Mappus-Freund Notheis "Mein Lieber, ich bin stolz auf Dich!"

Banker Notheis: "Glaube der Pulverdampf tut Dir gut :-)"
Foto: Bernd Weißbrod / dpaEs gibt ein Video im Netz, 5 Minuten und 59 Sekunden lang, das auf Seminaren zum Thema Krisen-PR vorgeführt wird: zur Abschreckung, als Beispiel dafür, wie es nicht laufen sollte.
Das Video zeigt Stefan Mappus, damals Ministerpräsident Baden-Württembergs, in einem ZDF-Interview im Herbst 2010. Am Tag zuvor ist die Polizei mit Wasserwerfern gegen die S-21-Demonstranten in Stuttgart vorgegangen, Moderatorin Marietta Slomka stellt kritische Fragen dazu. Selbst wohlmeinende CDU-Funktionäre geben zu, dass Mappus mit seinen Antworten keine gute Figur macht.
Der Banker Dirk Notheis hingegen überschüttet seinen Spezl Mappus nach der Ausstrahlung mit Lob: "Mein Lieber, ich bin stolz auf Dich! Du warst brillant!!", schreibt Notheis in einer E-Mail. "Glaube der Pulverdampf tut Dir gut :-) mach weiter so, so klappt's auch im März!"
Die Prognose bewahrheitete sich nicht, Mappus und seine CDU verloren die Landtagswahl im März 2011. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen Untreue gegen den einstigen Ministerpräsidenten und wegen Beihilfe gegen seinen Banker-Buddy Notheis, den ehemaligen Deutschland-Chef von Morgan Stanley. Es geht um den Rückkauf der Anteile am Energieversorger EnBW durch das Land im Dezember 2010.
Notheis schickte "Ideensammlung" an Mappus
Den Milliardendeal hatte Mappus ohne Beteiligung des Kabinetts und des Parlaments eingefädelt - und gemeinsam mit seinem Freund aus Junge-Union-Zeiten. Mappus verwehrt sich stets dagegen, als Marionette, die am Band des Bankers baumelte, charakterisiert zu werden. Doch E-Mails, die jetzt aufgetaucht sind, belegen zumindest, dass Notheis auch bei anderen wichtigen politischen Entscheidungen eingebunden war - schon lange vor dem EnBW-Deal.
Bereits vor Mappus' Vereidigung als Ministerpräsident im Februar 2010 wartete Notheis "wie versprochen" mit einer "Ideensammlung" zu wirtschaftspolitischen Themen auf. Diese könne Mappus "eventuell für die Regierungserklärung oder für andere Zwecke" verwenden. "Insgesamt glaube ich, dass es wichtig ist, dass Du Dich in den ersten 24 Monaten mit spannenden Ideen und Initiativen umtreibst", rät Notheis in einer E-Mail vom 10. Januar 2010.
Mappus müsse sich auch bundesweit ein Image aufbauen als, wie es der Banker formuliert, "VV der BW AG" - gemeint ist: Vorstandsvorsitzender der Baden-Württemberg AG. Freimütig bietet Notheis dem Landesvater an: "Werde Dir von Zeit zu Zeit etwas zuliefern, ohne Anspruch auf Umsetzung, einfach nur aus meinem Kopf entsprungen bzw. was mir in meiner beruflichen Position so auffällt."
Es "muss jemand sein, der Dir einen Gefallen schuldet"
Doch zur Profilierung im Amt blieb Mappus wenig Zeit. Ein halbes Jahr nach seiner Wahl steckte er wegen des S-21-Projekts, des Umbaus des Stuttgarter Hauptbahnhofs, "ziemlich in der Scheiße", wie er seinem Freund schrieb. S-21-Sprecher Wolfgang Drexler (SPD) wollte das Handtuch werfen. Mappus brauchte vorzeigbaren Ersatz, dringend.
Offenbar hatte sich darüber auch Notheis "den Kopf zermartert", wie er am 7. September 2010 schrieb. Der neue S-21-Mann "muss Unternehmer sein", empfahl Notheis, "muss jemand sein, der Dir einen Gefallen schuldet". Er habe auch schon jemanden aus seiner Heimatgemeinde im Sinn. Ob er sich kümmern solle? Mappus antwortete prompt: Ja, er solle. Am Ende wurde aber doch ein anderer als Projektsprecher berufen.
Nicht nur im Fall Stuttgart 21 tauschte sich Mappus mit Notheis über Personalentscheidungen aus. In Stuttgart werde demnächst noch eine Position vakant, schrieb er ebenfalls am 7. September. Dabei handelte es sich offenbar um den Posten des Regierungssprechers. "Wird in den nächsten Tagen aktuell, bisher weiter top secret", reportierte Mappus. Drei Tage später gab sein Sprecher Stefan Diehl seinen Posten auf.
Heute will sich Mappus zu den E-Mails nicht äußern. Notheis' Anwalt betont, dass sein Mandant "Herrn Mappus im Zusammenhang mit Stuttgart 21 nie beraten und/oder unterstützt" habe. Nicht auszuschließen sei, dass er "seine persönliche Meinung zu Stuttgart 21 beziehungsweise auch anderen aktuellen Sachverhalten mitgeteilt hat", heißt es in der Stellungnahme. "Hiermit war jedoch eine Beratung und/oder Unterstützung unter keinem Gesichtspunkt zu sehen."
Beim EnBW-Deal, drei Monate später, offenbarte sich dann, dass hinter Notheis' Freundlichkeiten wohl auch ein handfestes finanzielles Interesse stand. Seine Bank kassierte für die Beratung bei der geheimen Übernahme-Aktion ein Honorar von 12,8 Millionen Euro.