Minutenprotokoll So lief Merkels Euro-Auftritt im Bundestag
Das Europa-Plädoyer von Angela Merkel, die Attacke von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, die Forderungen der Linken: So lief die Debatte - lesen Sie Merkels Rede und die Erwiderungen der Opposition nach im Protokoll:
+++ Trittin: Regierung hat Europa-Skepsis geschürt +++
[13.06 Uhr] Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagt: "Frau Merkel hat Recht, Deutschland geht es gut - aber der Bundesregierung geht es schlecht." Merkel habe in der politischen Führung ihrer Partei versagt. Niemand wisse mehr, wofür die Union steht, so Trittin. Das Notwendige bei der Euro-Rettung habe die Kanzlerin stets zu spät getan. Die Regierung habe anti-europäische Vorurteile in der Bevölkerung geschürt.
+++ Brüderle: Wir müssen Europa richtig gestalten +++
[12.47 Uhr] FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle geht hart mit der Euro-Politik der SPD ins Gericht. Lange hätten die Sozialdemokraten überhaupt keine Meinung zu den Problemen in Griechenland gehabt. SPD-Parteichef Sigmar Gabriel nennt er "Sirtaki-Siggi". Dann habe sich die Partei für Euro-Bonds ausgesprochen, die jedoch eine Pseudo-Lösung seien. Europa brauche Sanktionen für Staaten, die sich nicht an die Regeln halten, so Brüderle.
+++ Gysi fordert öffentlich-rechtliche Banken +++
[12.17 Uhr] Gysi stellt konkrete Forderungen an die Bundesregierung: Banken müssten auf ihre "eigentlichen Funktionen zurückgeführt" werden, sie seien Dienstleistungsunternehmen. "Wir brauchen keine Leerverkäufe", so Gysi. "Haben Sie den Mut sich Ackermann gegenüberzustellen und zu sagen: Wir machen das anders!", sagte der Linken-Politiker in Richtung der Bundesregierung. Die großen privaten Banken müssten öffentlich-rechtlich gestaltet werden, forderte er.
+++ Gysi will Verursacher für die Euro-Krise zur Rechenschaft ziehen +++
[12.05 Uhr] Linken-Fraktionschef Gregor Gysi betritt nach der Kanzlerin das Rednerpult. Er rechnet das Vermögen der Reichsten in Europa vor und fordert: "Die Verursacher müssen für die Krise bezahlen, nicht die Arbeitnehmer und Rentner". Gysi warf Merkel Versagen bei der Regulierung der internationalen Finanzmärkte vor. "Wir haben es mit einer Diktatur der Finanzmärkte zu tun." Es seien die Finanzmärkte, die den Kapitalismus von "innen heraus zerstören", doch die Regierung habe "nicht die Kraft, etwas dagegen zu tun". Hedgefonds und Ratingagenturen würden sogar die USA, Frankreich oder Italien angreifen und alle Dämme niederreißen.
+++ Viel Applaus für Merkel +++
[11.59 Uhr] Die Kanzlerin ist fertig mit ihrer Rede - aber konnte sie die Skeptiker in den eigenen Reihen überzeugen? Auf jeden Fall gibt es langen und kräftigen Applaus für Merkel im Bundestag.
+++ Merkel sieht sich durch Karlsruhe bestätigt +++
[11.57 Uhr] Merkel sieht sich durch das Urteil aus Karlsruhe in ihrem Euro-Kurs gestärkt. Die bisherige Politik sei von Karlsruhe "absolut bestätigt" worden, sagte die Kanzlerin im Bundestag. Das Gericht habe gesagt: Eigenverantwortung und Solidarität in einer transparenten, durchschaubaren Art und Weise, natürlich mit absoluter Mitbestimmung des Parlament. "Das ist genau der Weg, den wir gegangen sind", sagte Merkel, auch wenn dieser kompliziert sei.
