Fotostrecke

Mögliche Wulff-Nachfolger: Die Schloss-Anwärter

Foto: Maurizio Gambarini/ dpa

Nachfolge für Bellevue Auch Lammert sagt als Präsidentenkandidat ab

Die Suche nach einem Kandidaten für Schloss Bellevue gestaltet sich schwierig. Erst sagte der Top-Jurist Voßkuhle ab, nun fällt auch noch Bundestagspräsident Lammert aus. Nach Angaben aus Koalitionskreisen lehnte der CDU-Mann die Nachfolge Christian Wulffs ab.

Berlin - Es hätte alles so einfach sein können - ist es aber nicht. Ein Kandidat nach dem anderen sagt die Wulff-Nachfolge ab. Zunächst hatte am Samstag Andreas Voßkuhle abgelehnt, Präsident des Verfassungsgerichts in Karlsruhe. Am Nachmittag folgte dann die Meldung, dass ein weitere Top-Kandidat, Bundestagspräsident Norbert Lammert, nach Angaben aus Koalitionskreisen nicht zur Verfügung stehe. Lammert habe abgesagt, bestätigte eine Quelle aus dem Umfeld der Koalition SPIEGEL ONLINE.

Nun drängt die Zeit bei der Suche nach einem Kandidaten, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat es eilig. Ein Treffen der Koalitionsspitzen wird vermutlich am Sonntag stattfinden, am Abend könnte sich Schwarz-Gelb dann mit SPD und Grünen zusammensetzen, um die Frage zu erörtern, wer dem zurückgetretenen Christian Wulff im Amt des Bundespräsidenten nachfolgen soll.

Ein Name, der nun noch im Rennen ist, ist der von Wolfgang Huber, einst Vorsitzender des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland und ehemaliger Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Details zu einer möglichen Kandidatur sind allerdings bisher nicht bekannt.

In den Kreisen der Opposition wurde am Samstag davon ausgegangen, erneut mit dem früheren Kandidaten Joachim Gauck in die Gespräche zu gehen. Sollte die Koalition ihn nicht wollen, müsse sie dann einen Kandidaten präsentieren, der zumindest das Format Gaucks aufweisen könne, hieß es. Das würde womöglich Huber nicht ausschließen.

"Hoffnungsvolles Zeichen"

Am Vormittag hatten die Spitzen der schwarz-gelben Koalition rund zwei Stunden im Kanzleramt über die Nachfolge Wulffs beraten. Ergebnisse des Treffens wurden zunächst nicht bekannt. Die Tatsache, dass das Gespräch schon lange vor der zunächst angesetzten Zeit zu Ende war, wurde in Koalitionskreisen als "hoffnungsvolles Zeichen" gewertet. Bereits am Freitagabend hatten die drei Parteichefs von CDU, CSU und FDP - Angela Merkel, Horst Seehofer und Philipp Rösler - allerdings schon vier Stunden miteinander beraten, am Samstagvormittag kamen die Fraktionschefs der Koalition hinzu. Laut dpa gibt es in der Koalition aber auch nach dem zweistündigen Treffen der Partei- und Fraktionsspitzen mit der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel noch Beratungsbedarf - was mit der Absage Voßkuhles zusammenhängen könnte.

Im Vorfeld hatten sich Union und FDP das Ziel gesetzt, nicht ohne einen gemeinsamen Vorschlag für die Wulff-Nachfolge auseinanderzugehen, der dann SPD und Grünen präsentiert werden soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündigt, den nächsten Bundespräsidenten im Konsens mit SPD und Grünen wählen zu lassen.

Christian Wulff hatte am Freitag mit sofortiger Wirkung sein Präsidentenamt aufgegeben. Der 52-Jährige zog damit die Konsequenzen aus der Affäre um mögliche Vergünstigungen von befreundeten Unternehmern, die sich seit Mitte Dezember hinzog.

