"Leitkultur" Merz gegen Kopftücher im Unterricht

Unionsfraktionschef Friedrich Merz bleibt hart: Der Initiator der "Leitkultur"-Debatte verlangt von Ausländern in Deutschland eine weitgehende Anpassung an hiesige Sitten.

Hamburg - "Zwingend ist, dass sie Deutsch lernen und unsere Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten akzeptieren", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion der "Bild am Sonntag" zum Streit um den von ihm eingeführten Begriff der deutschen "Leitkultur". Besonders kritisierte er traditionelle Bräuche bei muslimischen Lehrerinnen. Wenn das Tragen von Kopftüchern aus religiösen Gründen erfolge, sei das in Schulen nicht akzeptabel, meinte er.

Das sehen allerdings einige deutsche Gerichte und Behörden anders. Die 1. Kammer des Lüneburger Verwaltungsgerichts verpflichtete am 16. Oktober das Land Niedersachsen, eine muslimische Lehrerin auch dann in den Schuldienst einzustellen, wenn sie im Unterricht ein Kopftuch trägt. Das Tragen des Kopftuchs als Zeichen der religiösen Zugehörigkeit sei allein noch kein Eignungsmangel, sagte Richter Jürgen Dietze. Das Gericht berief sich auf das Grundgesetz, wonach der Zugang zu öffentlichen Ämtern nicht vom religiösen Bekenntnis abhängig gemacht werden dürfe. Die Hamburger Schulbehörde hatte bereits 1999 einer muslimischen Lehrerin erlaubt, mit Kopftuch zu unterrichten.

Friedrich Merz sprach sich ferner dafür aus, dass islamischer Religionsunterricht nicht an Koranschulen stattfindet, sondern an öffentlichen Schulen unter deutscher Schulaufsicht. Er wandte sich auch gegen das "grausame Schächten von Tieren". "Wir dürfen unsere Augen nicht davor verschließen, dass bei uns zunehmend Parallelgesellschaften entstehen und durch solche Entwicklungen noch gefördert werden." Deshalb müsse auch das Nachzugsalter für Kinder sehr niedrig angesetzt werden, forderte der Unionspolitiker.

Die Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Renate Künast, sprach sich ebenfalls in der "Bild am Sonntag" gegen einen Zwang für Ausländer aus, Deutsch lernen zu müssen. "Das bringt doch nichts, einem Türken, der 50 ist und 20 Jahre hier lebt, Zwangsunterricht zu erteilen und wenn er nicht fleißig lernt, ihn auszuweisen", sagte sie der Zeitung. "Wir müssen den Menschen Angebote machen, die sie gerne wahrnehmen." Frühere Regierungen hätten darauf gesetzt, dass die so genannten Gastarbeiter nach ein paar Jahren wieder zurückkehren. "Deshalb wurde zu wenig für deren Integration getan. Das und die Zuzugssperren rächen sich jetzt."

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