Neuberechnung Von der Leyen will Hartz-IV an Löhne koppeln

Arbeitsagentur in Halle: Das Arbeitslosengeld II soll künftig mit Löhnen und Preisen steigen
Foto: ddpHamburg - Die Zeit wird knapp. muss in den nächsten Wochen ihre Pläne für die Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze präsentieren. Erste Einzelheiten stellte ihr Ministerium am Montag vor. Demnach soll das Arbeitslosengeld II für Bezieher künftig im Gleichschritt mit Preisen und Löhnen steigen, sieht der der entsprechende Gesetzentwurf zu der vom geforderten Neuberechnung vor.
Bisher ist die jährliche Erhöhung an die Rentenanpassung zum 1. Juli eines Jahres gekoppelt. Anders als bei der Rente ist aber keine Garantie vorgesehen, dass das Arbeitslosengeld II bei sinkenden Löhnen und Preisen nicht gekürzt wird. Im Ministerium wurde das damit begründet, dass dies verfassungsrechtlich nicht möglich sei. Sinkende Löhne und Preise seien aber extrem selten.
Der jährliche Anpassungsmechanismus für die Regelsätze soll nur für einige Jahre zu 70 Prozent an die Preis- und zu 30 Prozent an die Lohnentwicklung gekoppelt werden. Spätestens ab 2014 soll eine jährliche Ausgaben- und Verbrauchsstichprobe in Geringverdienerhaushalten dafür herangezogen werden.
Die Zusammensetzung des Regelsatzes soll sich nach den Vorstellungen der Arbeitsministerin künftig ebenfalls ändern. Die Kosten eines Internetanschlusses und die Praxisgebühr von zehn Euro sollen als Ausgabenposten mit aufgenommen werden. Das Ministerium ließ aber offen, ob im Gegenzug andere Ausgabenposten gestrichen würden.
Von der Leyen will laut Arbeitsministerium den Gesetzentwurf im Laufe des Tages an die anderen Ministerien verschicken. Das Kabinett soll den Entwurf am 20. Oktober billigen.
Höhe der Sätze noch offen
Die künftige Höhe des monatlichen Regelsatzes, der für einen Erwachsenen derzeit 359 Euro im Monat beträgt, bleibt in dem Gesetzentwurf noch offen. Diese Zahlen will von der Leyen kommende Woche einsetzen.
Inzwischen werden die Widerstände gegen von der Leyens Mammutprojekt größer. Laut "Handelsblatt" fürchten das Finanzministerium und die Haushaltspolitiker der Koalition eine Kostenlawine. Ein Regierungsvertreter sprach gegenüber der Zeitung von einem "Haushaltsrisiko".
Im Finanzministerium werde befürchtet, dass die Vorsorge im Etat für die Reform nicht reichen könnte, hieß es weiter. Für das kommende Jahr sieht der Haushaltsplan zusätzlich 480 Millionen Euro dafür vor. "Wir erwarten, dass die notwendigen Schritte im Rahmen der getroffenen Vorsorge umgesetzt werden", sagte Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) der Zeitung. Zusätzliche Ausgaben, die das strukturelle Defizit des Bundes erhöhten, werde man nicht mittragen.
Auch der Koalitionspartner macht Druck auf die Ministerin. FDP-Haushälter Otto Fricke forderte von der Leyen dazu auf, Mehrkosten für die Reform an anderer Stelle einzusparen. Schließlich wolle man die des Bundes drücken.
Die Bundesregierung muss nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Hartz-IV-Sätze neu berechnen. Außerdem verlangten die Richter, bis Jahresende die Bildungsausgaben für Kinder und Jugendliche zu stärken. Von der Leyen will deshalb ein Bildungspaket aus vier Teilen, dessen Leistungen zu großen Teilen über eine Chipkarte abgerechnet werden sollen.
Doch auch dieses Projekt stößt auf Widerstand. Nach Einschätzung der Mitarbeiter der Arbeitsministerin sei insbesondere die "modellhafte Einführung" der für Mitte 2011 angekündigten Bildungskarte "illusorisch". Das geht nach SPIEGEL-Informationen aus einem internen Vermerk hervor.