Kürzungsverbot Bundesregierung beschließt Rentengarantie
Berlin - Der Rückgang von Löhnen und Gehältern soll künftig nicht zu Rentenkürzungen führen: Das Bundeskabinett hat dafür am Mittwoch die erweiterte Rentenschutzklausel beschlossen. Das erfuhren mehrere Nachrichtenagenturen aus Regierungskreisen. Mit der Entscheidung soll sichergestellt werden, dass die Renten für die rund 20 Millionen Ruheständler auch bei rückläufigen Löhnen nicht sinken.

Rentner am Gardasee: Altersbezüge sollen langsamer steigen
Foto: DDPMit der Schutzklausel gegen die Rentenkürzungen will Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) mehr Vertrauen der Rentner in die Sicherheit ihrer Rente schaffen und der Gefahr vorbeugen, dass die Dämpfungsfaktoren in der Rentenformel sich mitten in der Krise negativ auf die Renten auswirken. Dafür könnte vor allem die millionenfache Kurzarbeit in Verbindung mit sinkenden Löhnen sorgen. Die Regierung sieht durch die Schutzklausel das Prinzip der lohnbezogenen Rente "im Grundsatz gewahrt".
Neue Regel soll nicht zum Tragen kommen
Im Gegenzug für die Rentengarantie sollen die Altersbezüge, die sich an der Lohn- und Gehaltentwicklung orientieren, allerdings in Zukunft langsamer steigen. Falls 2010 eine Kürzung rechnerisch nötig wäre, sollen Rentenerhöhungen danach solange halbiert werden, bis die unterbliebene Rentenkürzung dadurch ausgeglichen ist.
Die Regierung geht allerdings davon aus, dass die neue Regel nicht zum Tragen kommen muss. Sie rechnet - anders als Forschungsinstitute - in diesem Jahr nämlich trotz Wirtschaftskrise und millionenfacher Kurzarbeit nicht mit einem sinkenden Durchschnittslohn, der bei der Rentenanpassung zugrunde gelegt wird.
Scholz hatte vorige Woche nach Rücksprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel den Ausschluss von Rentenkürzungen vorgeschlagen und damit vor allem die Union überrascht. Diese hatte zunächst nur für 2010 erklärt, die Renten nicht zu kürzen. Das Hauptmotiv für den Verzicht auf jegliche Rentenkürzungen sind bei Union und SPD nicht zuletzt wahltaktische Gründe, da die rund 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner eine wichtige Wählergruppe darstellen. Die Rentengarantie trifft in Teilen der Union, der Wirtschaft und bei Wirtschaftsexperten zum Teil auf heftige Kritik.
"Keine Garantie zum Nulltarif"
Der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer, warnte in der "Passauer Neuen Presse" vor der Gefahr jahrelanger Renten-Nullrunden. "Die Schutzklausel gegen Rentenkürzung ist keine Garantie zum Nulltarif. Sie kann mit jahrelangen Nullrunden verbunden sein", sagte Bauer. "Bereits jetzt ist Gesetz, dass Kürzungen, die durch das Aussetzen des Riester-Faktors 2008 und 2009 vermieden wurden, ab 2012 nachgeholt werden sollen. Das gilt durch die Schutzklausel nun auch für Einschnitte bei der Rente aufgrund sinkender Lohnsummen."
Linken-Chef Oskar Lafontaine wirft der Bundesregierung vor, mit der geplanten Schutzklausel für Renten eine reale Kürzung der Altersgelder vorzubereiten. Durch eine Wiederherstellung der alten Rentenformel müsse sichergestellt werden, dass die Bezüge zukünftig nicht erneut hinter die Lohnentwicklung zurückfallen, erklärte der Partei- und Fraktionschef der Linken in Berlin.
Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Michael Hüther, meldete Zweifel an der Nachhaltigkeit der geplanten Regelung an: Die Entscheidung der Bundesregierung habe vor allem wahltaktische Gründe, sagte er am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". Dauerhaft werde sich die Politik nicht auf diesen Weg begeben.
Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß verteidigte dagegen die Pläne der Regierung. Er sagte im Deutschlandfunk, mit der Schutzklausel werde der Verunsicherung vorgebeugt. "Rentner wollen ein klare Ansage haben", so Weiß. Nullrunden seien angesichts der Finanzkrise nicht ausgeschlossen. "Aber vor Minusrunden kann man schützen."