Gauck in der Gunst der Bürger vorne

Nach dem Rücktritt Wulffs hatte Kanzlerin Angela Merkel angekündigt, bei der Suche nach einem Nachfolger auf die Opposition zuzugehen. SPD und Grüne haben mit ihrer Einladung zu einer gemeinsamen Pressekonferenz signalisiert, bei der Aufstellung eines Kandidaten wie schon im Jahr 2010 gemeinsam vorzugehen. Damals favorisierten die beiden Parteien den früheren DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck, der Wulff bei der Wahl unterlag.

Die SPD werde ein Mitglied des Bundeskabinetts für das höchste Staatsamt nicht mittragen, stellte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Freitagabend in einem ARD-"Brennpunkt" klar. Ein Ukas, den der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Peter Altmaier, heftig kritisiert. Derartiges schränke die Kandidatensuche ein und sei nicht besonders hilfreich, sagte Altmaier am Samstag im Deutschlandfunk.

Steinmeier betonte zugleich, den Vorschlag Joachim Gauck habe die SPD vor anderthalb Jahren für gut gehalten. "Und ich finde, er hat an seinen Qualitäten noch nichts verloren." Der ehemalige DDR-Bürgerrechtler war bei der Bundespräsidentenwahl 2010 Wulff im dritten Wahlgang unterlegen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte "Bild am Sonntag", seine Partei werde in den Gesprächen mit Merkel für Gauck werben, auf diesen Vorschlag aber nicht beharren.

Doch Gauck könnte sogar auf Stimmen der FDP bauen. "Ich finde Joachim Gauck als Kandidaten sehr sympathisch", sagt zum Beispiel der Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für den Aufbau Ost, Patrick Kurth, in der "Mitteldeutschen Zeitung". Und der Fraktionsvorsitzende der FDP in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, würde ihn sofort wählen.

FDP strikt gegen Töpfer

Trotz der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung sehen sich SPD und Grüne bei der Suche nach einem Wulff-Nachfolger gegenüber der Koalition im Vorteil. Der Stimmenvorsprung von Union und FDP sei zu knapp, um zum dritten Mal einen schwarz-gelben Kandidaten "durchzupauken", sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck dem "Handelsblatt Online". Daher sei Merkel gar nichts anderes übrig geblieben, als der Opposition Gespräche anzubieten.

Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich einer Umfrage zufolge einen überparteilichen Nachfolger Wulffs. In einem am Freitagabend veröffentlichten ARD-"Deutschlandtrend Extra" sprachen sich nur 31 Prozent für einen erfahrenen Parteipolitiker, 58 Prozent aber für einen überparteilichen Kandidaten aus. In einer am Samstag veröffentlichten Forsa-Umfrage für den TV-Sender RTL hielten 46 Prozent den Theologen Gauck für geeignet, die Nachfolge von Christian Wulff anzutreten.

In der Koalition war unter anderem Verteidigungsminister Thomas de Maizière als Kandidat gehandelt worden. Genannt wurde auch Finanzminister Wolfgang Schäuble und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. De Maizière hat mittlerweile aber schon selbst abgewinkt und die Spekulationen als abwegig bezeichnet. Doch die Opposition hatte signalisiert, dass sie keine aktiven Minister aus dem Kabinett mit wählen würde. Damit hatte sich der Kreis der Kandidaten bereits am Freitag erheblich reduziert.

Sympathien bei Union, Grünen und SPD genießt der ehemalige Chef des Uno-Umweltprogramms, Klaus Töpfer. Gegen ihn gibt es aber Vorbehalte in der FDP, die ein schwarz-grünes Signal auf Bundesebene fürchtet. In der FDP wurde deutlich gemacht, dass man Töpfer nicht mittragen könne. Er hatte sich zuletzt kritisch gegen Röslers Kurs im Streit um die Solarförderung geäußert, der FDP-Chef wiederum hatte ihn auf dem Dreikönigstreffen in Stuttgart in seiner Rede einen konservativen Weltverbesserer genannt.

Als eher unwahrscheinlich gilt auch die Variante, die Grünen-Politikerin und Vizebundestagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt ins Rennen zu schicken.

ffr/sev/dpa/Reuters/dapd
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren