Mautdesaster Kanzler packt Toll Collect bei der Ehre

Der Kanzler hat sich der Maut angenommen. Nachdem sein Verkehrsminister Stolpe morgens noch erklärt hatte, er sehe keine Grundlage für eine Einigung mit Toll Collect, machte Gerhard Schröder klar, dass er das Konsortium noch nicht abgeschrieben hat. "Das können die nicht auf sich sitzen lassen," appellierte er an das Ehrgefühl.

Potsdam/Berlin - Trotz monatelanger Pannen und Vertragskündigung hat Gerhard Schröder Toll Collect noch nicht als Partner abgeschrieben. Er forderte am Freitag Bewegung von den beteiligten Konzernen DaimlerChrysler und Deutsche Telekom. "Das können die beiden großen Unternehmen um Deutschland willen nicht auf sich sitzen lassen", sagte Schröder in Potsdam. Der Bund hatte die Zusammenarbeit mit Toll Collect nach monatelangem Streit Anfang der Woche aufgekündigt.

Das Bundesverkehrsministerium erwartet von Toll Collect ein deutlich verbessertes Angebot, wie Sprecher Felix Stenschke am Freitag in Berlin sagte. "Wir haben gesagt, die Tür ist noch nicht zu." Dafür müsse es aber deutlich mehr Zusagen geben. Bisher seien auf neue Ankündigungen im Wesentlichen immer nur die alten Angebote in neuer Form gefolgt. Weitere Gespräche seien von Seiten des Ministeriums zurzeit nicht geplant.

Manfred Stolpe sagte, bislang bekomme er die Verbesserungsvorschläge des Betreiberkonsortiums nur über die Medien zu hören. "Das ist nicht ausreichend, um ernsthaft darüber nachzudenken, ob man mit diesem Partner wieder ins Geschäft kommt." Das Konsortium habe nach der Kündigungsanzeige zwei Monate Zeit, um sein Angebot nachzubessern.

DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp hatte am Vortag erklärt, er strebe noch innerhalb der nächsten zehn Tage eine Einigung an. Sein Konzern ist neben der Deutschen Telekom der wichtigste Partner bei Toll Collect. Einzelheiten dazu, wie sich Schrempp eine Lösung vorstellt, gab es auch am Freitag nicht. Insider gehen davon aus, dass intensive Gespräche mit Zulieferern geführt werden. Auch ein Telekom-Sprecher hatte betont, an dem Projekt werde weitergearbeitet. Die Unternehmen erhielten inzwischen das offizielle Kündigungsschreiben aus Berlin.

Unterdessen hat das Bundesfinanzministerium ein Kreditangebot der Europäischen Investitionsbank (EIB) zur Finanzierung von Verkehrsinvestitionen nach dem Ausfall der Mauteinnahmen abgelehnt.

Das Finanz- und das Verkehrsministerium suchten nach wie vor nach Wegen, um die nötigen Investitionen finanzieren zu können, erklärte ein Sprecher heute. Damit sollten die Grundlagen zur Aufhebung der Haushaltssperre geschaffen werden. Es bestehe daher keine Notwendigkeit, auf einen entsprechenden Vorschlag der EIB einzugehen.

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