Wegen Kooperation mit der AfD Linken-Kommission beschließt Rauswurf von Brandenburger Genossen

Für die Linken war es ein Tabubruch: Genossen hatten im brandenburgischen Forst mit der AfD zusammengearbeitet. Der dortige Fraktionschef muss nun die Partei laut Beschluss der Landesschiedskommission verlassen.
Linken-Parteitag (Symbolbild)

Linken-Parteitag (Symbolbild)

Foto: Jens Wolf/ dpa

Im Osten Brandenburgs geht es längst auch um die Identität der Linken. Seit Monaten schon beschäftigt ein Fall aus der Kleinstadt Forst die Genossen in Land und Bund. Es handelt sich um eine Angelegenheit, die kaum unangenehmer sein könnte für eine Partei, die den Kampf gegen rechts zu ihrem Markenkern gemacht hat: eine Kooperation mit der AfD.

Der Forster Linken-Fraktionschef Ingo Paeschke hatte im Mai vor der Presse Pläne für den Neubau eines Jugendhauses beworben. An seiner Seite: ein Kommunalpolitiker der AfD. (Lesen Sie hier mehr zu dem Fall.)

Gemeinsame Sache mit den Rechten? Für die Linke war das ein echter Tabubruch. Die Folge: ein innerparteiliches Beben, Landes- und sogar Bundesspitze gerieten in Erklärungsnöte. Denn die Beschlüsse der Partei besagten eigentlich klipp und klar: keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD.

Verteidigte Kooperation mit der AfD: Lokalpolitiker Ingo Paeschke

Verteidigte Kooperation mit der AfD: Lokalpolitiker Ingo Paeschke

Foto: Lausitzer Rundschau / dpa

Seither versuchen führende Linke aus der Region und aus dem Landesverband die Sache zu bereinigen. Dabei griffen sie sogar zu einem in der Linkspartei besonders seltenen Mittel: Die brandenburgische Landesspitze initiierte ein Parteiausschlussverfahren gegen Paeschke, das vom Kreisvorstand unterstützt wird.

Nach SPIEGEL-Informationen waren sie damit nun in erster Instanz erfolgreich. Die Landesschiedskommission entschied demnach am Freitagabend in Potsdam einstimmig: Paeschke muss die Linke verlassen. Beendet ist der Fall für die Genossen damit womöglich aber noch nicht. Zwar sagte Paeschke der Nachrichtenagentur dpa, er wolle gegen den Beschluss keine Beschwerde einlegen. "Ich nehme den Ausschluss hin", so Paeschke. Vorsitzender der Fraktion in Forst wolle er hingegen bleiben. Offen bleibt zudem, wie seine Mitstreiter vor Ort regieren.

Trotzdem herrscht erst einmal Erleichterung aufseiten jener, die Paeschke loswerden wollen. "Das ist eine wichtige Entscheidung, die den Grundkonsens der Linken, also Antifaschismus und der Kampf gegen Rechtsextremismus, nochmals bestätigt", sagte Matthias Loehr, Chef des Kreisverbands Lausitz, dem SPIEGEL. "Es kann keine Begründung für eine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Der Zweck heiligt nicht die Mittel."

Der Vorgang ist bei den Linken besonders brisant, da in der Partei viele Genossen Ausschlussverfahren generell kritisch sehen oder sogar ablehnen. Andererseits gilt die AfD als größter Gegner der Linken im Parlamentsbetrieb.

In Forst hatten sich große Teile der Linken in den vergangenen Monaten weitgehend uneinsichtig gezeigt. Gespräche vor Ort brachten keine Einigung, Paeschke weigerte sich, freiwillig zurückzutreten, ein Antrag auf Auflösung des Ortsverbandes scheiterte auf einem Kreisparteitag, in der Stadtfraktion wollte man den Parteinamen offenbar nicht ablegen - anders als gefordert.

Paeschke selbst hatte Anfang Juli im SPIEGEL-Interview die Kooperation der AfD verteidigt . "Die Parteiführung wünscht sich eine pauschale Abgrenzung nach rechts", sagte Paeschke damals. "Das mag auf Bundes- und Landesebene gehen. Auf lokaler Ebene funktioniert das nicht." Und: "Wir müssen den Mitgliedern vor Ort erlauben, selbst ihre Lage einzuschätzen und eigenverantwortlich so zu agieren, wie sie es für vernünftig halten."

Norman Lenz, der Vorsitzende der Landesschiedskommission, sagte dem SPIEGEL nun, Paeschkes gemeinsamer Presseauftritt mit dem AfD-Vertreter verstoße "gegen einen erheblichen Grundsatz der Partei - den Antifaschismus". Wer das nicht akzeptieren wolle, könne "nicht einfach alternative Fakten schaffen". Paeschke wolle mit der AfD Sachpolitik machen und Mehrheiten finden, "was in unserer Partei mit der AfD aber nicht möglich ist".

Lenz zieht sogar einen historischen Vergleich zu jener Phase, die in Adolf Hitlers Machtergreifung mündete: "Auch das Kabinett von Papen wollte im Sommer 1932 'Sachpolitik' mit der NSDAP machen", so Lenz. "Wo das hingeführt hat, vergessen wir hoffentlich nie."

Die Stärke der AfD im Osten stellt auch die Linke immer wieder vor Herausforderungen. Bei der Kommunalwahl 2019 holte die AfD in Forst 30 Prozent der Stimmen, da wird es zunehmend schwieriger, die Rechten zu umgehen. Zudem konkurrieren AfD und Linke in Teilen um eine ähnliche Wählerschaft.

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