Maut wird Gesetz Die zerstörerischen Egoisten von der CSU

CDU-Chefin Merkel mit CSU-Chef Seehofer (Archivbild): Drohungen und Quengelei
Foto: Peter Kneffel/ dpaWeder in der CDU noch in der SPD finden sich Freunde der Ausländer-Maut von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Weil jedoch im bayerischen Landtagswahlkampf 2013 wohl ein paar angeheiterte Bierzelt-Bayern gejohlt haben, als die CSU ihnen versprach, endlich die Ösis abzukassieren, wenn sie die deutschen Autobahnen benutzen, wird der Quatsch nun deutschlandweit eingeführt und macht die Republik in ganz Europa zum Gespött.
Die CSU betreibt ihren Regional-Egoismus systematisch und auch bei anderen Themen ohne Rücksicht auf Kollateralschäden. Es scheint den Parteioberen völlig wurscht zu sein, wenn ein so wichtiges Projekt wie die Energiewende zu scheitern droht. Hauptsache, die Gegner der Stromtrassen in Bayern gefährden nicht die eigene Machtbasis. Auch bei der anstehenden Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen haben bayerische Politiker längst rote Linien definiert, die eine Einigung nahezu unmöglich machen.
Dass die CSU damit immer wieder durchkommt, verdankt sie vor allem zwei Faktoren: Erstens agiert sie konkurrenzlos, in keiner anderen Partei haben regionale Interessen eine ähnliche Bedeutung. Zweitens macht sich die CSU ständig wichtig.
Schließlich ist ihre Legitimationsbasis bei näherer Betrachtung gering. Die nach eigener Aussage "erfolgreichste Partei Europas" gibt vor, die Interessen von 12,5 Millionen Einwohnern Bayerns zu vertreten. Allerdings nimmt sie im Gegenzug rund 70 Millionen andere Deutsche permanent für ihre absurden Vorschläge in Geiselhaft.
Tatsächlich sind es noch viel mehr. Die CSU hatte zuletzt eine Kernwählerschaft von rund drei Millionen. Bei der vergangenen Landtagswahl, die für die Partei stets der wichtigste Urnengang ist, machten nicht einmal 2,9 Millionen Bayern bei ihr das Zweitstimme-Kreuzchen. In absoluten Zahlen erhielt die SPD bei der jüngsten Landtagswahl in NRW einen höheren Zuspruch.
Nicht viel rosiger sah es bei der Bundestagswahl 2013 aus: Die CSU bekam zwar 3,2 Millionen Zweitstimmen. Das entsprach allerdings nur jedem dritten Wahlberechtigten in Bayern. Und bundesweit haben sich mehr als 41 Millionen Wähler nicht für die CSU entschieden.
Gleichgewicht des Schreckens
Aus diesen Zahlen den Auftrag abzuleiten, ständig die gesamte Bundesrepublik zum Narren halten zu können, ist mutig. Es funktionierte zuletzt nur, weil selbst Angela Merkel vor den Drohungen und dem ständigen Gequengele der Christsozialen kapituliert hat. Bei ihr, so scheint es, hat die CSU mindestens ein irrsinniges Projekt pro Legislaturperiode gut. Was eben noch das Betreuungsgeld war, ist nun die Ausländer-Maut.
Ordentlich regieren lässt sich in der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt nur, weil die CSU im schlechten Sinne einzigartig ist. Würde ihr System Schule machen, käme Deutschland in ernste Schwierigkeiten. Man stelle sich vor, es gäbe weder einen nordrhein-westfälischen Landesverband der SPD noch einen der CDU in Baden-Württemberg. Vielmehr hätten in Düsseldorf seit Jahrzehnten die Politiker der RRS (RheinRuhrSozis) das Sagen und in Stuttgart wäre seit Menschengedenken die EKU (Erzkonservative Union) an der Macht. Auf Bundesebene wiederum bildeten RRS und EKU immer eine Fraktionsgemeinschaft mit der SPD bzw. der CDU.
Bei Bundestagswahlen würden beide Regionalparteien stets mit Forderungen um Wähler werben, die nur ihrem Bundesland dienen. Damit in Berlin überhaupt ein Koalitionsvertrag zustande kommen könnte, müssten CDU und SPD erhebliche Zugeständnisse machen. Die Kohlekraftwerke in NRW hätten also bis 2050 Bestandsschutz ("Kohle-Kraft"). Und der Schwarzwald würde bis 2030 untertunnelt ("BlackForest21").
Das klingt absurd, wäre aber Realität, wenn die jeweils größte Partei in einem Bundesland ihre Interessen in Berlin so rigoros vertreten würde, wie es die CSU seit jeher macht. Dass sich Deutschland nur eine CSU leisten kann, wissen alle: die CSU genauso wie CDU und SPD. Darin besteht das bundespolitische Gleichgewicht des Schreckens.