Erfolg in Thüringen und Brandenburg Jetzt peilt die AfD den Westen an

Erfolg in Thüringen und Brandenburg: Jetzt peilt die AfD den Westen an
Foto: Jens Büttner/ dpaFür den Spitzenkandidaten der Brandenburger AfD ist das nächste Ziel schon anvisiert. "Auf zur Wahl in Hamburg und Bremen", ruft Alexander Gauland. Für ihn ist die Sache seit diesem Sonntag klar: "Wir sind in der deutschen Politik angekommen. Es wird uns daraus keiner mehr verdrängen. Die anderen können und dürfen sich warm anziehen."
Tatsächlich hat das, was sich in Brandenburg und Thüringen ereignet hat, die Qualität eines politischen Dammbruchs. Mit über zehn Prozent, in Brandenburg gar mit zwölf Prozent, hat die AfD selbst ihre eigenen Erwartungen übertroffen. Aus dem Stand hat es die junge Partei, die sich erst vor knapp eineinhalb Jahren gegründet hat, nun auch in die beiden Landesparlamente geschafft. Entsprechend frenetisch und euphorisch fiel der Jubel am Wahlabend beim Fest der Parteispitze in Potsdam aus.
Wenn es nach ihr geht, kann es ruhig so weitergehen. Mit den Ergebnissen vom Sonntag und dem in Sachsen vor zwei Wochen ist die Partei der Eurokritiker um ihren Vorstandssprecher Bernd Lucke nun in drei ostdeutschen Landesparlamenten vertreten - und im Europaparlament.
Im Westen wird es schwerer
Nun fehlt ihr noch ein Erfolg im Westen der Republik. Der erste Testfall soll Mitte Februar die Hamburg-Wahl sein, im Mai dann Bremen. Wie einst die Linkspartei will die AfD auch in der alten Bundesrepublik ankommen - im Unterschied zu Gysi-Truppe jedoch mit möglichst satten Ergebnissen. Dass das schwerer werden wird als im Osten, wo die Wähler schneller mal wechseln als im Westen, wissen sie bei der AfD. Doch die Chancen stehen nicht schlecht: Es sind sowohl Wähler der Union, als auch der SPD und der Linken, die in erstaunlich großer Zahl zur AfD gehen.

AfD in Brandenburg und Thüringen: Das Lachen der Gewinner
Für die CDU-Vorsitzende Angela Merkel könnte die AfD zu einem Problem werden. Für die FDP ist sie das schon jetzt. Schon vor zwei Wochen in Sachsen gelang es der jungen Partei, eine erkleckliche Zahl von früheren FDP-Wählern - rund 16.000 - zu gewinnen. Der Erfolg der AfD war mit ein Grund dafür, dass in Sachsen die letzte schwarz-gelbe Koalition in der Republik beendet wurde und die FDP auch im Freistaat nicht mehr in den Landtag kam.
So groß die AfD nun wirkt, so klein und mutlos ist die FDP. In Brandenburg und Thüringen wurden die Liberalen regelrecht zerfleddert. Hier war die Partei sehr weit von der Fünfprozenthürde entfernt und rangiert fortan nur noch unter "Sonstige". In Brandenburg lag das Ergebnis sogar nur bei katastrophalen 1,4 Prozent. Der in diesem Sommer eigentlich selbstironisch gewählte Spruch der dortigen Liberalen - "Keine Sau braucht die FDP" - erfüllte sich am Wahlabend.
Es wird schwer für FDP-Chef Christian Lindner, den Aderlass zu stoppen. Auch das kommende Jahr wird ihm kaum Freude bereiten. Dabei will die FDP in Hamburg eigentlich einen Stimmungswechsel erreichen, die alleinregierende SPD angreifen und eine sozial-liberale Koalition anvisieren. Als Partner an der Seite der SPD hätte sie endlich wieder eine Funktion: Sie wäre womöglich wieder attraktiv für bürgerliche Wähler, die die letzte schwarz-grüne Koalition an der Elbe in bitterer Erinnerung haben. Doch auch in Hamburg steht es nicht gut um den Landesverband: Gerade erst hat eine Reihe von FDP-Mitgliedern ihren Austritt erklärt und will eine linksliberale Partei ins Leben rufen.
"Wir haben viel zu lernen"
Hier frustrierte Linksliberale, dort die aufstrebende AfD - die FDP droht in Hamburg zwischen beiden Polen zerrieben zu werden.
Die Mitglieder und Anhänger der AfD ficht das nicht an. Genüsslich feierten sie in Potsdam die niederschmetternden Ergebnisse für die FDP. Bei jedem weiter gesunkenen Prozentsatz der Liberalen, der auf der Großleinwand aufleuchtete, wurde laut gejubelt. Die eigenen Erfolge konnten viele noch gar nicht fassen. Kopfschüttelnd wandelte Hans-Olaf Henkel, einst Präsident des Industrieverbandes BDI und seit kurzem AfD-Europaparlamentarier, durch den Kutschstall, den Veranstaltungsort in Potsdam. Andere AfD-Mitglieder jubelten sich eher rustikal zu. "Ein geiler Wahlkampf, oder?", klatschten sich zwei Männer ab.
Dass in der AfD weiter munter gestritten wird, dass Gauland jüngst noch den Vorstandssprecher Bernd Lucke kritisiert hatte, weil dieser im Europaparlament einer russlandkritischen Resolution zugestimmt hatte - all das scheint Wähler nicht davon abzuhalten, ihr Kreuz bei der Partei zu machen.
Gauland, einst Christdemokrat, später Herausgeber der "Märkischen Allgemeinen" und ehemaliger Kolumnist beim Berliner "Tagesspiegel", ist so etwas wie der bürgerliche Vorzeigepolitiker der Eurorebellen. Der historisch versierte Mann weiß, wie schnell politische Erfolge wieder zerrinnen können. Für Übermut ist bei ihm auch bei allem Erfolg kein Platz. "Von uns wird viel erwartet", warnt der 73-Jährige die Anhänger. "Wir haben", fügt er hinzu, "viel zu lernen."