SPD-Parteitag
Martin Schulz verabschiedet sich mit feuriger Bewerbungsrede
Der zurückgetretene SPD-Chef Martin Schulz hält auf dem Parteitag der SPD eine leidenschaftliche Rede zum Abschied. Fast hätte man meinen können, er bewerbe sich noch einmal auf den Vorsitz.
Martin Schulz am Rednerpult auf dem Parteitag in Wiesbaden
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Der ehemalige SPD-Chef Martin Schulz hat in einer Rede seine Partei dazu aufgerufen, die internen Konflikte zu überwinden. "Du brauchst den Rücken frei, um dich mit dem politischen Gegner zu beschäftigen - und weniger mit dem, was in der eigenen Partei läuft", sagte Schulz beim Sonderparteitag in Wiesbaden mit Blick auf Andrea Nahles, die just zu seiner Nachfolgerin gewählt worden ist.
"Zorn hat eh keinen Zweck und Bitterkeit hilft nicht in der Politik", sagte er bezüglich seines Gemütszustands in Hinblick auf den Umgang seiner Partei mit ihm. Er war nach erfolgreichem Abschluss der Koalitionsverhandlungen mit der Union zurückgetreten, weil er den Rückhalt seiner Partei verloren hatte. Die SPD müsse nun den Blick nach vorn richten, sagte Schulz und sicherte Nahles seine eigene Unterstützung zu: "Unsere Zusammenarbeit war super und wird super bleiben."
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SPD-Parteitag: Wechsel an der Spitze
Nahles dankte ihrerseits dem früheren Parteichef und Kanzlerkandidaten Martin Schulz und zollte ihm Anerkennung für seine Arbeit: Es verdiene "größten Respekt", mit welcher Haltung er diese Zeit durchgestanden habe. Was Schulz in der "Achterbahn" seiner Amtszeit durchlebt habe, könnten andere nur erahnen. Die Delegierten reagierten darauf mit stehendem Applaus für ihren früheren Vorsitzenden.
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Schulz appellierte an die Parteimitglieder, sein europapolitisches Erbe zu retten. Er hatte federführend ein Reformprogramm für eine stärkere Kooperation in Europa im Koalitionsvertrag ausgearbeitet. Es könne nicht sein, dass die Union jetzt nach ein paar Wochen schon die Pläne in Frage stelle - so gibt es Vorbehalte gegen eine Bankenunion und den Aufbau eines Europäischen Währungsfonds.
Schwacher Start für Andrea Nahles
"Ohne ein starkes Europa werden die Populisten gewinnen", rief Schulz den 600 Delegierten zu. "Dann gibt es Krieg." Die SPD werde als Friedensmacht gebraucht. "Der Kampf für Europa ist auch immer ein Kampf gegen rechts, und in Deutschland ist das ein Kampf gegen die AfD." Europa, ein Leben in Frieden und Freiheit dürfe nicht zerstört werden, sagte Schulz. Stehende Ovationen bekam er zum Schluss seiner Rede - und es blieb der Eindruck, dass so eine Rede auch als Bewerbung für den Parteivorsitz hätte taugen können.
Videoanalyse zum Parteitag: "Die Stimmung zeigt, wie unsicher die SPD ist"
Eine Neue: Eigentlich hieß der Slogan des Parteitags: Für eine neue Politik. Fotografen wählten einen eigenwilligen Bildausschnitt bei der Rede von Andrea Nahles.
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Danke, Martin: Ex-Parteichef Martin Schulz blickte zeitweise versteinert drein, winkte dann aber doch noch einmal freundlich in die Runde.
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Lachende Favoritin: Andrea Nahles galt bei der Wahl auf dem Parteitag von Anfang an als wahrscheinliche Gewinnerin.
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Die Herausforderin: Simone Lange betritt die Bühne. Die Flensburger Oberbürgermeisterin hatte nur Außenseiterchancen - aber auch als Sprachrohr der Nahles-Kritiker.
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Ernster Blick: An mancher Stelle konnten die Fernsehkameras einen tieftraurig drein schauenden Martin Schulz einfangen - etwa, als Olaf Scholz auf der Bühne stand und ihm dankte.
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Simone Lange am Rednerpult: Die beiden Kandidatinnen hielten jeweils eine Rede, Lange kam dabei wesentlich ruhiger rüber. "Uns fehlt es an Glaubwürdigkeit", sagte sie. Die SPD brauche eine echte Erneuerung. "Wir müssen die Herzen der Menschen wieder erreichen."
Foto: RALPH ORLOWSKI/ REUTERS
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Kampfstimmung: Mit gewohnter Verve hielt Nahles ihre Rede - und erhielt immer wieder kräftigen Applaus. "Wir packen das", sagte sie zum Schluss, "das ist mein Versprechen."
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Das Lange-Lager: "Schreibt Geschichte! Wählt Simone!", so die Forderung. Nach der Wahl bekam sie von ihren Anhängern übrigens gleich mehrere Sträuße Blumen.
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Malu Dreyer (l.), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles beim Parteitag.
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Sigmar Gabriel: Der Abgang des ehemaligen Außenministers hatte im März für Schlagzeilen gesorgt.