Die SPD verzichtet auf Sanktionen gegen ihr Parteimitglied Sarrazin: Ein SPD-Schiedsgericht hat einen Ausschluss des früheren Berliner Finanzsenators wegen seiner umstrittenen Äußerungen zur Integration von Ausländern abgelehnt - mahnte ihn aber zur Zurückhaltung.
Berlin - Bundesbank-Vorstandsmitglied
darf trotz seiner umstrittenen Äußerungen zur Integration von Ausländern in der SPD bleiben. Die Landesschiedskommission der Berliner SPD lehnte einen Ausschluss des langjährigen Parteimitglieds ab, wie die SPD am Montag mitteilte.
Ein Kreis- und ein Ortsverband hatten ein Parteiordnungsverfahren gegen Sarrazin auf den Weg gebracht. Der frühere Berliner Finanzsenator hatte sich voriges Jahr im Gespräch mit der Kultur-Zeitschrift "Lettre International" kritisch über in Berlin lebende Türken und Araber geäußert und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Das Parteigericht wertete die Äußerungen zwar als provokant, aber nicht als rassistisch. Sarrazins Äußerungen "sind zwar für die Partei sicherlich problematisch, doch sie können zugleich auch nützlich sein, indem sie die Diskussion voranbringen", heißt es in dem siebenseitigen Beschluss. "Die Volkspartei SPD muss solche provokanten Äußerungen aushalten."
Allerdings ermahnte die Schiedskommission Sarrazin zur Zurückhaltung. Wer von der "Produktion von Kopftuchmädchen" spreche, entferne sich vom humanen und emanzipatorischen Menschenbild der SPD. Sarrazin müsse sich bewusst sein, dass er "keinen Freifahrtschein für alle künftigen Provokationen erhält".
Offen ist, ob sich Sarrazin an die Ermahnung halten wird. Wenn sich die Gelegenheit biete, werde er sich erneut zum Thema Integration äußern, sagte Sarrazin der "Berliner Morgenpost". Er werde selbstverständlich in der SPD bleiben, der er seit 1973 angehöre. Seine Gegner von der Parteilinken müssten prüfen, ob sie noch die Interessen einer Volkspartei vertreten wollen, die den Anspruch habe, die Lebenslagen einer Mehrheit der Menschen widerzuspiegeln. Er warf ihnen vor, "eher für Mehrheiten innerhalb der Partei" zu streiten. Seinem Berliner SPD-Landesverband empfahl er, seine Integrationspolitik realitätstauglich zu machen. "Das gelingt nur, wenn Probleme klar angesprochen und differenziert analysiert werden."
Sarrazin hatte Empörung unter anderem mit dem Satz ausgelöst, eine große Zahl an Arabern und Türken in Berlin habe "keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel". Bundesbank-Präsident Axel Weber hatte die Äußerungen kritisiert und von einem Reputationsschaden für die Zentralbank gesprochen.
Sarrazin wurde daraufhin in der Bundesbank teilweise entmachtet, nachdem er einen Rücktritt abgelehnt hatte. Er ist nur noch für die Bereiche Risiko-Controlling und Informationstechnologie zuständig, aber nicht mehr für den Bargeldumlauf.