Entscheider Söder und Scholz K & K-Tage in Bayern

Krisenpolitiker Söder, Scholz
Foto:Peter Kneffel/ picture alliance
Ein derart überschwängliches Lob gab es in Bayern für einen SPD-Bundesminister wohl selten.
"So stelle ich mir das vor", sagt Markus Söder zu seinem Gast aus Berlin.
Oder: "Das ist genau das, was wir brauchen."
Das Lob von Bayerns Ministerpräsident gilt Olaf Scholz. SPD-Finanzminister und Vizekanzler. Und der Grund für Söders Zufriedenheit ist Scholz' Versprechen, Unternehmen zu helfen, die ihre Produktion in der Coronakrise auf Schutzkleidung umstellen.
Genau das hatte sich der CSU-Vorsitzende Söder gewünscht. "Wir werden das ermöglichen", sagt Scholz. Die Finanzierung habe er schon mit Gesundheitsminister Jens Spahn besprochen.
45 Minuten dauert der gemeinsame Auftritt von Scholz und Söder in der Staatskanzlei am Münchner Franz-Josef-Strauß-Ring. Es geht um gigantische Zahlen, Milliarden-Staatshilfen und Kredite für die Wirtschaft, die vor einer heftigen Rezession steht.
Über allem schwebt: große Harmonie. Der CSU-Chef und der SPD-Vizekanzler vermitteln den Eindruck, sie seien sich eigentlich in allen Punkten des Krisenmanagements einig.
Die Coronakrise, das zeigt sich an diesem Tag, führt zu ungewöhnlichen Allianzen. Gewissermaßen Große Koalition - nun auch in Bayern.
Söder: Das hat es noch nie gegeben
Vor einigen Tagen hatte Söder bereits Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach Bayern gelockt. Diesmal ist es der Vizekanzler, der an einer Sitzung von Söders Kabinett teilnimmt. Vor allem aber: ein SPD-Mann. Das, betont Söder, habe es noch nie gegeben.
Unbestritten, die historische Phase, in der sich die Republik befindet, erfordert eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Und klar, Bayern ist stark von der Epidemie betroffen, verlangt somit besondere Aufmerksamkeit, auch aus Berlin.
Doch es gibt weitere Gründe, warum sich Scholz und Söder derzeit gern Seite an Seite zeigen. Beide profilieren sich als Macher in ernsten Zeiten, als Vertreter eines starken Staats: Schutz der Gesundheit der Bürger, Schutz vor den wirtschaftlichen Folgen. Zuletzt warnten beide unisono vor einer vorschnellen Lockerung der harten Beschränkungen für die Bevölkerung.
Söder und Scholz bemühen sich nun, ihre Aufgabe zu erklären. Natürlich werde die Wirtschaft nun in eine Rezession geraten, sagt Söder. Aber da könne sie auch wieder herauskommen. "Überbrücken, überleben und dann wieder voll durchstarten" - so nennt Söder das.
Scholz wiederum betont das riesige Ausmaß der staatlichen Rettungsschirme. Es handle sich um "das größte Wirtschaftsstabilisierungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik", sagt er. Die Dimension sei "so groß, dass zunächst keiner geglaubt habe, wir würden so stark intervenieren".
Das eindringliche Signal: Die Krise ist ernst, aber beherrschbar. Mit den richtigen Mitteln.
Der Bund hat bereits vergangene Woche ein umfassendes Rettungspaket geschnürt. Darin enthalten: mehr als 120 Milliarden Euro an Hilfen für Unternehmen, Selbstständige, Angestellte, Krankenhäuser. Und: Ein sogenannter Wirtschaftsstabilisierungsfonds, der größere Firmen mit Eigenkapital versorgen soll. Gesamtvolumen: 600 Milliarden Euro.
Scholz und Söder wollen an diesem Tag betonen, wie gut und eng Berlin und Bayern zusammenarbeiten, wie sehr alles verzahnt sei. Denn auch das Kabinett in München legt in Sachen Hilfen nach, beschließt am Dienstag die erwartete Ausweitung der bisherigen Maßnahmen. "Bayern-Schirm" heißt das Programm der Landesregierung - es umfasst 60 Milliarden Euro. Vorgesehen sind dabei ein Beteiligungspaket von 20 Milliarden Euro und Bürgschaften in Höhe von 40 Milliarden Euro.
Es gehe um so viel Geld, sagt Söder, wie Bayern sonst in einem gesamten Jahr ausgibt.
Mit dem Scholz-Besuch ist Söder auch machtpolitisch ein Coup gelungen. Die Visite unterstreicht seine herausragende Stellung, die er in den vergangenen Wochen in der Bundespolitik eingenommen hat. Der bayerische Ministerpräsident hat sich den Ruf erarbeitet, bei wichtigen Entscheidungen voranzugehen.
In der SPD beäugen das manche skeptisch, andere wiederum attestieren Söder, er sei in der Krise gewachsen. Ähnliches gilt wohl auch für Scholz, der nach seiner Schlappe im Wettkampf um die SPD-Spitze noch vor wenigen Monaten vor dem Scherbenhaufen seiner Karriere stand.
Trotz unterschiedlichen Temperaments, hier der bedächtige Hanseat, dort der mitunter impulsive Franke, kämen die beiden gut miteinander aus, heißt es jedenfalls aus dem Umfeld der Spitzenpolitiker.
Die Frage ist, wie lange dieser Zustand hält. Denn das bislang erfolgreiche Krisenmanagement von Scholz und Söder könnte sie auch in eine Situation befördern, in der sie mittelfristig Konkurrenten werden.
Scholz würde gern Kanzlerkandidat werden, das ist bekannt.
Söder wiederum bestreitet bislang eigene Ambitionen. In der Union heißt es aber, er wolle sich eben bitten lassen.
An diesem Dienstag in München wird das Bild schwarz-roter Einigkeit nur einmal getrübt, als Söder seinen Gast mit einem anderen prominenten Sozialdemokraten verwechselt. Als es um das Ausmaß der Hilfen geht, sagt der CSU-Chef: "Herr Schulz hat das mal die Bazooka genannt."
Scholz dürfte es verschmerzen können.