Asylbewerber McKinsey gibt Merkel Abschiebetipps

Die Unternehmensberatung McKinsey sollte im Auftrag der Bundesregierung für viel Geld Probleme bei Abschiebungen analysieren. Nun ist der 14-Punkte-Plan für "konsequentere Rückführung" vorab bekannt geworden.
Abschiebung in Leipzig (Archiv)

Abschiebung in Leipzig (Archiv)

Foto: Sebastian Willnow/ picture alliance / dpa

Die Studie im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) kostete gut 1,8 Millionen Euro, nun sickern erste Ergebnisse durch: Das Beratungsunternehmen McKinsey rät der Bundesregierung laut einem Medienbericht, den Druck auf abgelehnte Asylbewerber zu erhöhen, damit mehr Menschen in ihre Herkunftsländer zurückkehren.

Das geht aus dem Entwurf des Abschlussberichts der Unternehmensberatung McKinsey hervor, der der "Welt am Sonntag" vorliegt. In dem Papier werden 14 Maßnahmen für eine "konsequentere Rückführung" ausreisepflichtiger Ausländer vorgeschlagen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die Studie von McKinsey im Juli auf ihrer Sommer-Pressekonferenz angekündigt. In der Analyse sollen die Unternehmensberater die Probleme bei Abschiebungen identifizieren und Verbesserungsvorschläge machen. Die Arbeit sollte noch im August beginnen und bis November fertig sein.

"Abschiebungshaft und Ausreisegewahrsam sollten so gestaltet werden, dass sie in der Praxis konsequent anwendbar sind. Dazu sind entsprechende Abschiebungshaft- und Gewahrsamsanstalten einzurichten", heißt es laut dem Zeitungsbericht in dem Papier.

Prognose: 485.000 Ausreisepflichtige

Der Bericht stellt fest, dass die Zahl der Ausreisepflichtigen in Deutschland bis Ende 2017 auf "mindestens 485.000" steigen wird. Dagegen liegt die Prognose für die Ausreisezahlen in diesem und im nächsten Jahr bei jeweils nur 85.000.

Die Kosten für einen Ausreisepflichtigen betrügen 670 Euro im Monat. "Im Jahr 2017 werden die direkten Gesamtkosten damit bei rund drei Milliarden Euro liegen", heißt es in dem Papier.

Angesichts dieser Kosten sei es ratsam, in die Rückführung und besonders in die freiwillige Rückkehr "zu investieren, um die Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland zu verkürzen".

McKinsey schlägt vor an, ein finanzielles Anreizsystems mit höheren Fördersätzen zu schaffen, um die Zahl "freiwilliger Rückkehrer" zu erhöhen.

Eine Abschiebung koste 1500 Euro

Die Kosten einer Rückführung durch die Polizei betragen demnach 1500 Euro im Schnitt, bei einer freiwilligen Rückreise 700 Euro. Laut dem Bericht reichen die bisherigen Bemühungen nicht aus, um dem "erwarteten erheblichen Anstieg der Gesamtzahl der Ausreisepflichtigen in 2017 nachhaltig entgegenzuwirken".

Die momentanen Resultate bei Rückführungen werden dem Papier zufolge als "unzureichend" bezeichnet. Zwischen der Ausreisepflicht und der Ausreise "liegen bei vollzogenen Rückführungen durchschnittlich zwölf Monate, in manchen Fällen sogar rund 4,5 Jahre". Nach Verurteilungen wegen einer Straftat benötige man im Schnitt 20 Monate für eine Ausweisung.

Zurück zu Sachleistungen

Zudem schlägt McKinsey schärfere Regeln für in Deutschland Geduldete vor, die drei von vier Ausreisepflichtigen stellen. Die Behörden sollten künftig nicht mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen Geldzahlungen in Höhe von 135 Euro pro Monat ausgeben.

Geduldete Ausländer, die etwa krank sind oder keine Passpapiere vorlegen, sollen demnach für Essen oder Kleidung statt Geld nur noch Sachleistungen erhalten. Die "finanzielle Flexibilität" könne so "verringert" werden. Zudem empfiehlt McKinsey, denen Leistungen zu kürzen, die zur Klärung ihrer Identität oder zur Beschaffung von Passersatzdokumenten nicht beitrügen.

Rechnungshof kritisiert externe Beratung

Für die Studie kann das Unternehmen nach SPIEGEL-Informationen insgesamt 678 Beratertage in Rechnung stellen. Damit werden 1,86 Millionen Euro fällig.

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte der "Welt am Sonntag", es stelle sich die Frage, "warum man für so viel Geld externen Sachverstand einkauft, der auch in Bundesbehörden und Ministerien zweifellos vorhanden ist".

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte: "Den Bericht hätten Bundes- und Landesbehörden genauso gut erarbeiten können. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Beamten."

Der Rechnungshof kritisierte die teuren Beraterverträge mit Firmen wie McKinsey und Co. bereits im November: Die Bundesregierung nehme deren Dienste zu häufig in Anspruch. Dadurch steige das Risiko der Fremdsteuerung, so das unabhängige Organ der Finanzkontrolle. Übersetzt heißt das: Der Einfluss von Firmen auf die Regierungsarbeit kann dadurch zu groß werden.

sun
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