Leopard-2-Forderungen Olaf Scholz kritisiert »uncoole« Panzerdebatte

Hinter verschlossenen Türen verteidigt der Kanzler vor SPD-Abgeordneten vehement seinen vorsichtigen Kurs in der Panzerfrage. Doch auch in seiner Partei wächst nach SPIEGEL-Informationen die Ungeduld.
Kanzler Scholz

Kanzler Scholz

Foto: Hannibal Hanscke / epa

Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.

Liefert Deutschland auch Leopard-Panzer oder nicht? Obwohl Polen Druck macht und auch Großbritannien erwägt, der Regierung in Kiew westliche Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen, will Bundeskanzler Olaf Scholz sich nicht treiben lassen.

Da werde manch »uncoole Debatte« geführt, klagte Scholz Teilnehmern zufolge bei der Klausur der SPD-Bundestagsfraktion an diesem Freitag. Alles zu hektisch, alles zu überhitzt – so sieht er es.

Die SPD geht diesen Kurs weitgehend mit, bei manchen Abgeordneten wächst angesichts der veränderten Strategie einiger Partnerländer aber die Ungeduld.

So fordert der SPD-Verteidigungspolitiker Andreas Schwarz mehr Tempo bei den Panzerlieferungen. »Wir müssen in der kommenden Woche den nächsten Schritt gehen und uns mit den westlichen Partnern koordinieren«, sagte Schwarz dem SPIEGEL. »Das bedeutet: zunächst Leopard-1-Panzer an die Ukraine schicken. Von denen hat die Industrie ausreichend. Da müssen wir der Bundeswehr nichts wegnehmen. Diesen Schritt sollten wir vorbereiten und bei der Ramstein-Konferenz mit unseren Partnern gemeinsam verkünden.« Die Bundeswehr habe nicht so viele Leopard 2, »auch hier kann man auf Industriebestände zurückgreifen. Die müssen wir mittelfristig aber auch liefern, wenn wir wollen, dass die Ukraine den Krieg gewinnt.«

Auch SPD-Außenpolitiker Michael Roth drängt auf eine rasche Entscheidung. »Die militärische Lage in der Ukraine verändert sich nahezu täglich. Russland geht immer brutaler gegen die ukrainische Zivilbevölkerung vor und legt das Land in Schutt und Asche«, sagte Roth dem SPIEGEL.

Kremlchef Putin plane neue militärische Offensiven im Frühjahr, das müsse man Tag für Tag neu bewerten. Es gebe keine roten Linien bei einzelnen Waffensystemen, so Roth: »Im Vorfeld des Ramstein-Treffens in der kommenden Woche sehe ich derzeit eine große Bewegung unter den westlichen Verbündeten. Immer mehr Partner zeigen sich offen, im Rahmen einer abgestimmten Initiative auch westliche Kampfpanzer zu liefern.« Deutschland solle »in enger Absprache mit unseren Partnern rasch entscheiden, was wir über die bislang zugesagten Waffensysteme hinaus noch leisten können«.

Scholz erzählt von einem Jogger

Vor den Abgeordneten der Fraktion verteidigte Scholz am Freitag vehement seinen vorsichtigen Kurs. Er erzählte Teilnehmern zufolge von einem polnischen Mitbürger, der ihn beim Joggen angehalten und ihm gedankt habe, dass er sich von der polnischen Regierung nicht verrückt machen lasse. Es sei ärgerlich, dass die Debatten in Deutschland auch missbraucht würden, um gegen die Bundesregierung zu schießen.

Der Kanzler forderte die Abgeordneten demnach auf, sich nicht verunsichern zu lassen. Deutschland sei mit Großbritannien zweitgrößter Waffenlieferant nach den USA, und er werde weiterhin der Versuchung widerstehen, unabgestimmt vorzupreschen. Viele Bürgerinnen und Bürger stünden hinter seinem Kurs.

Scholz kritisierte in seinen Ausführungen demnach auch die mediale Debatte. Es sei ein Problem, dass viele Bürgerinnen und Bürger fast schon hoffen müssten, dass die Regierung die Nerven behalte und sich von Lautsprechern nicht treiben lasse.

Scholz bekam dafür viel Zuspruch in der Fraktion, es gab allerdings auch Mahnungen, öffentlich endlich stärker für das eigene Vorgehen zu werben, es besser zu erklären.

Eine SPD-Abgeordnete forderte den Parteivorstand demnach auf, eine einheitliche Kommunikationsstrategie festzulegen. »Wir müssen unsere Position zum Krieg in der Ukraine besser koordinieren«, wird sie zitiert. Jede Lieferung werde mit neuen Forderungen beantwortet. Die SPD könne ihre Haltung selbstbewusster vertreten, da die Bevölkerung diese mehrheitlich goutieren würde.

Die Ukraine fordert schon seit Längerem die Lieferung von Leopard-Panzern. Am Mittwoch erklärte der polnische Präsident Andrzej Duda, sein Land sei im Rahmen einer internationalen Koalition zur Lieferung dieser Kampfpanzer bereit. Dafür wäre allerdings eine Genehmigung vom Herstellerland Deutschland nötig. Britischen Medienberichten zufolge wäre zudem Großbritannien bereit, zehn Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 zu liefern. Die Lieferung deutscher Kampfpanzer wäre damit kein Alleingang.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren