Neue Politikergeneration Die Mächtigen von morgen

Rösler, Schröder und Co.: Die jungen Polit-Aufsteiger
Berlin - Die Familienministerin wirkte verwirrt. Eben hatte Kristina Köhler von Bundespräsident Horst Köhler ihre Ernennungsurkunde erhalten, nun stand die CDU-Politikerin auf den Stufen vor Schloss Bellevue, wo mehrere Limousinen vorfuhren. In welche sollte sie einsteigen? Hilfesuchend blickte sich der Kabinettsneuling um. Dann half ihr Vorgängerin und Neu-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen aus der Patsche: "Das da ist Ihre", sagte sie und zeigte auf einen der dunklen Wagen. Köhler war gerettet. Erleichtert stieg sie ein.
So geht es Anfängern.
Kristina Köhler wurde nach dem Kabinettsabgang ihres hessischen Parteifreunds Franz Josef Jung von heute auf morgen Ministerin. Sie ist 32 Jahre jung. Philipp Rösler, seit ein paar Wochen Chef des Gesundheitsressorts, ist erst 36. Und Karl-Theodor zu Guttenberg, nach der Bundestagswahl vom Wirtschafts- ins Verteidigungsministerium gewechselt, feierte gerade seinen 38. Geburtstag. Die drei sind Merkels junge Garde, mit ihnen will die Kanzlerin ihrer Regierung einen jungen, frischen Anstrich geben.
Das ist die große Chance für die "thirty-somethings": Einmal mehr tritt eine Generation an, um den Politikbetrieb aufzumischen. Alle haben Talent, aber am Ende kann es nur einer ganz nach oben schaffen. So war es schon in den Politikergenerationen zuvor. In der SPD gab es die Generation "Willys Enkel". Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder, Rudolf Scharping. In der Union rangelten die Aufsteiger Roland Koch, Peter Müller, Angela Merkel und Jürgen Rüttgers um den Kanzlerposten. Jetzt ist eine neue Generation an der Reihe. Wer macht da das Rennen?
Zurzeit wirkt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wie der natürliche Anführer seiner Alterskohorte. Aber das muss nicht so bleiben.
Guttenberg erlebt seit der Kunduz-Affäre, dass es in der Politik auch für Aufsteiger sehr schnell schwierig werden kann. Das eröffnet Konkurrenten neue Chancen. Auch SPD und Grüne haben starke Nachwuchstalente in ihren Reihen. Bei der SPD war einst Oskar Lafontaine der Star, am Ende wurde Rivale Schröder Kanzler. Auch Angela Merkel galt lange Zeit eher als Außenseiterin im Rennen um die Macht. Doch mit Geschick und Durchhaltenvermögen ließ sie alle hinter sich - auch vermeintliche Super-Talente wie Christian Wulff.
2020 - da könnte das Projekt Kanzler für die neue Generation greifbar sein. SPIEGEL ONLINE stellt die wichtigsten Bundestagsköpfe der neuen Politikerriege vor und analysiert ihre Aufstiegschancen. Wer kann das Rennen machen?
Ministerküken Köhler und die junge CDU-Garde
Bei den Christdemokraten sind politische Karrieren neuerdings live mitzuverfolgen. Am 26. November noch teilte die CDU-Abgeordnete über den Internetdienst Twitter mit, dass sie gerade eine Rede im Plenum gehalten habe "zum Thema behördliche Übermittlungspflichten bei illegalen Migranten".
Am nächsten Tag wurde sie von der Kanzlerin als Familienministerin ins Kabinett geholt.
Köhler twitterte: "Ich bin überwältigt und freue mich total auf die anstehenden Herausforderungen." Und damit auch keiner auf die Idee kommt, sie verabschiede sich ab jetzt in den abgeschlossenen Kosmos ihrer Ministeriumsmaschinerie, versicherte das Kabinettsküken: "Wundere mich über Diskussion, ob ich weiter twittere - selbstverständlich! Ich verzichte doch auch nichts aufs Briefeschreiben!"
Köhler sitzt seit 2002 im Bundestag, mit der letzten Wahl sogar als direkt gewählte Wiesbadener Abgeordnete. Sie setzte sich gegen Schwergewichte wie die frühere Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) und Ex-FDP-Chef Wolfgang Gerhardt durch. Die promovierte Soziologin stammt zwar aus der Hessen-CDU, gilt aber als politische Modernisiererin in der Union - und ist somit eine würdige Amtsnachfolgerin von Ursula von der Leyen.
Erste Bekanntheit erlangte Köhler durch ihre Auftritte im BND-Untersuchungsausschuss, in dem sie sich mit dem damaligen Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier immer wieder scharfe Wortgefechte lieferte.
