Vorstoß von Faeser So will die Innenministerin die Organisierte Kriminalität bekämpfen

Innenministerin Faeser mit BKA-Chef Holger Münch: 14-seitiges Strategiepapier
Foto: Hannibal Hanschke / REUTERSBundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will stärker gegen die Organisierte Kriminalität in Deutschland vorgehen. Das geht aus einem 14-seitigen Strategiepapier hervor, das Faeser an diesem Mittwoch in Wiesbaden bei einer Tagung des Bundeskriminalamts (BKA) vorstellen will. Dem SPIEGEL liegt es vorab vor.
Im vergangenen Jahr, heißt es in dem Papier, habe der finanzielle Schaden, der durch die Organisierte Kriminalität verursacht worden sei, erstmals »über der Milliardengrenze« gelegen. Die Zahl der entsprechenden Ermittlungsverfahren sei auf fast 700 gestiegen.
Die Täterinnen und Täter agierten oft weniger sichtbar als Terroristen oder Extremisten. Doch organisierte kriminelle Gruppen seien zunehmend bereit, andere »mit teils drastischer Gewalt« einzuschüchtern. Entwicklungen wie in manchen europäischen Nachbarländern dürfe man »in Deutschland nicht zulassen« – gemeint sind offenbar die Niederlande, wo die Drogenmafia den Anwalt eines Kronzeugen und einen Journalisten ermordet hat.
Faeser führt in dem Strategiepapier insgesamt 20 Maßnahmen auf, die zu einer effektiveren Bekämpfung organisierter krimineller Banden führen sollen. So setzt sich die Innenministerin etwa dafür ein, dass die Behörden mutmaßlich illegal erwirtschaftetes Geld einfacher beschlagnahmen können. Der Staat müsse Auskunft verlangen können, aus welcher Quelle verdächtige Vermögenswerte stammten – wenn dies verweigert werde, könnten die Gelder »dem legalen Wirtschaftskreislauf entzogen« werden.
Außerdem soll es künftig ein einheitliches, bundesweites Gebäude- und Wohnungsregister geben. Dadurch sollen es auch Strafverfolger einfacher haben, gegen Geldwäsche und die Finanzierung von Terrorismus vorzugehen.
Ein weiterer Vorschlag Faesers war bereits in den vergangenen Tagen bekannt geworden. Sie schlägt eine Obergrenze für Bargeldzahlungen in Höhe von maximal 10.000 Euro vor. Das soll verhindern, dass kriminelle Gelder etwa in den Kauf von Schmuck oder teuren Uhren fließen, ohne dass dies von den Behörden nachvollzogen werden kann. In vielen anderen EU-Staaten gibt es bereits eine Obergrenze für Barzahlungen, in Deutschland ist dies umstritten. Auch die Verbraucherzentralen lehnen den Vorstoß ab.
In der Ampelkoalition umstritten dürften auch zwei weitere Punkte in Faesers Plan sein. So deutet die Innenministerin an, dass die deutschen Behörden auch in die Lage versetzt werden sollen, die verschlüsselte Kommunikation von kriminellen Banden zu knacken. In den vergangenen Jahren hatte das BKA im großen Stil von ausländischen Behörden heimlich abgegriffene Chats erhalten, die sich mutmaßliche Verbrecher per Kryptohandy schickten. Deutschland sei rechtlich derzeit nicht in der Lage, selbst in solche Systeme einzudringen und die Kommunikation zu entschlüsseln, heißt es in dem Papier. Das Innenministerium befürworte daher »Regelungen im Umgang mit Verschlüsselungsmechanismen, die im Einklang mit der verfassungsmäßigen Ordnung stehen«. Was genau das in der Praxis bedeutet, bleibt unklar.
Fest hält Faeser auch an der Forderung nach einer Speicherung von IP-Adressen im Internet. Diese seien »oftmals der einzige Ansatz, um die Identität von Tätern schwerer Straftaten zu ermitteln, die sich anonym im Netz bewegen«. Eine solche anlasslose Vorratsdatenspeicherung lehnt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) jedoch vehement ab. Auch die Grünen sind gegen das Vorhaben.