Maskenaffäre im Bundestag SPD-Spitze verlangt schärfere Transparenzregeln für Abgeordnete

Mit einem Zwölfpunkteplan will die SPD Nebeneinkünfte und Lobbyarbeit stärker reglementieren. In manchen Fraktionen scheine es »ein systematisches Versilbern des Mandats« zu geben.
Abgeordnete im Bundestag (Archiv): »Bezahlte Lobbyarbeit von Abgeordneten und ausschweifende Nebeneinkünfte gefährden unsere Demokratie«

Abgeordnete im Bundestag (Archiv): »Bezahlte Lobbyarbeit von Abgeordneten und ausschweifende Nebeneinkünfte gefährden unsere Demokratie«

Foto: Christoph Soeder/ DPA

Als Reaktion auf die Maskenaffäre der CDU/CSU will nun auch die SPD-Parteispitze die gesetzlichen Regeln zur Abgeordnetenbestechung, Offenlegung von Nebeneinkünften und Lobbyarbeit deutlich verschärfen. Das geht aus einem Entwurf für den Parteivorstand hervor, der dem SPIEGEL vorliegt. Zuvor hatte bereits die Nachrichtenagentur dpa über die Pläne der SPD-Führung berichtet.

In manchen Fraktionen scheine es »ein systematisches Versilbern des Mandats« zu geben, heißt es in dem Entwurf. Das bringe nicht nur den Deutschen Bundestag in Misskredit. »Bezahlte Lobbyarbeit von Abgeordneten und ausschweifende Nebeneinkünfte gefährden unsere Demokratie.«

Zwölfpunkteplan für mehr Transparenz

Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits am vergangenen Dienstag einen Zehnpunkteplan veröffentlicht. Er sieht Änderungen des Strafgesetzbuchs sowie des Abgeordnetengesetzes und der Verhaltensregeln vor. »Nur so können wir dem fatalen Eindruck entgegenwirken, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages käuflich wären«, schrieb  der Abgeordnete Matthias Bartke. Auf dem Plan der Fraktion basiert nun der zwölf Punkte umfassende Entwurf, über den der Parteivorstand am Montag abstimmen soll.

Konkret fordert die SPD unter anderem folgende Maßnahmen:

  • Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit sollen künftig nicht mehr als Vergehen, sondern als Verbrechen eingestuft werden. Die Mindeststrafe soll demnach ein Jahr Freiheitsstrafe betragen.

  • Die Abgeordneten sollen präzise angeben, wie viele Stunden sie Nebentätigkeiten nachgegangen sind und welche Einkünfte sie etwa durch Dividenden, Lobbytätigkeiten neben dem Mandat oder durch Unternehmensbeteiligungen erzielt haben. Auch Aktienoptionen, Unternehmensbeteiligungen und Einkünfte daraus sollen transparent gemacht werden.

  • Bezahlte Lobbyarbeit soll verboten werden, Abgeordnete sollen keine bezahlte Lobbyarbeit mehr neben ihrem Mandat ausüben können.

  • Das Lobbyregister soll um einen »exekutiven Fußabdruck« ergänzt werden. Dafür sollen bei Gesetzgebungsvorhaben Treffen zwischen Lobbyisten und Bundesministern sowie daraus entstandene Forderungspapiere offengelegt werden.

  • Parteispenden sollen nach den Plänen der SPD auf jährlich 100.000 Euro pro Spenderin oder Spender gedeckelt werden. Für mehr Transparenz soll die Veröffentlichungspflicht von Parteispenden von 10.000 Euro auf 2000 Euro herabgesetzt werden.

  • Das Informationsfreiheitsrecht soll fortentwickelt, offene Daten sollten kostenfrei bereitgestellt werden. So sollen Bürgerinnen und Bürger künftig leichter an Daten der öffentlichen Verwaltung kommen.

  • Damit die Regeln auch durchgesetzt werden, soll der Bundestagspräsident als zuständige Kontrollinstanz besser ausgestattet werden.

Linke und Grüne für gemeinsame Gespräche

Am Freitag hatten die Fraktionen von Union und SPD die Verhandlungen über Verschärfungen der Regeln zunächst ohne Ergebnis abgebrochen. Die Gespräche sollen kommende Woche fortgesetzt werden, hieß es. Nach Angaben des SPD-Abgeordneten Dirk Wiese ist die Unionsfraktion bisher dagegen, dass Nebeneinkünfte künftig komplett und dass Unternehmensbeteiligungen bereits ab fünf Prozent der Stimmrechte statt bei 25 Prozent veröffentlicht werden.

Parteien wie die Linke fordern schon länger schärfere Transparenzregeln. Kurz nach Bekanntwerden der Maskenaffären hatten SPD und Union noch gegen eine Verschärfung der Gesetze gestimmt. In einem Brief aller Fraktionen außer der AfD hatte sich die Linke diese Woche erneut für eine gemeinsame Initiative ausgesprochen. Der Gesetzentwurf der Linken sieht unter anderem vor, bezahlte Nebentätigkeiten von Abgeordneten als Lobbyisten gesetzlich zu untersagen. Auch die Grünen riefen die anderen Parteien zu Gesprächen über schärfere Transparenzregeln auf.

Im Zentrum des Bereicherungsskandals bei der Vermittlung von Coronaschutzmasken stehen der frühere CDU-Abgeordnete Nikolas Löbel und der Ex-CSU-Politiker Georg Nüßlein. Beide sollen für die Einfädelung von Maskendeals getrennt voneinander Hunderttausende Euro kassiert haben, wie unter anderem der SPIEGEL aufgedeckt hat. Nach wachsendem öffentlichem Druck legte Löbel sein Bundestagsmandat nieder und trat aus der CDU aus. Nüßlein legte dagegen Ämter nieder und trat aus der CSU aus, hält bislang jedoch an seinem Bundestagsmandat fest.

brk/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren