Liberale Euro-Skeptiker FDP-Mitgliederentscheid soll Rettungsschirm stoppen

Mehrere Liberale machen Front gegen den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM. Mit einem Mitgliederentscheid will eine Gruppe um die FDP-Politiker Schäffler und Hirsch die Zustimmung der Partei zum Hilfspaket verhindern.

Berlin - Der Brief erreichte Christian Lindner Freitagnachmittag um 17 Uhr per Boten. Seitdem dürfte die Wochenendplanung des FDP-Generalsekretärs über den Haufen geworfen sein. Um eine Zustimmung der FDP-Fraktion im Bundestag zum permanenten Euro-Rettungsschirm ESM im Herbst zu verhindern, strebt eine Gruppe um den Euro-Skeptiker Frank Schäffler und den Altliberalen Burkhard Hirsch einen Mitgliederentscheid an. "Die Diskussion in der FDP über weitere Rettungsmaßnahmen für überschuldete Staaten in Europa ist eine wichtige politische Frage und erfordert eine breite Diskussion in der FDP", heißt es in dem Brief an FDP-Generalsekretär Christian Lindner vom Freitag. Das Schreiben liegt SPIEGEL ONLINE vor.

In einem Entscheid wenden sich die Kritiker der Euro-Rettungsmaßnahmen gegen "unbefristete Rettungsmaßnahmen, bei denen Deutschland für Schulden anderer europäischer Staaten haftet". Weiter heißt es: "Die FDP lehnt daher auch die Einrichtung eines unbefristeten europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ab." Und dann: "Sollten sich die bisher beschlossenen Maßnahmen nicht als ausreichend herausstellen, spricht sich die FDP dafür aus, überschuldeten Staaten einen geordneten Austritt aus dem Euro zu ermöglichen, um ein ungeordnetes Auseinanderbrechen unserer Währung zu verhindern."

Für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die FDP-Parteiführung ist das eine schlechte Nachricht. Und sie kommt zur Unzeit. Eben hat EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark seinen Rücktritt erklärt. Zudem kämpft die schwarz-gelbe Regierung derzeit um die Mehrheit für den erweiterten, vorläufigen Rettungsschirm EFSF. Nun droht auch die später folgende Abstimmung über den permanenten Hilfsschirm ESM zur Hängepartie zu werden. Fehlt der Kanzlerin bei einer so zentralen Frage in der Europapolitik eine eigene Mehrheit, könnte das das Aus für die schwarz-gelbe Koalition bedeuten.

Zumal es gar nicht ausgeschlossen ist, dass die Euro-Kritiker mit ihrem Antrag Erfolg haben. Rund 3400 Unterschriften müssen die Protestler für die Aktion sammeln, das sind fünf Prozent der etwa 68.000 FDP-Mitglieder. So sieht es die Verfahrensordnung vor. Zum letzten und bisher einzigen Mal hatte die FDP ihre Mitglieder 1997 beim Großen Lauschangriff befragt. Die Parteiführung hat die Möglichkeit, den Vorschlag der Kritiker mit einem eigenen Alternativantrag zu kontern. Beteiligt sich ein Drittel der Mitglieder am Entscheid, ist das Ergebnis offizielle Beschlusslage der FDP.

Initiator des Antrags ist der unermüdliche Euro-Kritiker Frank Schäffler. Dass er von Burkhard Hirsch, einem Liberalen alter Schule, unterstützt wird, dürfte seinem Anliegen neuen Auftrieb verleihen. "Ich bin für Europa. Ich fürchte aber, dass die Art, wie wir den Euro retten wollen, dazu führt, dass wir Europa am Ende spalten werden", sagte Hirsch SPIEGEL ONLINE. "Ich bin gegen ein Abrutschen in eine Schuldenunion. Bislang haben alle Milliarden, die wir an Griechenland gezahlt haben, zu keinem Ergebnis geführt."

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