Mord an Samuel Yeboah Tatverdächtiger demonstrierte mit NSU-Terroristen

Anschlagsort in Saarlouis 1991
Foto: Landespolizeipräsidium SaarlandIn einem jahrzehntelang ungelösten Verbrechen zeichnet sich eine Wende ab. Bei dem nun ermittelten Verdächtigen im Mordfall Samuel Yeboah handelt es sich um einen einst szenebekannten Rechtsextremisten aus Saarlouis. Das ergaben Recherchen des SPIEGEL, die in Sicherheitskreisen bestätigt wurden.
Die Bundesanwaltschaft wirft dem heute 49-Jährigen vor, im September 1991 einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im saarländischen Saarlouis verübt zu haben, bei dem der 27-jährige Ghanaer Samuel Yeboah ums Leben kam und zwei Bewohner der Unterkunft schwer verletzt wurden.

Anschlagsopfer Yeboah
Foto:Landespolizeipräsidium Saarland
In den Neunzigerjahren bekannte Größe in der Neonaziszene in Saarlouis
Am Donnerstag durchsuchten Ermittler die Wohnung und den Arbeitsplatz des mutmaßlichen Täters. Festgenommen wurde der Verdächtige vorerst nicht, laut Bundesanwaltschaft waren die Voraussetzungen für einen Haftbefehl nicht erfüllt. Sein Name ist dem SPIEGEL bekannt. Er selbst war für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen zunächst nicht erreichbar.
Nach SPIEGEL-Informationen gehörte der Mann in den Neunzigerjahren zu den bekanntesten Neonazis in Saarlouis. Damals hatte sich in der saarländischen Stadt eine größere rechtsextreme Szene gebildet. Zwischenzeitlich firmierten die Neonazis unter dem Namen »Kameradschaft Horst Wessel«.
Ein Foto aus dieser Zeit zeigt den Tatverdächtigen im Mordfall Yeboah inmitten eines Pulks von Skinheads mit Springerstiefeln. Bei rechtsextremen Demonstrationen soll er mitunter als Ordner fungiert haben. Im Oktober 1992 soll er zudem an einem Übergriff auf einen Studenten in Saarbrücken beteiligt gewesen sein.
Im Gewahrsam mit Zschäpe und Mundlos
Wie eng er in die militante Neonaziszene eingebunden war, zeigt seine Beteiligung an einem Rudolf-Heß-Gedenkmarsch im August 1996 im rheinland-pfälzischen Worms. Damals waren gut 200 Neonazis zu einer unangemeldeten Kundgebung aufmarschiert, um dem Hitler-Stellvertreter an seinem Todestag zu huldigen. Eine halbe Stunde konnten die Neonazis durch die Wormser Innenstadt ziehen und Parolen grölen. Angeführt wurde der Aufmarsch vom späteren NPD-Chef Holger Apfel.
Die Polizei nahm Dutzende Neonazis über Nacht in Gewahrsam. Auf der Liste der Männer und Frauen, die damals von der Polizei erkennungsdienstlich behandelt wurden, stehen neben dem heute 49-Jährigen auch die beiden späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Beate Zschäpe sowie deren Unterstützer Ralf Wohlleben.
Hinweise auf einen möglichen rechtsextremen Hintergrund des Mordanschlags auf Yeboah im Jahr 1991 hatte es bereits kurz nach der Tat gegeben. Das Verbrechen reihte sich in eine Kette von Anschlägen auf Asylbewerberheime Anfang der Neunzigerjahre in der Region. Doch ein knappes Jahr nach dem Mord schloss die Staatsanwaltschaft vorerst erfolglos ihre Akten.
Im vergangenen Sommer, 29 Jahre nach dem Anschlag, wurde bekannt, dass die Ermittler das Mordverfahren neu aufgerollt haben. Weil »gravierende Anhaltspunkte für einen rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Hintergrund des Anschlags« vorlagen, übernahm der Generalbundesanwalt in Karlsruhe den Fall.