Nach Wahlkampf-Übergriffen Politiker diskutieren NPD-Verbot

Die Angriffe von mutmaßlichen Rechtsextremen auf Wahlkämpfer in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern haben die Debatte über ein Verbot der NPD neu entfacht. Sowohl SPD als auch CDU meldeten Übergriffe von Neonazis.

Berlin - Ein neues NPD-Verbotsverfahren sei frühestens im Jahre 2010 sinnvoll, sagte der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy. Nach dem vor drei Jahren vor dem Bundesverfassungsgericht gescheiterten Verfahren habe ein neuer Versuch derzeit keine Aussicht auf Erfolg, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses dem "RBB-Inforadio". "Die drei Richter, die damals dafür gesorgt haben, dass das Verfahren nicht zum Abschluss gebracht werden konnte, sind bis 2010 überwiegend im Amt", sagte Edathy: "Die Anforderungen, die sie gestellt haben, nämlich Abschaltung aller Informationsquellen, sind so lebensfern und auch so brandgefährlich für die Sicherheit des Staates, dass man sie nicht wird einhalten können."

Auch SPD-Vorstandsmitglied Niels Annen warnte gegenüber der Nachrichtenagentur ddp vor Aktionismus. Für ein neues Verfahren müsse "die richtige Zeit" abgewartet werden, um "eine neue Pleite" zu verhindern. Er sei jedoch dafür, alle gesetzlichen Möglichkeiten gegen Neonazis auszuschöpfen auch auf die Gefahr hin, dass Extremisten in den Untergrund gehen. Annen sagte, die NPD habe ihre zeitweilige "Nadelstreifenanzug- und Biedermann-Strategie" aufgegeben. Die Militanz der rechten Szene und das neue Selbstbewusstsein der Rechtsextremisten würden unterschätzt. Sie gäben sich "keine Mühe mehr, die Gewaltbereitschaft zu verschleiern".

Die SPD-Wahlkampfhelfer wurden in Berlin-Marzahn angegriffen. Die beiden 23-jährigen Männer hatten am Freitagabend Plakate angebracht, als sie von zwei Männern angepöbelt wurden. Die Wahlhelfer flüchteten, einer wurde verfolgt. Als er stürzte, traten ihm die Angreifer gegen den Kopf. Nachdem die Täter von ihm abließen, flüchtete er in ein Haus und alarmierte die Polizei. Die Feuerwehr brachte den Mann mit Kopfverletzungen in ein Krankenhaus. Später wurden die Tatverdächtigen festgenommen. Der Staatsschutz ermittelt.

Die Berliner CDU berichtete, dass Wahlkampfveranstaltungen im Stadtteil Neukölln durch den "rechten Mob" gestört worden seien. Anhänger der NPD hätten versucht zu stören und Bürgern Angst und Schrecken einzujagen, sagten die CDU-Politiker Frank Henkel und Sascha Steuer. Bereits an den vergangenen Tagen hatte es mehrere ähnliche Vorfälle im Berliner Wahlkampf gegeben.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil verurteilte den Angriff auf die Wahlhelfer seiner Partei als "feige und niederträchtig". Heil betonte in der "Bild am Sonntag": "Brutale Nazischläger gehören nicht ins Parlament, sondern vor Gericht." Wahlkämpfer anderer Parteien würden von NPD-Leuten "umstellt, fotografiert, gefilmt und verbal eingeschüchtert". Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sprach angesichts des Vorfalls von einer "Zumutung für die Demokratie".

Die NPD tritt bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin an, die beide am 17. September stattfinden. Laut Umfragen haben die Rechtsextremen in Mecklenburg-Vorpommern gute Chancen, den Einzug in den Landtag zu schaffen.

als/ddp

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