Merkels Antrag "Äußerungen mit antisemitischem Charakter"
Berlin - Als Chefin der Unions-Bundestagsfraktion hat Angela Merkel den Ausschluss des CDU-Abgeordneten Martin
Hohmann aus der Fraktion beantragt. Der Antrag ging den Abgeordneten
von CDU und CSU am Dienstag zu. Das
Papier, das der Nachrichtenagentur AP vorliegt, hat folgenden Wortlaut:
"Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,
gemäß Paragraf 15 der Arbeitsordnung der CDU/CSU-Fraktion der 15.
Legislaturperiode beantrage ich mit Zustimmung des
Geschäftsführenden Vorstandes:
Der Abgeordnete Martin Hohmann wird aus der Fraktion
ausgeschlossen.
Begründung
Der Abgeordnete Hohmann hat in seiner Ansprache zum 3. Oktober
2003 erklärt:
"Meine Damen und Herren, wir haben nun gesehen, wie stark und
nachhaltig Juden die revolutionäre Bewegung in Russland und
mitteleuropäischen Staaten geprägt haben. Das hat auch den
amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson 1919 zu der Einschätzung
gebracht, die bolschewistische Bewegung sei 'jüdisch geführt'. Mit
einer gewissen Berechtigung könnte man im Hinblick auf die Millionen
Toten dieser 1. Revolutionsphase nach der 'Täterschaft' der Juden
fragen. Juden waren in großer Anzahl sowohl in der Führungsebene als
auch bei den Tscheka-Erschießungskommandos aktiv. Daher könnte man
Juden mit einiger Berechtigung als 'Tätervolk' bezeichnen. Das mag
erschreckend klingen. Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit
der man Deutsche als Tätervolk bezeichnet."
Am 4. November 2003 wurde in der ZDF-Sendung 'Frontal 21' ein
Interview mit dem Abgeordneten Hohmann ausgestrahlt, das am 1.
November 2003 aufgenommen worden war. Dort erklärte der Abgeordnete
Hohmann: 'Man muss die Wahrheit, die objektive historische Wahrheit
sagen können. Die muss jeder aushalten. Die haben wir Deutsche
ausgehalten und die müssen auch andere Menschen aushalten können ...
Eine Entschuldigung wäre, glaube ich, ein Signal, dass die Tatsachen
nicht stimmen, die ich angeführt habe. Die Tatsachen sind aber
richtig. Auch in der Geschichte des jüdischen Volkes gibt es dunkle
Flecken. Ein solcher Fleck war die Beteiligung von vielen Juden an
der bolschewistischen Revolution 1917. Dadurch sind viele Menschen
zu Tode gekommen. Das will ich aber nicht als Vorwurf sagen, das
sage ich nur als Feststellung.'
Diese Äußerungen haben antisemitischen Charakter und sind unter
keinen Umständen hinnehmbar. Sie verstoßen gravierend gegen die
Grundsätze der Fraktion und haben ihr in der Öffentlichkeit schweren
politischen Schaden zugefügt.
Der Abgeordnete Hohmann hat in einem wegen der fortdauernden
Kritik an seinen inhaltlich inakzeptablen Äußerungen geführten
Gespräch mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Bosbach und
dem Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer Kauder am 10. November
2003 auf die Frage, ob er das von ihm Gesagte für völlig abwegig und
falsch halte, erklärt, dass er das so nicht erklären könne. Im
Übrigen gehe es in der Politik ohnehin nur um Taktik.
Dadurch ist das Vertrauensverhältnis zwischen der Fraktion und
dem Abgeordneten Hohmann zerstört worden, so dass als letzte
Konsequenz nur sein Ausschluss aus der Fraktion übrig bleibt.
Dr. Angela Merkel"