Euro-Krise Linke will Fiskalpakt per Eilantrag stoppen

Vor dem Spitzentreffen zum Fiskalpakt sind sich Regierung und Opposition nähergekommen. Eine Einigung sei in Sicht, hieß es. Doch die Grünen setzen Kanzlerin Merkel mit neuen Forderungen unter Druck. Die Linke will den Fiskalpakt sogar vor dem Verfassungsgericht stoppen.

Berlin - Die Verhandlungen über den EU-Fiskalpakt stehen offenbar vor dem Abschluss, da droht neuer Ärger: Die Linke will die Ratifizierung des umstrittenen Fiskalpakts mit Eilanträgen vor dem Bundesverfassungsgericht verhindern. Gemeinsam mit einer Bürgerinitiative wolle die Partei das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe Ende der kommenden Woche anrufen, sobald Bundestag und Bundesrat den Fiskalpakt und den Euro-Rettungsschirm ESM am 29. Juni verabschiedet haben. Das berichtet die "Frankfurter Rundschau". Die Linkspartei hatte bereits Anfang Mai angekündigt, eine Verfassungsbeschwerde und eine Organklage in Karlsruhe einzureichen.

Die Linkspartei argumentiert wie einige Staatsrechtler und die Ex-Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), die Verträge griffen massiv in die Budgethoheit des Parlamentes ein. Finanzministerium und Bundestags-Experten hatten darauf verwiesen, dass sich Deutschland mit dem Fiskalpakt für die Ewigkeit binde. Eine einseitige Kündigung sei nicht möglich.

"Der Ewigkeitscharakter entwertet die Demokratie, denn Demokratie lebt im Kern durch Veränderungen", sagte der Linkspartei-Abgeordnete Wolfgang Neskovic der Zeitung. Er sprach von einem "schmalen Fenster", das seine Fraktion nutzen wolle, um die Ratifizierung zu verhindern. Durch die einstweilige Anordnung solle die Unterzeichnung des Gesetzes durch Bundespräsident Joachim Gauck gestoppt werden.

Gauck könnte von zwei Seiten unter Druck geraten

Gauck könnte damit unter Druck von zwei Seiten geraten, denn die Bundesregierung erwartet eine rasche Unterzeichnung der Verträge. Nur dann kann der ESM wie geplant zum 1. Juli in Kraft treten. Mit dem Pakt wollen sich fast alle EU-Länder zu ausgeglichenen Haushalten und raschem Schuldenabbau verpflichten.

Vor der Verhandlungsrunde der Spitzen von Regierung und Opposition für die Ratifizierung des EU-Fiskalpakts am Donnerstagvormittag haben die Grünen den Druck auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nochmals erhöht. "Wir erwarten von Frau Merkel, dass sie sich auf dem Europäischen Rat für eine Bankenunion und konkrete Maßnahmen - wie einen Altschuldentilgungsfonds - gegen den Zinsdruck in den Krisenländern einsetzt", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin der "Rheinischen Post". Die Bundesregierung hatte zuletzt einen Tilgungsfonds kategorisch abgelehnt.

Doch vor dem Spitzengespräch gab es Anzeichen für eine Annäherung. Bei einem vorbereitenden Treffen der Parlamentarischen Geschäftsführer habe man sich bis auf wenige redaktionelle Punkte auf den Entwurf eines Papiers verständigt, hieß es am Mittwochabend aus Koalitionskreisen. Daher bestünden große Chancen, dass in der Runde der Partei- und Fraktionschefs an diesem Donnerstag im Kanzleramt eine Einigung zu erreichen sei.

fab/dpa/dapd
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