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Anna Clauß

Monarchie Tanz, Kanzler, tanz!

Anna Clauß
Eine Kolumne von Anna Clauß
Andere Länder haben Königsfamilien, die Deutschen haben Olaf Scholz. Durchschnittlichkeit ist in der Politik hierzulande Trumpf. Aber wie lange noch?
aus DER SPIEGEL 14/2023
König Charles III., Kanzler Scholz (r.)

König Charles III., Kanzler Scholz (r.)

Foto: Kay Nietfeld / picture alliance / dpa

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Wenn der König kommt, darf der Kanzler nicht fehlen! So sieht es die britische Presse. Die Zeitung »The Times« jedenfalls wunderte sich, dass Olaf Scholz am Dinner in Schloss Bellevue zu Ehren von König Charles III. bei dessen Deutschlandbesuch nicht teilnahm. Mich verblüffte ein anderes Detail der Gästeliste: Geladen war unter anderem die aus der Casting-Show »Let’s dance« bekannte Tänzerin Motsi Mabuse. Offenbar ist Charles Fan der britischen Casting-Sendung »Strictly Come Dancing«, wo Mabuse ebenfalls als Jurorin tätig ist.

Aus: DER SPIEGEL 14/2023

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Ein König, der sich abends auf dem Sofa herzlich über den verunglückten Cha-Cha-Cha eines B-Promis amüsieren kann? Diese Vorstellung ließ den Royal in meiner Wertschätzung schlagartig steigen. Bodenständigkeit von Herrschenden ist etwas, das ich sympathisch finde.

Das ist typisch deutsch. Wir schätzen Merkels Kartoffelsuppe, Kohls Saumagen, Kretschmanns Waschlappen, Söders verbeulte Obelix-Hosen, Habecks Dreitagebart, Wagenknechts immer gleiche Frisur. Ein Finanzminister, der auf Sylt heiratet, fällt da völlig aus dem Rahmen.

Olaf Scholz wurde sicher nicht deshalb Kanzler, weil er sich auf Staatsbanketten so gern mit Promis umgibt. Sein eigener Glamourfaktor liegt eher unter der Fünfprozenthürde. Dem Steckbrief auf seiner Homepage kann man entnehmen, dass er am besten entspannen kann »beim Joggen. Und beim Essen«. Hat der Mann ein einziges spannendes Hobby?

Schon klar, in Zeiten wie diesen stellen sich andere Fragen. Bei der Regierungsbefragung diese Woche im Bun­destag musste Scholz unter anderem erklären, was es mit dem »Deutschlandtempo« auf sich hat, mit dem der Kanzler gegen Stillstand und Bürokratie vorgehen will. Da kann er schlecht zum Staatsbankett gehen und sich seine wert­volle Zeit vom König stehlen lassen. »Strictly Come Dancing«? Zuerst kommt die Energiewende! So scheint es Scholz zu sehen. Und so erwarten es vermutlich auch viele Wählerinnen und Wähler.

Könnten die nüchternen Auftritte deutscher Politiker nicht ein bisschen mehr Pathos vertragen?

Wer aber das Blitzlichtgewitter vorm Brandenburger Tor, die Jets am Himmel, das ganze Spektakel rund um den royalen Besuch in Deutschland verfolgt hat, der fragt sich am Ende doch: Könnten die nüchternen Auftritte deutscher Politiker nicht ein bisschen mehr Pathos vertragen? So wie es die Franzosen oder die Amerikaner oder eben die Royals hinkriegen. Bodenständigkeit, schön und gut. Aber ist der Große Zapfenstreich wirklich das Maximum an Show, das sich die Politik hierzulande genehmigt? Bei Christine Lambrechts Entlassung als Verteidigungsministerin diese Woche wurden im Schein der Fackeln hessische Märsche und Schlager gespielt.

Es muss ja nicht gleich ein Königshaus für Deutschland her. Aber könnte bitte jemand bei der nächsten Regierungserklärung Olaf Scholz fragen, ob er eigentlich tanzen kann? Vielleicht einen Walzer? Im Deutschlandtempo.

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