

Berlin - Der Streit über die mögliche Lieferung von 200 Kampfpanzern vom Typ "Leopard 2" nimmt an Schärfe zu: In einer Aktuellen Stunde im Bundestag schwieg die Regierung weiter zu der geheim erteilten Genehmigung, die kürzlich vom Bundessicherheitsrat erteilt worden war. Für diese Haltung hagelte es Kritik von den Oppositionsbänken.
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel warf Schwarz-Gelb Feigheit und Unehrlichkeit vor. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte: "Schwarz-Gelb steht an der Seite der Despotie." Er wies das Argument zurück, das westlich orientierte Saudi-Arabien müsse gegen den Iran aufgerüstet werden. "Das Gegenteil ist der Fall", sagte Trittin. "Sie schaffen für den Iran eine neue Rechtfertigung aufzurüsten."
Der CDU-Abgeordnete Joachim Pfeiffer wies die Kritik mit Verweis auf Rüstungsexporte unter der früheren rot-grünen Regierung zurück. "Ihre Moralkeule ist scheinheilig", sagte Pfeiffer. Der deutsche Rüstungsexport orientiere sich "am Sicherheitsbedürfnis und an den außenpolitischen Interessen" der Bundesrepublik und verstoße nicht gegen die Rüstungsexportrichtlinien.
Indirekte Bestätigung für den Geheim-Deal
Die Debatte im Bundestag, die mit einer länglichen Fragerunde begonnen hatte, gestaltete sich oft reichlich absurd. Dutzende Male verweigerte die Regierung, die personell weder durch einen der relevanten Minister noch durch Kanzlerin Merkel vertreten wurde, jegliche Auskunft zu der Absprache im Bundessicherheitsrat. Informationen zu Rüstungsexporten will sie weiterhin erst im Rüstungsbericht für den Bundestag offenlegen. Der Report erscheint erst in etwa anderthalb Jahren.
Gleichwohl bestätigten die Regierungsvertreter indirekt, dass die Regierung dem Deal mit Saudi-Arabien zugestimmt hat. Für das Kanzleramt machte Staatsminister Eckart von Klaeden klar, dass Saudi-Arabien für die Bundesregierung ein wichtiger Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und ein strategischer Partner für die Stabilität in der Region sei. So erwähnte er, dass Riad beispielsweise bei Terrorermittlungen geholfen habe, die auch Deutschland betrafen. Zudem engagiere sich das Könighaus im Palästina-Konflikt.
Ohne das Votum im Bundessicherheitsrat konkret zu bestätigen, verteidigten die Politiker aus dem Regierungslager den heiklen Deal mit dem Wüstenstaat. Für das Wirtschaftsministerium sprach der parlamentarische Staatssekretär von einer durchaus komplizierten Abwägung, die man bei solchen Waffenlieferungen treffen müsste. Dabei spielten auch die Menschenrechte eine große Rolle, betonte er. Bei diesem Thema stehe die Regierung zu ihren Forderungen nach Reformen in Saudi-Arabien.
Scharfe Kritik durch die Opposition
Durch eine Enthüllung des SPIEGEL war bekannt geworden, dass der Bundessicherheitsrat den Export von 200 Panzern vom Typ "Leopard" genehmigt hatte. Das Gremium, dem die wichtigsten Minister angehören, tagt geheim. Bisher hatte Deutschland Anfragen aus Saudi-Arabien für den hochmodernen Kampfpanzer stets abgelehnt. Mittlerweile, so Regierungskreise, aber habe sich die Lage geändert. Zum einen habe Israel keine Bedenken mehr bei solchen Lieferungen, da man Saudi-Arabien durchaus als strategischen Partner gegen den Iran betrachte.
Auch für Deutschland hat sich die Sicht auf Saudi-Arabien gewandelt. Trotz massiver Zweifel an der Reformfähigkeit des Königshauses gilt der Staat als einer der letzten stabilen Staaten in der Region. Mit einer strategischen Partnerschaft, die durch einen Waffendeal befördert werde, erhofft sich Deutschland auch die Möglichkeit, mehr Einfluss im Nahen Osten zu bekommen. Daneben sind es freilich auch wirtschaftliche Interessen, die für das Geschäft spielen - immerhin ist der Deal rund anderthalb Milliarden Euro schwer.
Die Opposition will sich mit dem Verweis auf die Geheimhaltung nicht zufriedengeben. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der schwarz-gelben Koalition "Rechtsbruch" vor, die Grünen sprachen wegen der Zurückhaltung jeglicher Detailinformationen gar von Verfassungsbruch. Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle, so Gabriel, sollten den Mut finden, der deutschen Öffentlichkeit den Deal zu erklären. Auch müsste die Regierung erklären, wie sich die deutsche Außenpolitik geändert habe und warum nun nach Jahrzehnten der Ablehnung Panzer nach Saudi-Arabien geliefert würden. "Sie lieben das hohle Pathos, wenn es nichts kostet", rief Gabriel.
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sagte, aus der deutschen Geschichte müsse die Lehre gezogen werden, "dass wir nie wieder an Kriegen verdienen dürfen". Er forderte, dass künftig der Bundestag über Rüstungsexporte entscheiden solle.
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