SPD-Chef im SPIEGEL-Spitzengespräch Klingbeil warnt vor Krieg »mitten in Europa«

Es stehe »Spitz auf Knopf«, sagt SPD-Chef Lars Klingbeil und verteidigt den Kurs der Ampel gegenüber Russland. Im Falle einer Invasion der Ukraine lägen »alle Optionen auf dem Tisch«.
SPD-Chef Klingbeil im SPIEGEL-Spitzengespräch

SPD-Chef Klingbeil im SPIEGEL-Spitzengespräch

Lars Klingbeil ist davon überzeugt, dass sich ein Einmarsch Russlands in die Ukraine noch verhindern lässt. Aber es stehe »Spitz auf Knopf«, sagte der SPD-Parteivorsitzende im SPIEGEL-Spitzengespräch mit Markus Feldenkirchen. In den nächsten Wochen werde sich klären, ob es »Krieg mitten in Europa« gebe.

Klingbeil verteidigte den Kurs der Ampelregierung in der Russlandkrise gegen den Vorwurf der Uneinigkeit und Unentschlossenheit. Zu der Anmerkung, dass die SPD einen Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ablehnt und auch nicht bereit sei, Nord Stream 2 infrage zu stellen, betonte Klingbeil, im Falle eines russischen Angriffs lägen »alle Optionen auf dem Tisch«. Das habe auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gesagt.

Der SPD-Vorsitzende rechtfertigte, dass die Regierung bisher nicht offen sage, welche Sanktionen im Falle einer Invasion verhängt würden: »Wer so denkt, hat nicht verstanden, wie internationale Politik funktioniert.« Wie genau Deutschland reagieren würde, »das wird die russische Seite in dem Moment zu spüren kriegen, wo sie diese Grenze überschreitet.« Er halte es für falsch, die Gegenseite in die Karten gucken zu lassen. Jetzt gehe es aber darum, nicht über Krieg zu reden, sondern über Frieden.

Eine kriegerische Auseinandersetzung würde den Kontinent komplett verändern, warnte Klingbeil. Das kürzlich vereinbarte Treffen im Normandie-Format, in dem Gespräche zwischen Beratern von Frankreich, Deutschland, der Ukraine und Russland stattfinden, sei auch deswegen so wichtig.

Auch Klingbeil schließt Waffenlieferungen aus

Waffenlieferungen an die Ukraine schloss Klingbeil aus. Man müsse auch darüber nachdenken, wie es in Russland ankomme, wenn jeden Tag neue Drohungen kämen. Jede Gesprächseinladung an Russland würde es den Hardlinern in Moskau schwerer machen, die Situation weiter eskalierten zu lassen. Außerdem sei im Koalitionsvertrag klar verabredet, dass es keine Waffenlieferungen in Krisengebiete mehr geben wird. Deutschland brauche eine restriktivere Rüstungspolitik.

Der SPD-Chef antwortete nicht direkt auf die Frage, ob Altbundeskanzler Gerhard Schröder als Russland-Lobbyist bezeichnet werden könne. Er habe bei Schröder vor allem den Blick auf jemanden, der die Partei über lange Zeit geprägt habe. Schröder selbst würde laut Klingbeil »gar nicht mal widersprechen«, dass er eine enge Bindung zu Russland habe.

Klingbeil werde sich auch »nicht dafür entschuldigen, dass ich mit Gerhard Schröder einen engen Draht habe. Aber Politik mache jetzt ich als Parteivorsitzender. Ich kann meine Entscheidungen schon selbst treffen.«

Die Nato-Osterweiterung unter Schröder als Kanzler sei kein Fehler gewesen. »Das ist ja sogar unter Absprache mit der russischen Seite passiert.« Man dürfe sich nicht einreden lassen, man hätte gegen Absprachen oder Prinzipien verstoßen.

Klingbeil äußerte sich im SPIEGEL-Spitzengespräch auch zur AfD-Bundespräsidenten-Kandidatur des CDU-Mitglieds Max Otte. Dass der Chef der WerteUnion für die AfD antritt, bezeichnete er als skandalös. »Es zeigt, wie zerrüttet die Union ist.« Er könne die CDU nur warnen, »dass es keine Stimme mehr für Herrn Otte gibt, als die AfD stimmberechtigte Mitglieder in der Bundesversammlung hat«. Darauf werde man genau achten.

svs
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