Latex-Affäre Stoiber nennt Pauli Belastung für CSU

So schnell kann es gehen: Vor wenigen Wochen noch war Gabriele Pauli strahlende Siegerin im Machtkampf mit CSU-Chef Stoiber. Nach den verruchten Magazinfotos der Fürther Landrätin organisieren die Parteigranden den Widerstand - allen voran der bayerische Ministerpräsident selbst.

Hamburg - Edmund Stoiber verfolgt mit zunehmendem Missfallen das Treiben von Gabriele Pauli, die auch dem CSU-Vorstand angehört. Nach dem Erscheinen der Domina-Fotos in der vergangenen Woche äußerte er sich nach SPIEGEL-Informationen gegenüber Parteifreunden erstmals in großer Deutlichkeit: "Frau Pauli betreibt Selbstdarstellung zu Lasten der gesamten Partei. Sie ist nicht die CSU und wird es niemals werden."

Jetzt zeige sich, dass diejenigen, die Pauli in den vergangenen Monaten gewähren ließen, der Partei geschadet haben. Die Folgen dieser Fehleinschätzung seien heute noch nicht absehbar, so Stoiber: "Es hat offenbar dieser Bilder bedurft, bis das jetzt von allen verstanden wurde. Jetzt ist der Geist aus der Flasche." Es sei ein strategischer Fehler, dass man Pauli zur Symbolfigur für diejenigen habe werden lassen, die der CSU letztlich schaden wollten.

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein glaubt inzwischen, dass der Ministerpräsident seinen Rückzug von den Ämtern bereue: "Ich bin mir nicht sicher, ob es nicht den einen oder anderen Augenblick gibt, in dem sich Edmund Stoiber fragt, ob es nicht auch anders gegangen wäre", sagte er der "Bild am Sonntag".

Stoiber hatte im Januar nach wochenlanger Kritik an seiner Person angekündigt, beim CSU-Parteitag im September seine Ämter als Ministerpräsident und Parteivorsitzender abzugeben. Beckstein soll dann neuer Ministerpräsident werden. Dass Stoiber noch einen Rücktritt vom Rücktritt machen könnte, schloss Beckstein aus: "Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass seine Entscheidung nicht umkehrbar ist."

Stoiber, der sich derzeit auf einer Asienreise befindet, kommentierte in Singapur die Äußerungen Becksteins mit einem Augenzwinkern so: "Wenn mein Innenminister jetzt auf 100-Prozent-Sicherheit im nächsten halben Jahr pocht, verstehe ich das. Gerade weil er als Innenminister weiß, wie schwierig das ist."

Auch Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber kritisierte die Fürther Landrätin wegen ihrer umstrittenen Magazinfotos: "Frau Pauli ist nicht mehr ernst zu nehmen", sagte Huber laut "Focus". Sie schade "dem Ansehen der Frauen in der Politik gewaltig".

Pauli versucht, ihren Ruf zu retten

Pauli hat inzwischen wegen der Veröffentlichung der Fotos in "Park Avenue" Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht. Die Landshuter Anwaltskanzlei Ernst Frick teilte mit, sie sei der Auffassung, dass ein gravierender Verstoß gegen die Ziffer 1 des Pressekodex vorliege. Dort heißt es unter anderem, dass die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit oberste Gebote der Presse sind.

Die Fürther Landrätin werde auch Schmerzensgeldansprüche geltend machen. Diese Geldbeträge werde Pauli dann sozialen Einrichtungen in ihrem Landkreis spenden, hieß es. Die Fotos unter der Überschrift "Sankt Pauli" sowie aus dem Zusammenhang gerissene Zitate dienten dazu, den guten Ruf der Landrätin in der Öffentlichkeit zu zerstören.

Mit ihrem umstrittenen Auftritt als Fotomodell hat sich Pauli nach Ansicht des Berliner Medienpsychologen Jo Groebel einen Bärendienst erwiesen. "Pauli ist dem Reiz ihres momentanen Ruhmes erlegen", sagte der Experte und Chef des Deutschen Digitalen Instituts der Deutschen Presse-Agentur. Möglicherweise sei die Landrätin etwas naiv an das Fotoshooting herangegangen. Dabei hätte sie als "professionelle Politikerin" um die Wirkung von Bildern wissen müssen. "Aufmerksamkeit wirkt manchmal wie eine Droge."

"Pauli hat ihren Gegnern ohne Not viel Futter geboten", urteilte Groebel über die sogenannten Domina-Fotos, auf denen Pauli mit Perücke, Latexhandschuhen und Augenmaske für das Magazin "Park Avenue" posiert hatte. Obwohl die Bilder "absolut harmlos" seien, habe Pauli ihre Kritiker bestätigt, die ihr immer unterstellt hätten, es gehe ihr nicht um die Sache, sondern um sich selbst.

rüd/ddp/AP/dpa

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