MdB Jörg Tauss Kinderporno-Fund bringt SPD-Politiker in Erklärungsnöte

Der Druck auf den Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss wächst: Die Staatsanwaltschaft hat in seinem Büro Kinderpornographie beschlagnahmt und sieht ihren ersten Verdacht verstärkt. Der SPD-Politiker hält dagegen: Die Materialien habe er für seinen Job als Medienexperte gebraucht.

Berlin - Der Karlsruher SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss steht nach dem Fund von Kinderporno-Bildmaterial in seinen Räumen unter Erklärungsdruck. Nach Durchsuchungen in Büros und Privatwohnungen des Politikers sagte ein Sprecher der Karlsruher Staatsanwaltschaft am Donnerstag: "Wir sind in Berlin fündig geworden." Es sei "einschlägiges Material" beschlagnahmt worden.

Dies bedeute aber nicht, dass Tauss damit überführt sei. Der Politiker habe das Material mit seiner Tätigkeit als Abgeordneter erklärt. Tauss, der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion ist, sagte der dpa, er könne die Vorwürfe "nicht nachvollziehen".

Für die Staatsanwaltschaft ist nun ein "echter Einstieg in konkrete Ermittlungen" möglich. Tauss müsse erklären, woher das Material stamme. Tauss, der auch Generalsekretär der baden-württembergischen SPD ist, sagte: "Ich beschäftige mich seit Jahren mit dieser Szene." Ob es sich bei den Vorwürfen eventuell um eine "Revanche-Handlung" handele, könne er nicht sagen.

Vor Beginn der Durchsuchung seiner Büros und Privatwohnungen in Berlin und in seinem Karlsruher Wahlkreis war die Immunität des SPD-Politikers am Donnerstagmittag aufgehoben worden. Dem Vernehmen nach hatte sich der Immunitätsausschuss des Bundestages einstimmig dafür ausgesprochen. Tauss gilt als Technik- und Internet-Experte.

Die Ermittlungen begannen nach bisherigen SPIEGEL-Erkenntnissen mit einem Hinweis der Staatsanwaltschaft Bremerhaven. Bei einem Mann, der wegen der Verbreitung von Kinderpornografie beschuldigt wird, fand man zwei Handynummern, die Tauss zugeordnet werden konnten, außerdem seine Berliner Wohnadresse. Insgesamt sollen 23 Kontakte vermerkt sein, unter anderem per SMS und MMS, wobei auch eine Video-Sequenz mit kinderpornografischem Inhalt von Tauss' Handy an den Bremerhavener verschickt worden sein soll. In mindestens einem Fall soll Tauss auch eine DVD von dem Norddeutschen erhalten haben.

Überzeugend für den Immunitätsausschuss war offenbar, dass Tauss sich in einer SMS an den Norddeutschen direkt vor einer Reise seines Bundestagsausschusses in der parlamentarische Sommerpause verabschiedet hatte. Zwei Tage nach seiner Rückkehr meldete er sich bei dem Bremerhavener zurück.

Gegen Tauss waren bereits vor drei Jahren aufgrund einer anonymen Anzeige Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung laut geworden. Beschuldigungen, er habe Honorare aus Vorträgen nicht ordnungsgemäß versteuert, hatten sich jedoch nicht erhärtet.

Tauss gehört seit 1994 dem Parlament an und ist in der SPD-Fraktion Sprecher für Forschung, Bildung und Medien. Die SPD-Landesvorsitzende Ute Vogt sagte in Stuttgart, bis zur vollständigen Aufklärung gelte für Tauss die Unschuldsvermutung. "Persönlich ist es für mich unvorstellbar", fügte sie hinzu.

Der SPD-Politiker trat 1971 den Jusos bei und engagierte sich zunächst vor allem im gewerkschaftlichen Bereich. Eine Zeitlang arbeitete er als freier Journalist und PR-Berater. Nach seiner erfolglosen ersten Bundestagskandidatur 1990 arbeitete Tauss vier Jahre lang als Pressesprecher der IG Metall.

vme/dpa

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