Reiselust bei Ramsauer & Co. Die Miles-and-More-Regierung

Alle reden vom Sparen, doch die meisten Mitglieder der Bundesregierung reisen munter durch die Gegend: Elf Häuser haben 2012 ihre Etats für Dienstreisen überzogen. Das Verkehrsministerium von CSU-Mann Peter Ramsauer fällt zum wiederholten Mal negativ auf.
Verkehrsminister Ramsauer: Er gehört zu den Spitzenreisenden der Bundesregierung

Verkehrsminister Ramsauer: Er gehört zu den Spitzenreisenden der Bundesregierung

Foto: CHRISTIAN CHARISIUS/ REUTERS

Berlin - Das Bundesverkehrsministerium ist so etwas wie das Reiseministerium der Regierung: Man ist dort für die deutschen Straßen verantwortlich, den Schienenverkehr, die Flughäfen im Lande. Aber Hausherr Peter Ramsauer ist offenbar auch selbst ein Freund des Reisens. Der Verkehrsminister hat seinen Reiseetat 2012 erneut überzogen - wie schon in den Vorjahren. 17 Mal jettete der CSU-Politiker im vergangenen Jahr durch Europa und die Welt. Unter Ramsauers Zielen waren neben Brüssel, Wien oder Bern so exotische Orte wie Dschidda in Saudi-Arabien, das indische Kalkutta, Peking und die russische Schwarzmeer-Perle Sotschi.

Sogar in die syrische Hauptstadt Damaskus reiste der Verkehrsminister noch im Februar vergangenen Jahres, als das Regime von Präsident Baschar al-Assad bereits mit dem Rücken zur Wand stand.

Aber Reiseminister Ramsauer ist im Kabinett in guter Gesellschaft: Gleich zehn weitere Häuser der Regierung listet das federführende Bundesinnenministerium auf, die im vergangenen Jahr ebenfalls ihre "Sollansätze für Dienstreisen" überschritten haben. Das geht aus der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter hervor, die SPIEGEL ONLINE vorliegt.

Darunter sind Angela Merkels Kanzleramt und unter anderem das Innen- und das Familienministerium. Im Rahmen ihrer Reisebudgets blieben lediglich sechs Häuser: die Ministerien für Arbeit, Justiz, Umwelt, Wirtschaft und Bildung sowie das Bundespresseamt. Die Budgets umfassen allerdings die Reisen aller Beschäftigten der Häuser, nicht nur die der politischen Leitung. Und fairerweise muss man dazu sagen, dass Besuche in anderen Ländern zu den Pflichten einer Regierung gehören - das gleiche gilt für Parlamentarier. Auch an den Auswüchsen der Abgeordneten-Trips gibt es immer wieder Kritik.

Doch die Frage ist, in welchem Rahmen Politiker reisen.

Mit Blick auf die reisefreudigen Häuser der Bundesregierung zeigt sich zudem, dass es um sehr unterschiedliche Etats geht. So belief sich das entsprechende Budget des Innenministeriums von CSU-Mann Hans-Peter Friedrich im vergangenen Jahr auf 2,35 Millionen Euro, die Kosten lagen schließlich bei knapp 2,55 Millionen Euro. Das Familienministerium dagegen hatte im vergangenen Jahr nur einen Reiseetat von 674.000 Euro - tatsächlich kam das Haus der CDU-Politikerin Kristina Schröder 2012 auf 808.000 Euro. Erklärt wird das von ihrem Sprecher mit "gestiegenen Flugkosten, Erhöhung der Fahrpreise durch die Bahn und erhöhten Hotelpreisen".

Zahlen des Verkehrsministeriums zu den tatsächlichen Reisekosten waren zunächst nicht zu erfahren - der Etat für 2012 lag bei 2,526 Millionen Euro. Erst am Mittwochvormittag lieferte das Ministerium dann nach: Demnach wurde das Budget im vergangenen Jahr um knapp 98.000 Euro überzogen. In den Jahren 2009, 2010 und 2011 kam Ramsauers Haus stets auf Reisekosten von über 2,7 Millionen Euro - und lag damit immer über dem Budget. Begründung: Da es sich beim Verkehrsministerium um ein "stark auf internationale Aufgaben ausgerichtetes Ressort handelt, ist der Mittelbedarf für die in diesem Zusammenhang notwendigen und unvorhersehbaren Dienstreisen nicht immer kalkulierbar", so ein Sprecher Ramsauers.

Er habe ja grundsätzlich gar nichts gegen reisende Politiker, sagt Grünen-Mann Hofreiter. "Im Gegenteil - das ist sinnvoll, weil es den Horizont erweitert." Aber er wundere sich schon, "dass immer mehr Häuser ihre Reiseetats überziehen", sagt Hofreiter. "Und es ist schon sonderbar, dass Ramsauer regelmäßig unter den Spitzenreisenden der Regierung ist."

Im sonst so klammen Finanzministerium scheint man gegenüber dem reiselustigen Ramsauer allerdings Großzügigkeit walten zu lassen: Für 2013 wurde der Reisetat des Verkehrsministeriums - offenbar in weiser Voraussicht - auf 2,9 Millionen Euro erhöht.

Mitarbeit: Philipp Wittrock
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