Neue Bundesversammlung Warum Schwarz-Gelb Köhlers Nachfolger bestimmen kann

Bundesversammlung 2009: Wahl des Bundespräsidenten als einzige Aufgabe
Foto: Markus Schreiber/ APHamburg - Nicht nur der Rücktritt von Bundespräsident ist außergewöhnlich, auch sein Weg in das Amt erregte Aufsehen. In der Wohnung von FDP-Chef Guido Westerwelle einigten sich Union und Liberale 2004 auf Köhler als Kandidaten. Auch seinen Nachfolger kann wohl wieder das schwarz-gelbe Lager bestimmen. Denn die Regierungskoalition hat in der 14. Bundesversammlung eine komfortable Mehrheit.
Diese parlamentarische Versammlung tritt nur zusammen, um den Bundespräsidenten zu wählen. Derzeit besteht das Gremium aus 1244 Mitgliedern. Für einen Sieg im ersten oder zweiten Wahlgang ist die absolute Mehrheit von 623 Stimmen erforderlich. Dank ihres guten Abschneidens bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr dürften Union und FDP diese Hürde locker nehmen.
- Nach einer Berechnung des unabhängigen Internetportals wahlrecht.de kommt Schwarz-Gelb auf 646 Wahlleute in der Bundesversammlung. Das Lager aus SPD, Grünen und Linken stellt demnach zusammen 583 bis 584 Mitglieder, die sonstigen Parteien 14 Wahlleute. Das Ergebnis der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ist dabei bereits berücksichtigt.
- Auch das Internetportal election.de sieht eine deutliche Mehrheit für Union und FDP. Dieser Berechnung zufolge stellt das Regierungslager in der Bundesversammlung 647 oder 648 Mitglieder. SPD, Grüne und Linke kommen demnach zusammen auf 581 bis 584 Wahlleute.
Bei der Wiederwahl von Köhler vor einem Jahr hatte Schwarz-Gelb keine eigene Mehrheit und war auf die Freien Wähler angewiesen. Inzwischen haben die Bundestagswahl und mehrere Landtagswahlen die Zusammensetzung der Bundesversammlung aber deutlich zugunsten von Schwarz-Gelb verändert. Die offiziellen Berechnungen dazu stehen jedoch noch aus.
Die Hälfte des Gremiums stellen die derzeit 622 Bundestagsabgeordneten, die der Versammlung als "geborene" Wahlleute angehören. Hinzu kommt eine gleiche Anzahl von Mitgliedern, die von den Landesparlamenten entsandt wird. Das können Landtagsabgeordnete, aber auch andere Vertreter des öffentlichen Lebens sein.
Einziges Bundesland ohne Landtag ist derzeit Nordrhein-Westfalen. Dort wurde am 9. Mai gewählt. Das Parlament konstituiert sich am 9. Juni und kann ab diesem Zeitpunkt Vertreter für die Bundesversammlung bestimmen. Sollte die Zeit bis zu deren Zusammentreten zu knapp sein, werden die nordrhein-westfälischen Vertreter von dem Ausschuss gewählt, der bis zum neuen Landtag die Geschäfte des Landesparlaments wahrnimmt.
Wahl noch im Juni
Wie viele Wahlleute die einzelnen Länder entsenden können, hängt von ihrer Einwohnerzahl ab. Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsstärkstes Bundesland schickt mit 133 die meisten, Bremen mit fünf die geringste Zahl. Die konkrete Zahl der Wahlleute aus den Ländern stellt die Bundesregierung fest. Daraufhin müssen die Landtage diese Vertreter unverzüglich wählen.

In einigen Fällen können wegen gleicher Mandatszahlen Losentscheide notwendig werden. Deswegen stehen die genauen Stimmenzahlen in der Bundesversammlung auch jetzt noch nicht fest.
Die deutsche Verfassung regelt das Verfahren für den Fall, dass ein Bundespräsident zurücktritt oder während der Amtszeit stirbt. Noch im Juni muss die Bundesversammlung ein neues Staatsoberhaupt bestimmen. Denn nach Artikel 54 des Grundgesetzes muss ein neuer Bundespräsident innerhalb von 30 Tagen nach dem Rücktritt gewählt werden. Die Bundesversammlung tagt in der Regel einen Tag. Vor der Abstimmung ist keine Aussprache vorgesehen. Die Mitglieder benutzen verdeckte Stimmzettel und sind frei in ihrer Entscheidung.
Bundespräsident wird, wer die Mehrheit der Stimmen in der Bundesversammlung auf sich vereinigt. Erreicht im ersten und zweiten Wahlgang keiner der Bewerber die absolute Mehrheit von derzeit 623 Stimmen, reicht im dritten Wahlgang die relative Mehrheit. Der Gewählte hat zwei Tage Zeit, die Wahl anzunehmen oder abzulehnen. Die Amtszeit dauert fünf Jahre.
Da Köhler sein Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt hat, wird sein Nachfolger bereits am Tag, nachdem er die Wahl angenommen hat, ins Schloss Bellevue einziehen. Bis zur Neuwahl übernimmt der Präsident des Bundesrates vorübergehend die Amtsgeschäfte. Derzeit ist dies der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen.
Auch wenn die Parteien wohl unter sich ausmachen, wen sie für Köhlers Nachfolge ins Rennen schicken, kann grundsätzlich jedes Mitglied der Bundesversammlung Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten vorschlagen. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und das 40. Lebensjahr vollendet hat.