Neonazi-Terror Justizministerin will Familien der Mordopfer entschädigen

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Anteilnahme für Opfer zeigen
Foto: Angelika Warmuth/ dpaBerlin - Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will den Angehörigen der Neonazi-Morde eine finanzielle Entschädigung anbieten. "Den Familien der Opfer gehört jetzt unsere Anteilnahme", sagte die Ministerin der "Welt am Sonntag". Zwar könne Geld das Leid nicht ungeschehen machen. Sie wolle aber versuchen, mit den Entschädigungen aus ihrem Haushalt den Angehörigen ein Zeichen der Solidarität zu geben.
Die FDP-Politikerin äußerte die Befürchtung, dass am Ende der Ermittlungen noch mehr Opfer zu beklagen sein könnten als bisher bekannt sind. "Wir schulden den Angehörigen der Opfer eine lückenlose Neubewertung", sagte die Ministerin.
Mindestens neun Migranten und eine Polizistin sollen die Zwickauer Neonazis getötet haben - ungehindert von den Ermittlungsbehörden. Der offenbar rechtsextremistische Hintergrund der Mordserie zwischen 2000 und 2007 war Polizei und Staatsanwaltschaft nicht aufgefallen.
Er kam erst ans Licht, als Anfang November die mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in einem Wohnmobil in Eisenach Selbstmord begingen und später in ihrer Zwickauer Wohnung Tatwaffen entdeckt wurden. Das dritte mutmaßliche Mitglied der rechtsextremen Zelle, Beate Zschäpe, und der mutmaßliche Komplize Holger G. sitzen in Untersuchungshaft.
Oppermann plädiert für Untersuchungsausschuss im Bundestag
Auch der Vorsitzende des Geheimdienstkontrollgremiums des Bundestages, Thomas Oppermann, sprach sich für eine Entschädigung der Angehörigen aus. Der SPD-Politiker regte zudem eine Kronzeugenregelung für Zschäpe an. Es bestehe ein herausragendes öffentliches Interesse, die Struktur der Gruppe und ihrer Helfer genau aufzuklären. "Auch die Angehörigen wollen wissen, warum die Opfer sterben mussten", sagte Oppermann der "Bild am Sonntag".
Eine Strafmilderung durch die Kronzeugenregelung sei für das Rechtsempfinden vieler Menschen zwar nur schwer akzeptabel, ergänzte SPD-Chef Sigmar Gabriel in der "Welt am Sonntag": "Aber wir haben nirgendwo ein so großes öffentliches Interesse, etwas über die Kontakte zu Geheimdiensten zu erfahren" wie bei der Mordserie der Zwickauer Zelle. Die Umstände der Taten könnten nur über die Hauptverdächtige Zschäpe aufgeklärt werden.
Oppermann rechnet fest damit, dass der Bundestag ein Aufklärungsgremium zu den Ermittlungspannen einsetzen wird. Eine restlose Aufklärung des Falles sei auch deshalb unabdingbar, weil verlorenes Vertrauen in die Sicherheitsbehörden zurückgewonnen werden müsse.
Die Bundesregierung hatte als erste Konsequenz am Freitag die Einrichtung eines Zentralregisters und eines gemeinsamen Abwehrzentrums der Ermittlungsbehörden und der Geheimdienste angekündigt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ( CSU) forderte zudem eine Stärkung der Kompetenzen des Generalbundesanwalts.