Pläne von Generalsekretär Stoltenberg Mehrere Nato-Partner zweifeln an Aufstockung der Verteidigungsbudgets

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg führt die Allianz noch bis zum Gipfeltreffen im Sommer
Foto: JOHANNA GERON / REUTERSBei der Nato bahnt sich vor dem Gipfel der Allianz im Sommer ein Streit über die vom Generalsekretär vorgeschlagene Erhöhung der Verteidigungsausgaben der einzelnen Partner an. Jens Stoltenberg hatte kürzlich bei einem Ministertreffen gefordert, die Mitgliedstaaten sollten ihre jährlichen Budgets in den kommenden Jahren über die bisherige Zielmarke von zwei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts anheben. Geht es nach Stoltenberg, soll das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der Nato ab dann nur die Basis für weitere Steigerungen bilden.
Nach SPIEGEL-Informationen allerdings haben intern gleich mehrere Staaten Widerspruch gegen Stoltenberg Pläne geäußert. So kündigten Kanada, Italien, Belgien und die Niederlande an, dass sie eine so deutliche Aufstockung der eigenen Verteidigungsausgaben nicht leisten könnten. Damit erscheint ein formeller Beschluss der Allianz, den Stoltenberg für den Gipfel Mitte Juli in Vilnius anpeilt, ziemlich unwahrscheinlich.

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Die Skepsis begründen einzelne Mitgliedstaaten nach SPIEGEL-Informationen mit ihrer schwierigen Finanzlage. In einem Brief an Stoltenberg argumentierte zum Beispiel der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto Mitte Februar, sein Land sei hoch verschuldet. Folglich könne eine »Steigerung der Zusagen für Investitionen in die Verteidigung, die sich nachteilig auf andere essenzielle staatliche Aufgaben auswirken, eine Herausforderung für die Stimmung in der Bevölkerung« werden. Crosetto forderte deswegen, die Ziele »realistisch« anzusetzen.
Kanada verwies bei internen Beratungen auf beschlossene Großinvestitionen, zum Beispiel in neue F-35-Kampfjets, die sich erst langfristig niederschlügen. Beide Staaten gehören wie Deutschland zu den Nato-Mitgliedern, die noch weit vom bereits 2014 vereinbarten Zwei-Prozent-Ziel entfernt sind.
Scholz sichert bisher nur das Erreichen der Zwei-Prozent-Marke zu
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zwar kürzlich angekündigt, Berlin werde das Zwei-Prozent-Ziel bald erreichen. Anders als Verteidigungsminister Boris Pistorius ließ er jedoch nicht erkennen, ob Deutschland der Forderung Stoltenbergs folgen und über diese Marke hinausgehen will.
Derzeit liegen die deutschen Verteidigungsausgaben bei etwa 1,5 Prozent des Inlandsprodukts. Schon dieses Jahr aber wird dieser Wert durch Einkäufe aus dem sogenannten Sondervermögen und auch durch Waffenlieferungen an die Ukraine steigen. Laut Insidern müsste Deutschland derzeit etwa 65 Milliarden Euro pro Jahr für die Verteidigung ausgeben, um die Zwei-Prozent-Linie zu erreichen.
Die Steigerung der Verteidigungsausgaben wird eins der zentralen Themen bei dem Nato-Gipfel im Sommer. Bei dem Gipfel soll auch ein Nachfolger für Stoltenberg bestimmt werden. Die Amtszeit des Norwegers, seit 2014 auf dem Posten, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder verlängert.