln. Für den Schutz der Soldaten dürfe fehlendes Geld kein Argument sein, sagte Robbe. Die Sicherheit in der sei "nicht optimal", beklagte er im ARD-"Morgenmagazin". Einige Themen aus seinem ersten Bericht vor fünf Jahren müsse er nun erneut aufführen.

Die Verteidigungsexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, Elke Hoff, führt den Ärztemangel bei der Bundeswehr darauf zurück, dass der Sanitätsdienst vor allem für junge Leute nicht attraktiv genug sei. Hoff sagte im Südwestrundfunk, seit zwei Jahren mache sich der Verteidigungsausschuss des Bundestages dafür stark, dass für junge Ärztinnen und Ärzte die Rahmenbedingungen familienfreundlicher würden. Dazu zähle auch, dass die Zeiten für Auslandseinsätze besser abzusehen seien.

Robbe plädierte im "Morgenmagazin" zudem für einen stärkeren Rückhalt für die Truppe in der Bevölkerung. Viele Angehörige der Bundeswehr würden darunter leiden, von ihren Mitbürgern zu wenig Mitgefühl zu erfahren. Langfristig könnten Soldaten nur dann vernünftig ihren Dienst tun, wenn sie moralisch unterstützt würden.

Kontroverse um Robbes Nachfolger

Robbes Amtszeit endet im Mai. Sein Nachfolger soll der FDP-Politiker Hellmut Königshaus werden. Um die Nachbesetzung des Postens hatte es zuvor eine heftige Kontroverse gegeben.

Viele Bundestagsabgeordnete hatten sich für eine zweite Amtszeit des SPD-Politikers Robbe ausgesprochen, der daran Interesse bekundet hatte. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), unterstützte ihn: "Ich würde mich freuen, wenn Reinhold Robbe seine ausgezeichnete Arbeit fortsetzen könnte." Auch die Grünen befürworteten eine weitere Amtszeit. Dieser genieße hohes Ansehen und großen Respekt in der Bundeswehr, sagte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour. Im Bundestag werde seine Arbeit über Lagergrenzen hinweg sehr geschätzt.

Deutlicher wurde der stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundeswehrverbands, Wolfgang Schmelzer: "Es wäre besser, der bewährte Amtsinhaber bliebe auf seinem Posten. Es wäre fatal, das Amt mit einem Notnagel zu besetzen, nur weil eine Partei das Vorschlagsrecht hat." Das werde dem Amt nicht gerecht.

"Anwalt der Soldaten"

Die Liberalen hatten sich in den Koalitionsvereinbarungen das Vorschlagsrecht für den wichtigen Posten des Wehrbeauftragten gesichert. Sie entschieden sich für Königshaus, nachdem die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff sich nach den Querelen um die Besetzung zurückgezogen hatte.

Die Fraktionschefin der Liberalen, Birgit Homburger, sagte, sie sei "zuversichtlich", dass Königshaus vom Bundestag in das Amt gewählt werde. Der 59-jährige Jurist aus Berlin habe sich in sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen einen Namen gemacht. Auch die Union stimme der Personalie zu.

Der Wehrbeauftragte gilt als "Anwalt der Soldaten" und hilft dem Parlament zugleich bei der Kontrolle der Streitkräfte. Er wird auf Weisung des Parlaments oder des Verteidigungsausschusses tätig.

Wie sich zuletzt im Skandal um Aufnahmerituale bei der Bundeswehr zeigte, kann er auch selbst aktiv werden, wenn er etwa Hinweise auf die Verletzung der Grundrechte von Soldaten erhält. Mehrere Soldaten hatten sich wegen der Ekelrituale persönlich an Amtsinhaber Robbe gewandt. Mindestens einmal im Jahr legt der Wehrbeauftragte dem Bundestag einen Bericht über die Ergebnisse seiner Tätigkeit vor.

kgp/apn/AFP
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