Mügelner Bürgermeister "Ich bin stolz, Deutscher zu sein"
Berlin - Gotthard Deuse bringt sich mit dem Interview weiter in Bedrängnis. Er versucht verzweifelt, den Vorfall zu verharmlosen und von einem rechtsextremistischen Hintergrund zu befreien. Der Mügelner Bürgermeister beklagt "die Vorverurteilung" seiner Stadt durch Medien und Politik in der rechtsgerichteten Zeitung "Junge Freiheit": "Urteilen, ohne die Fakten zu kennen! Diese Definition passt auch auf Mügeln, insofern sehe ich Mügeln in der Tat als neues Sebnitz."
Die sächsische Stadt Sebnitz war im November 2000 in die Schlagzeilen geraten, als die "Bild"-Zeitung auf der Titelseite berichtete, dass der sechsjährige Joseph Abdullah in einem Freibad von Rechtsradikalen ertränkt worden sei. Andere Medien griffen das Thema auf. Später stellte sich heraus, dass der Junge einem Badeunfall zum Opfer gefallen war.
Zu den Ursachen der Ausschreitungen sagte FDP-Politiker Deuse: "Ich sage klipp und klar: Rechtsextremismus schließe ich aus." Er beklagte zudem, dass die Deutschen ihren Nationalstolz nicht zeigen dürften und fügte hinzu: "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein."
Zugleich warf Deuse hochrangigen Politikern vor, sie hätten "giftige Parolen" gegen Mügeln gestreut. Sachsens Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau wisse offenbar nicht, "wovon sie spricht", sagte er. Ex-Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sei entweder uninformiert oder "entschieden böswillig". Er fügte hinzu, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "steht eben auch unter Druck", und von dem für den Aufbau Ost zuständigen Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) "bin ich enttäuscht".
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel distanzierte sich von den Äußerungen seines Parteifreundes. Bürgermeister Deuse sei selbst dafür verantwortlich, was er wem sage, sagte er und betonte zugleich: "Für die FDP sage ich: Es darf keinerlei Relativierung von Gewalttaten und ausländerfeindlicher Gesinnung geben. Für alle Demokraten gehört das zu den Grundsätzen einer weltoffenen und toleranten Gesellschaft."
Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, fordert den Rücktritt des sächsischen Kommunalpolitikers. "Der Bürgermeister von Mügeln muss weg", sagte sie in Berlin. Seine Äußerungen in dem Blatt seien eine "unverantwortliche Verharmlosung und faktisch eine Unterstützung von Hatz und Fremdenfeindlichkeit".
Neue Zeugen
Zu dem Vorfall selbst haben sich inzwischen neue Zeugen gemeldet. Demnach gingen die gewalttätigen Ausschreitungen gegen acht Inder vor knapp zwei Wochen bei einem Stadtfest in Mügeln von einer Gruppe von Deutschen aus. Zwei deutsche Augenzeugen schilderten der "Berliner Zeitung", dass die Inder in der Tatnacht das Festzelt verlassen hätten, nachdem sie dort bedroht worden seien. Anschließend seien sie vor dem Zelt auf eine große Gruppe Deutscher getroffen, die unmittelbar angefangen hätten, auf sie einzuprügeln. Die Inder seien auch mit Flaschen und Pfefferspray attackiert worden.
Die Inder seien schließlich in eine nahegelegene Pizzeria geflüchtet. Aus der sie verfolgenden Menge seien rechtsradikale Parolen wie "Ausländer raus!", "Türkenschweine raus!" und "Hier regiert der nationale Widerstand!", gebrüllt worden, so die Zeugen. Einige der Schläger seien aus Mügeln gewesen, andere verkehrten in einem als Neonazitreffpunkt bekannten Lokal aus dem nahegelegenen Oschatz, heißt es.
Eine deutsche Angestellte der Pizzeria sei bereits zu Beginn der Eskalation vor dem Festzelt als "Ausländerschlampe" beschimpft worden, weil sie gemeinsam mit der Gruppe der Inder im Zelt getanzt habe. Von der zuständigen Polizeidirektion gibt es bisher noch keine Bestätigung dieser Zeugenaussagen.
Die Ausschreitungen in der Nacht zum 19. August wurden schließlich von einer alarmierten Einsatzbereitschaft der Polizei beendet. Nach Polizeiangaben wurden bei dem Gewaltexzess insgesamt 14 Menschen zum Teil schwer verletzt, darunter sieben Inder und drei Polizeibeamte.
ler/ddp