Mitgliederentscheid Genscher warnt Liberale vor Anti-Euro-Votum

Ex-Minister Genscher: "Fallen Sie der Kanzlerin nicht in den Rücken"
Foto: Hermann J. Knippertz/ APBerlin - Der frühere FDP-Vorsitzende Hans-Dietrich Genscher hat die Mitglieder seiner Partei in außergewöhnlich eindringlichem Ton vor einem Anti-Europa-Votum beim laufenden Mitgliederentscheid gewarnt. "Nach dem Zweiten Weltkrieg entschied unser Land mit seinem Bekenntnis zum Westen die Grundrichtung für Nachkriegseuropa. Heute ist es die Entscheidung für die europäische Fiskal- und Stabilitätsunion", schreibt der ehemalige Außenminister in einem Beitrag für die "Bild"-Zeitung. Es sei eine Richtungsentscheidung, der sich in Deutschland nur die Linkspartei entgegenstelle. "Dort ist nicht der Platz der FDP. Deutschland ist und bleibt das europäische Deutschland", so Genscher.
Der FDP-Ehrenvorsitzende appelliert an die Parteimitglieder: "Fallen Sie der Bundeskanzlerin und unseren FDP-Ministern nicht in den Rücken, wenn diese dabei sind, Europa und unsere Europäische Währung zukunftsfähig zu machen!" Es gehe bei dem Entscheid auch um die Zukunftsfähigkeit der Liberalen in Deutschland.
Noch zwei Wochen haben die FDP-Mitglieder Zeit, um bei dem Entscheid zum erweiterten Euro-Rettungsschirm ESM ihre Stimme abzugeben. Bislang sind nach Angaben der Partei 11.400 Antworten eingegangen. "Der Rücklauf ist stetig, so dass wir davon ausgehen, dass wir das Quorum erreichen werden", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Montag.
Mindestens ein Drittel oder 21.500 Parteimitglieder müssen sich bis zum 13. Dezember äußern, damit das Votum der Mehrheit wie ein Parteitagsbeschluss zu werten ist. Das Ergebnis soll es drei Tage später geben. Da alle Rückläufer erst nach Ablauf der Frist geöffnet und ausgezählt werden, sind vorläufige Aussagen über den Meinungstrend nicht möglich.
Die Befragung war von den "Euro-Rebellen" um den FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler initiiert worden. In der FDP wächst laut SPIEGEL die Sorge, dass Schäffler tatsächlich gewinnen könnte und die Mehrheit gegen den ESM-Rettungsschirm stimmt. Die Spitze der Liberalen versucht nun alles, um das zu verhindern und die Basis vom Vorstandskurs zu überzeugen - auf insgesamt 200 Treffen mit der Basis.