Maskenaffäre in der Union Spitzenpolitiker fordern Nüßlein und Löbel zum Rücktritt auf

Unionspolitiker haben sich bei der Maskenbeschaffung bereichert. Nun fordert CSU-Chef Söder sie zum Rücktritt auf – und zu freiwilligen Spenden. FDP und Grüne sehen das Problem damit allerdings noch nicht gelöst.
Der CSU-Politiker Georg Nüßlein vor seinem Bundestagsbüro

Der CSU-Politiker Georg Nüßlein vor seinem Bundestagsbüro

Foto: Christian Spicker / IMAGO

Die Abgeordneten Nikolas Löbel (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) geraten in der Maskenaffäre immer mehr unter Druck. Beide hatten sich in der Coronakrise bei der Beschaffung von Masken persönlich bereichert. Parteiübergreifend fordern Politikerinnen und Politiker die Bundestagsabgeordneten nun zum sofortigen Rücktritt auf.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder empfahl Löbel und Nüßlein im »Morgenmagazin« des ZDF, ihre Mandate niederzulegen. Ein wichtiges Signal wäre ferner, Geld, das mit diesen Geschäften verdient worden sei, zurückzugeben und zu spenden, um hier auch »moralisch« reinen Tisch zu machen. Im CSU-Präsidium werde man sich am Montagnachmittag darüber unterhalten, welche »parteilichen Konsequenzen« das haben müsse, fügte Söder hinzu. Die CSU habe vor einigen Jahren einen klaren Verhaltenskodex aufgestellt. Auch dagegen sei klar verstoßen worden.

Maskengeschäfte in Milliardenhöhe

Die Abgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) sollen Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Maskengeschäften kassiert haben. Beide haben ihren Austritt aus der Unionsfraktion erklärt, wollen ihr Mandat aber behalten, obwohl Partei- und Fraktionsführung den Rückzug verlangen. In der Krise zu helfen sei gut, damit »groß Kasse« zu machen aber nicht, betonte Söder. Insgesamt sei durch dieses Verhalten ein großer Schaden entstanden.

Kurz vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg setzt die Maskenaffäre die Union stark unter Druck. Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) schließt nicht aus, dass es noch mehr solcher Fälle in den eigenen Reihen gibt. Nach SPIEGEL-Informationen haben beim Masken-Milliardengeschäft mehrere Parlamentarier mitgemischt.

»Fassungslos und stinksauer«

Neben Söder mischte sich auch der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Manuel Hagel in die Debatte ein. Er forderte den sofortigen Rücktritt des Mannheimer Bundestagsabgeordneten Löbel von allen politischen Ämtern. Im Radioprogramm SWR Aktuell sagte Hagel: »Ich bin fassungslos und stinksauer. Wer in solch einer Situation sich selbst die Taschen vollmacht, der vertritt nicht das Volk, sondern ganz niederste persönliche Interessen.« Der Sachverhalt müsse lückenlos und zügig aufgeklärt werden.

Löbel hatte über seine Firma Kaufverträge von Schutzmasken vermittelt und dafür Provisionen von rund 250.000 Euro kassiert. Das Verhalten Löbels sei mit der Haltung der Partei nicht mehr vereinbar. »Wer so etwas tut, der tritt die Werte unserer Christdemokratie mit Füßen. Politische Verantwortung übernimmt man in so einem Fall sofort und umfassend.«

Bereits am Sonntag hatten auch der CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet, seine Amtsvorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer und CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak die sofortigen Rücktritte von Löbel und Nüßlein gefordert. »So ein Verhalten ist unanständig und es beschämt uns«, sagte Ziemiak bei »Bild live«. »Wenn man so die Hand aufgehalten hat, dann muss man sein Mandat niederlegen. Ich spreche hier für die ganze Partei: Beide müssen jetzt den Schritt gehen.«

Grünenchef Robert Habeck sagte, die Affäre betreffe nicht nur die beiden Abgeordneten allein. Keine Partei sei vor Einzelfällen von persönlichen Fehltritten gefeit. Aber im Fall der Union weise vieles darauf hin, »dass es sich um ein strukturelles und systematisches Problem handelt«, sagte Habeck der Nachrichtenagentur dpa. »Damit offenbart sich bei CDU und CSU ein krudes Verständnis von Macht, das das Vertrauen in die Integrität der demokratischen Institutionen beschädigt«, sagte Habeck. Die gesamten Vorgänge müssten systematisch aufgearbeitet werden. Es sei nicht allein mit empörten Worten getan.

Lindner will unabhängigen Sonderermittler

FDP-Chef Christian Lindner bringt einen unabhängigen Sonderermittler ins Spiel, der das Vorgehen bei der Beschaffung von Atemschutzmasken aufarbeiten soll. Man müsse auch schauen, was »auf der anderen Seite des Beschaffungsprozesses, also in den Ministerien passiert ist«, sagt Lindner der Sendergruppe RTL/NTV zufolge. »Sicherlich wäre die CDU/CSU gut beraten, einen Sonderermittler zu fordern, der mit besonderen Befugnissen und Akteneinsicht als unabhängige Persönlichkeit hier Transparenz und Klarheit schafft.« Dies könne ein Vorgang sein, der noch deutlich vor der Bundestagswahl abgeschlossen werden könnte, wird Lindner zitiert.

Unionsfraktionschef Brinkhaus versprach Aufklärung: »Wir werden die nächsten Tage dazu nutzen, auch alle Zweifelsfälle entsprechend zu klären, weil wir auch glauben, dass wir das schuldig sind«, sagte Brinkhaus am Sonntagabend in der ARD.

mrc/dpa
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