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Attacke in Münster Täter soll psychische Probleme gehabt haben

Bei einem Angriff mit einem Kleinbus in Münster sind Dutzende Menschen verletzt worden. Drei Personen starben, darunter der Fahrer. Es soll sich um einen Deutschen handeln, der psychisch auffällig war.

In Münster ist am Samstag ein Mann mit einem Kleinbus in eine Menschenmenge gerast. "Es gibt Tote und Verletzte", teilte die Polizei mit. Die Tat ereignete sich um 15.27 Uhr am Denkmal "Kiepenkerl", an einem Platz mitten in der historischen Altstadt mit ihren vielen schmalen Gassen.

Die Polizei berichtete, dass ein Kleinbus in eine Gruppe sitzender Personen gefahren sei, die vor dem beliebten Traditionsgasthaus "Großer Kiepenkerl" an Tischen saßen. Aufnahmen, die in den sozialen Netzwerken kursieren, zeigen Bilder von zerstörten und umgefallenen Stühlen im Außenbereich des Restaurants.

Die "Westfälischen Nachrichten" melden unter Berufung auf Augenzeugen, der Kleinlaster sei aus Richtung Innenstadt kommend mit hoher Geschwindigkeit in das Kiepenkerlviertel gefahren. Unter den Passanten sei Panik ausgebrochen.

Was ist über die Opfer bekannt?

Laut Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) starben insgesamt drei Menschen, darunter auch der mutmaßliche Täter. Zunächst war von vier Toten die Rede gewesen. Die Polizei konnte noch keine Angaben machen, wer die beiden Toten seien. Sie habe dazu keine Informationen, sagte eine Sprecherin. Das Restaurant "Großer Kiepenkerl" teilte mit, dass niemand aus dessen Team verletzt wurde. Die "Westfälischen Nachrichten" hatten zuvor berichtet, dass es sich bei den beiden Toten um Angestellte des Restaurants handele.

Eine Polizeisprecherin sprach von 20 Verletzten, sechs von ihnen seien schwer verletzt, einige schwebten in Lebensgefahr. Zuvor hatten die Behörden von mindestens 30 Verletzten gesprochen (verfolgen Sie hier die Ereignisse im Newsblog.). Die "Westfälischen Nachrichten" zitieren einen Vertreter der Feuerwehr, nach dessen Angaben etwa 50 Personen betroffen seien.

Am ersten wirklich warmen Frühlingstag waren sehr viele Menschen aus der gesamten Region in der Altstadt Münsters unterwegs. Der "Kiepenkerl" ist ein Standbild eines reisenden Händlers aus dem Münsterland und ein Wahrzeichen der Stadt mit rund 300.000 Einwohnern. Die beiden Restaurants "Großer Kiepenkerl" und "Kleiner Kiepenkerl" sind bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebt.

Fotostrecke

Auto fährt in Menschenmenge: Tote und Verletzte in Münster

Foto: Martin Meissner/ AP

Wer ist der Täter?

Laut Polizei erschoss sich der Täter nach dem Angriff selbst. Die Tat ist nach Angaben des NRW-Innenministers Reul von einem Deutschen begangen worden. Es spreche zudem "im Moment nichts dafür, dass es irgendeinen islamistischen Hintergrund gibt", sagte der CDU-Politiker. Laut Nachrichtenagentur dpa handelte es sich möglicherweise um einen psychisch labilen Einzeltäter.

Nach SPIEGEL-Informationen ist der Täter ein Mann aus Münster: Der 48-jährige Jens R. soll in der Vergangenheit schon einmal psychisch auffällig geworden sein. Die Polizei durchsucht derzeit die Wohnung des Industriedesigners in der Münsteraner Innenstadt. Sie prüft dabei auch, ob sich dort Sprengstoff befindet. R. ist den Behörden bislang nicht als Extremist aufgefallen.

Die nordrhein-westfälischen Behörden prüfen nach SPIEGEL-Informationen dennoch einen möglichen Zusammenhang mit einem ähnlichen Ereignis am Freitagabend im brandenburgischen Cottbus. Dort war ein Geländewagen in eine Menschenmenge gefahren, zwei Personen wurden verletzt. Die Polizei suchte in diesem Zusammenhang zunächst nach einem 25-Jährigen, der Beamten zuvor bei einer Kontrolle aufgefallen war, weil er betrunken rechte Parolen rief. Der Gesuchte konnte jedoch nicht gefasst werden.

Besteht noch Gefahr?

Zwischenzeitlich gab es Gerüchte, wonach zwei weitere Menschen aus dem Transporter gesprungen und geflüchtet sein könnten. Eine Polizeisprecherin erklärte nun Reuters zufolge, es werde nicht nach weiteren Verdächtigen gesucht. Die Gefahr sei gebannt.

Die Ermittler suchen derweil nach Sprengstoff. Der Tatort wurde weiträumig abgesperrt. In dem Kleinlaster hat die Polizei nach eigenen Angaben einen verdächtigen Gegenstand gefunden. Um was für einen Gegenstand es sich handele und ob davon eine Gefahr ausgehe, müsse nun geklärt werden.

SPIEGEL-Reporter Rafael Buschmann berichtet aus Münster: Eine Wohnung in der Nähe des Hauptbahnhofs, nur wenige Kilometer vom Anschlagsort entfernt, wurde von einem Sondereinsatzkommando der Polizei durchsucht. Dafür mussten viele Anwohner ihre Häuser verlassen, sie beobachteten den weiteren Polizeieinsatz aus sicherer Entfernung. Bei der Wohnung soll es sich um die Meldeadresse des mutmaßlichen Täters handeln.

Gegen 20 Uhr war aus der Wohnung ein lauter Knall zu vernehmen, möglicherweise nahmen die Ermittler eine sogenannte kontrollierte Sprengung eines Gegenstands vor. Danach gingen mehrere weitere Ermittler in die Wohnung. Der Einsatz, der auch von drei großen Feuerwehrwagen begleitet wurde, zog sich noch bis in die Nacht hinein.

Wie sind die Reaktionen?

Die Bundesregierung spricht ihr Mitgefühl aus. "Furchtbare Nachrichten aus Münster", teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer über Twitter mit. "Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen." Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles wandte sich ebenfalls an die Angehörigen und Opfer. "Ich bin erschüttert über die Nachrichten, die uns aus Münster erreichen", sagte sie. "Ich hoffe, dass unsere Behörden schnell Klarheit über die Hintergründe dieses Vorfalls gewinnen können und wünsche den Einsatzleuten vor Ort viel Kraft für ihre Arbeit."

Weitere Reaktionen auf die Attacke in Münster lesen Sie hier.

Mit Material von AFP, dpa und Reuters
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