Rot-Grün am Ende NRW-Landtag will Weg für Neuwahlen freimachen
Düsseldorf - In den nordrhein-westfälischen Landtagsfraktionen ist eine Mehrheit für die Auflösung des Parlaments sicher. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa votierten CDU und SPD in internen Sitzungen einstimmig dafür, am Nachmittag Auflösungsanträge ins Plenum einzubringen. FDP-Landtagsfraktionschef Gerhard Papke, kündigte an, seine Fraktion werde dies unterstützen. Damit ist sicher, dass eine breite Mehrheit für eine Auflösung stimmen wird.
Sondierungen für eine Regierungsneubildung ohne Auflösung des Parlaments hatte Kraft in einer Sitzungspause zuvor ausgeschlossen. Nachdem die CDU den Haushalt von vornherein klar abgelehnt habe, sehe sie keine Möglichkeit für eine Große Koalition, sagte die SPD-Landesvorsitzende.
Einer Auflösung des Landtags müssten mindestens 91 der 181 Landtagsabgeordneten zustimmen. Die drei Oppositionsfraktionen haben zusammen 91 Stimmen, die Koalitionsfraktionen 90. Eine Neuwahl muss binnen 60 Tagen nach der Auflösung des Parlaments anberaumt werden. Sollte am Mittwoch direkt über entsprechende Anträge abgestimmt werden, wäre eine Wahl am 6. Mai - an dem bereits in Schleswig-Holstein gewählt wird - oder am 13. Mai wahrscheinlich.
Die rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen war nach knapp zwei Jahren überraschend am Ende. Der Düsseldorfer Landtag lehnte am Mittwoch bei der entscheidenden zweiten Haushaltslesung den Einzelplan für das Innenministerium ab. Damit ist der gesamte Etat der Landesregierung von Hannelore Kraft (SPD) gescheitert. Kraft hatte zuvor mehrfach betont, dass sie in diesem Fall die Regierung ohne Geschäftsgrundlage und damit handlungsunfähig sieht.

Nordrhein-Westfalen: Das politische Spitzenpersonal in Düsseldorf
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) will im Fall von Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen als Spitzenkandidat der CDU antreten. Auf die Frage nach seiner Bereitschaft zur Spitzenkandidatur antwortete Röttgen mit "Ja". Röttgen, der auch CDU-Landesvorsitzender ist, gab als Ziel für seine Partei aus, stärkste Kraft zu werden.
Auch ein zweiter Minister aus dem Bundeskabinett, Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), dürfte in den kommenden Wochen eine größere Rolle in NRW spielen als bisher: Er ist, wie Röttgen, Landeschef seiner Partei. Eine Kabinettsumbildung auf Bundesebene ist aber nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert bisher nicht geplant.
Bei der Abstimmung über den Einzeletat des Innenressorts stimmten die 90 Abgeordneten von SPD und Grünen für die Pläne der Minderheitsregierung, die 91 Abgeordneten von CDU, FDP und Linke stimmten dagegen. Damit ist der gesamte Haushaltsentwurf gescheitert, weil nach einer erst am Dienstag veröffentlichten Auffassung der Landtagsverwaltung dafür bereits das Scheitern eines einzelnen Etats reicht.
Der Entwurf von Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sah Ausgaben in Höhe von rund 58 Milliarden Euro und 3,6 Milliarden Euro an neuen Krediten vor. CDU und FDP hatten mehr Einsparungen und weniger Schulden gefordert. Die Linke wollte deutlich mehr soziale Ausgaben.
Die Regierung hatte bis zuletzt auf eine Enthaltung der FDP gesetzt. Die überraschende Wende hatte die Landtagsverwaltung am Dienstagabend eingeleitet mit ihrer rechtlichen Erläuterung, dass - entgegen der bisherigen Annahme aller Fraktionen - schon die zweite Lesung entscheidend sei. FDP und Linksfraktion hatten sich eigentlich noch nicht endgültig festgelegt und wollten ihre abschließende Position erst zur dritten Lesung Ende März festzurren. SPD und Grüne hatten sich darauf verlassen, dass es bis dahin zu einer Verständigung kommt.
Bisherige Sitzverteilung im Landtag (nach der Wahl 2010):

SPD und CDU müssen einer neuen Umfrage zufolge wie schon 2010 mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen rechnen. Wenn am kommenden Sonntag Landtagswahl wäre, würden die beiden Volksparteien jeweils 33 Prozent erreichen, wie aus einer aktuellen Yougov-Erhebung im Auftrag des "Kölner Stadt-Anzeigers" und Sat.1 hervorgeht, die vorab veröffentlicht wurde. Allerdings zeichnet sich eine Mehrheit für Rot-Grün ab, denn die CDU könnte derzeit nicht auf die FDP als Koalitionspartner bauen. Die Liberalen liegen bei 2 Prozent und wären damit nicht mehr im Landtag vertreten.
Mit deutlichen Gewinnen im Vergleich zur Landtagswahl am 9. Mai 2010 könnten derzeit allein die Grünen rechnen. Sie erreichen in der jüngsten Umfrage 17 Prozent. Für die Linkspartei dürfte es eng werden: Nach der am Mittwoch veröffentlichten Umfrage könnte es mit 5 Prozent für einen Wiedereinzug in den Landtag gerade so reichen. Die Piratenpartei könnte mit 7 Prozent erstmals in den Düsseldorfer Landtag einziehen.