Kurswechsel Fischer beerdigt seine Kerneuropa-Idee
Berlin - Im Gespräch mit der "Berliner Zeitung" sagte Fischer: "Die klein-europäischen Vorstellungen funktionieren einfach nicht mehr." Europa müsse eine große Gemeinschaft integrierter Staaten sein. Anders sei der Globalisierung und den Gefahren des Terrorismus seit dem 11. September 2001 nicht zu begegnen. Mit Kerneuropa gehe das nicht. "Damit kann unser Kontinent die strategische Dimension nicht ausfüllen", sagte der Grünen- Politiker.
Noch im Jahr 2000 hatte Fischer in einer viel beachteten Rede in der Berliner Humboldt-Universität auf das Konzept einer Föderation der europäischen Kernstaaten gesetzt, die als eine Art Lokomotive die anderen Staaten hinterher ziehen sollte. Der Minister hatte damit europaweit eine Debatte über die Zukunft der Gemeinschaft angestoßen. "Ich würde die Humboldt-Rede heute in Teilen anders halte", sagte Fischer jetzt.
Seit dem Ende des Kalten Krieges habe Europa eine strategische Dimension bekommen. Die Konflikte in der Welt seien nur noch zu beherrschen, wenn man in kontinentalen Größenordnungen handeln könne. "Russland, China, Indien und natürlich die Vereinigten Staaten - die haben die notwendige Größe. Für uns Europäer stellt sich die Frage, ob wir eng genug zusammenwachsen können, um unser Gewicht geltend zu machen. In diesem Lichte muss man auch die Türkei- Diskussion sehen."