+++ Merkel: "Ein Mehr an Europa ist notwendig" +++
[11.53 Uhr] Änderungen in den EU-Verträgen dürften kein Tabu mehr sein, betonte Merkel. Es zeige sich in bisher nicht gekannter Deutlichkeit, dass schon die Probleme eines Landes wie Griechenland, dass zwei Prozent der Wirtschaftskraft der Euro-Zone ausmache, die ganze Währung in Gefahr bringen können. Im EU-Vertrag von Lissabon gebe es bisher keinen Mechanismus, wie mit solchen Krisen umzugehen sind. Der eingeschlagene Rettungsweg sei nicht ohne Risiko, sagte Merkel. Jetzt sei ein Mehr an Europa als Antwort notwendig. "Das wird ein langer, schwieriger, aber ein für die Zukunft richtiger Weg."
+++ Merkel: "Euro-Bonds sind der Weg in die Schuldenunion" +++
[11.48 Uhr] Kanzlerin Merkel hat ihre ablehnende Haltung zu Euro-Bonds bekräftigt. "Euro-Bonds sind der Weg in die Schuldenunion. Wir wollen eine Stabilitätsunion", sagte Merkel im Parlament.
+++ Trittin: "Niederlage für den D-Mark-Chauvinismus" +++
[11.46 Uhr] Für die Grünen ist das Karlsruher Urteil zu den deutschen Euro-Hilfen ein Erfolg. "Das Urteil ist eine Niederlage für den D-Mark-Chauvinismus und zugleich eine gute Nachricht für Europa, denn es stellt klar, dass die Griechenland-Hilfen und der Euro-Rettungsschirm rechtens sind", so Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin in Berlin. Zugleich habe das Gericht die Rechte des Parlaments gestärkt. Auch darin sähen sich die Grünen in ihrer Haltung bestätigt.
+++ Merkel: "Der Euro ist der Garant eines einigen Europas" +++
[11.37 Uhr] Kanzlerin Merkel hat in ihrer Rede vor dem Bundestag die Bedeutung des Euro betont. "Der Euro ist der Garant eines einigen Europa", sagte die CDU-Politikerin. Scheitere der Euro, dann scheitere auch Europa, mahnte die Regierungschefin. "Er darf nicht scheitern, und er wird nicht scheitern." Die hohe Verschuldung einzelner Länder sei die Hauptursache der Krise in der Euro-Zone. Die Gründerväter hätten Europa mit "Mut und vielen Risiken" gebaut - "nicht nur für sich, sondern für die zukünftigen Generationen". "Jetzt ist es an uns, diese Erfolgsgeschichte fortzuschreiben."
+++ Kanzlerin Merkel: "Deutschland geht es gut" +++
[11.27 Uhr] Angela Merkel (CDU) hat ihren mit Spannung erwarteten Auftritt im Bundestag begonnen. Zunächst ging die Regierungschefin in ihrer Rede auf die wirtschaftliche Lage in Deutschland ein. Dem Land gehe es "im Sommer des Jahres 2011 gut, das ist Grund zur Freude." Deutschland sei "wieder die Wachstumslokomotive in der Europäischen Union", sagte die Kanzlerin unter dem Applaus der Koalitionsfraktionen.
+++ Steinmeier: "Bringschuld der Regierung" +++
[11.21 Uhr] Steinmeier fordert im Bundestag von Union und FDP ein Konzept zur Parlamentsbeteiligung bei Euro-Rettungsaktionen. "Das ist eine Bringschuld der Regierungsfraktionen, nicht eine Holschuld der Opposition."
+++ Leutheusser-Schnarrenberger: "Das Königsrecht des Parlaments ist heute gestärkt worden" +++
[11.06 Uhr] Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Euro-Rettungsmaßnahmen. "Das Königsrecht des Parlaments, über Einnahmen und Ausgaben des Staates zu entscheiden, ist heute gestärkt worden", sagte die FDP-Politikerin in Berlin. Es sei richtig, die demokratisch gewählten Vertreter des Bundestags noch enger in die Entscheidungen zur Euro-Rettung einzubinden.
+++ Steinmeier wirft Bundesregierung fehlende Linie in der Europapolitik vor ++++
[11.01 Uhr] SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat die Europapolitik der Bundesregierung kritisiert. "Wir erleben eine Politik des periodischen Dementis", sagte Steinmeier im Bundestag. So habe die Regierung vor rund einem Jahr zunächst erklärt, kein Geld für das kriselnde Griechenland zahlen zu wollen. "Dann flossen Milliarden." Später habe es geheißen, der Euro-Rettungsschirm werde nie gebraucht. "Dann kamen Irland und Portugal." Jetzt habe Finanzminister Wolfgang Schäuble Euro-Bonds ausgeschlossen. "Herr Schäuble, Sie dürfen sich nicht wundern, wenn das wie eine Ankündigung gemeinsamer Anleihen verstanden wird", sagte Steinmeier. "Keine Ihrer Botschaften hat länger als sechs Monate gehalten", die Bundesregierung habe keine gemeinsame Linie in der Europapolitik.
+++ FDP-Haushälter Fricke: "Gericht erteilt Euro-Bonds klare Absage" +++
[10:57] FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke sieht in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den umstrittenen Griechenland-Hilfen auch ein Votum gegen die Einführung von Euro-Bonds. "Damit ist nun auch gerichtlich klargestellt, dass es keine Blankovollmacht für die Bundesregierung bei der Euro-Stabilisierung geben darf", sagte der haushaltspolitische Sprecher und Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion der Nachrichtenagentur Reuters. "Auch erteilt das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil der Einführung von Euro-Bonds eine klare Absage, da hierdurch unabsehbare Belastungen auf den Bundeshaushalt zukommen könnten."
+++ Bosbach begrüßt Urteil +++
[10:44] Einer der prominentesten Kritiker der Ausweitung des Euro-Rettungsschirms, der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach, hat das Euro-Urteil des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich begrüßt. "Wir haben dieses Urteil erwartet", sagte Bosbach in der ARD. Das letzte Wort über künftige Rettungsaktionen habe jetzt der Bundestag, da die Bundesregierung nicht ohne Zustimmung des Haushaltsausschusses handeln dürfe. Dadurch trügen die Abgeordneten künftig auch mehr Verantwortung. "Das begrüße ich ausdrücklich."
+++ Bundesverfassungsgericht billigt EU-Rettungsschirm +++
[10:10] Niederlage für die Kläger: Das Bundesverfassungsgericht hat die Griechenland-Hilfe und den EU-Rettungsschirm gebilligt. Künftige Hilfen haben die Richter in Karlsruhe jedoch an die Vorgabe gekoppelt, dass der Haushaltsauschuss des Bundestages jedem Schritt zustimmen muss. Die drei Verfassungsbeschwerden von EU-Kritikern blieben damit weitgehend erfolglos.
+++ Westerwelle attackiert Opposition +++
[10:00] Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat in der Diskussion über die Euro-Krise die Opposition scharf angegriffen. "In ganz Europa ist man der Überzeugung, dass man einer Schuldenkrise nicht mit neuen Schulden begegnen kann", sagte Westerwelle in der Haushaltsdebatte des Bundestags. "Nur die deutsche Opposition hat es nicht begriffen." "Wir wollen keine Schuldenunion, wir wollen eine Stabilitätsunion", fügte der Außenminister hinzu.
+++ Euro erholt sich leicht +++
[09:41] Der Euro hat sich vor dem mit Spannung erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Griechenland-Rettung leicht erholt. Am Morgen kostete die Gemeinschaftswährung 1,4060 US-Dollar und damit rund einen halben Cent mehr als am späten Vorabend. Ein Dollar war zuletzt 0,7112 Euro wert. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagmittag auf 1,4099 Dollar festgesetzt.