Und: Die Jung-Ministerin ist liiert mit einem weiteren Mitglied der neuen Generation, dem CDU-Abgeordneten Ole Schröder, 38, parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium. Im Februar soll geheiratet werden. Auch die 36-jährige Julia Klöckner ist in dieser Legislatur zur Staatsekretärin aufgestiegen und ins Agrarministerium eingezogen. Bei der Landtagswahl 2011 in Rheinland-Pfalz soll Klöckner zudem als CDU-Spitzenkandidatin SPD-Amtsinhaber Kurt Beck herausfordern. Und mit dem JU-Vorsitzenden Philipp Mißfelder hat ein 30-Jähriger den prestigeträchtigen Posten des außenpolitischen Sprechers der Unionsfraktion übernommen.
Alphatier Guttenberg und die CSU-Zugspitzler
Bis zum 9. Dezember 2007 war seiner Altersklasse gemäß ganz ordentlich vorangekommen in der Politik: 2002 erstmals in den Bundestag eingezogen, machte sich der Freiherr aus Franken einen Namen als transatlantisch orientierter Außenpolitiker und netzwerkte so vor sich hin. Man könnte sagen: Guttenberg war ein Hinterbänkler.
Dann mauserte er sich zum Frankenblitz. Denn exakt zwei Jahre später ist der CSU-Politiker seiner Klasse weit enteilt: Er war schon Generalsekretär, dann Wirtschaftsminister und nun Verteidigungsminister.
Diese Erfolgsstory begann an einem Dezembertag in Weißenstadt vor zwei Jahren in Oberfranken, Bayern. Überraschend wurde Guttenberg zum CSU-Bezirksvorsitzenden gewählt - mit seiner Rede stach er den eigentlich gesetzten Bewerber aus. Damit war der bis dahin Unbekannte in der Hierarchie der Christsozialen plötzlich eine Nummer - und für jedes Partei- und Staatsamt einsetzbar.
Von den Medien zur Ikone stilisiert, jüngst zum "Politiker des Jahres" gekürt und in den Beliebtheitswerten zeitweise vor der Kanzlerin: "Jeder, der mit Karl-Theodor zu tun hat, kann nur verlieren", sagt einer aus der Unionsführung. Nun aber steht der Baron vor seiner ersten schweren Bewährungsprobe: Nach dem umstrittenen Luftangriff auf zwei Tanklaster in Afghanistan und dem Rücktritt seines Amtsvorgängers muss Guttenberg vor einem Untersuchungsausschuss für Aufklärung sorgen.
Die CSU im Bundestag verfügt über eine zahlenmäßig starke Gruppe in der neuen Generation. So ist Bayerns JU-Chef Stefan Müller, 34, in der neuen Legislaturperiode zum Parlamentarischen Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe aufgestiegen. Neben Generalsekretär Alexander Dobrindt, 39, und seiner Stellvertreterin Dorothee Bär, 31, gehört Andreas Scheuer zur Gruppe der aufstrebenden Christsozialen in Berlin. Der 35-Jährige wurde jüngst zum parlamentarischen Staatsekretär im Verkehrsministerium befördert.
Allen gemein ist ihr Einzug ins Parlament im Jahr 2002, als Ex-CSU-Chef Edmund Stoiber als Kanzlerkandidat für die Union antrat. Dem verdanken sie indirekt auch ihre Gruppenbezeichnung: Denn als Stoiber Anfang 2007 ins Wanken geriet, fuhren Dobrindt und Co. auf Deutschlands höchsten Berg, um ein Zeichen zu setzen: "Bayerns Spitze - Edmund Stoiber", entrollten sie ein Plakat. Es half nicht, zwei Wochen später musste Stoiber seinen Rückzug antreten. Doch der Zugspitzkreis blieb seitdem zusammen: Man unterstützt sich in Politik und Karriere - und feiert manchmal gemeinsam Silvester.
Liberale Jugendoffensive mit Rösler und Co.
Guido Westerwelle schiebt die Jungen nach vorne. wurde Bundesgesundheitsminister. Daniel Bahr, gerade 33 Jahre alt geworden, ist parlamentarischer Staatssekretär an seiner Seite.
Es ist die liberale Generation 30 plus X, die in die Verantwortung genommen wird.
Rösler hat den schwierigsten Part übernommen. Das Ressort ist von Lobbyisten umstellt, die Gefahr sich zu verschleißen entsprechend groß. Mancher in der FDP unkt, damit habe Westerwelle Geschick bewiesen, gilt doch Rösler als ein potentieller Nachfolger an der Parteispitze. Doch der Niedersachse hat, bei allen Differenzen über das Erscheinungsbild der FDP in der Vergangenheit, sich als verlässlicher Mitspieler erwiesen. Und er kann, wie andere Junge in der Partei, warten.
Zu denen, die in der Vergangenheit in der FDP-Fraktion aufgefallen sind, gehört auch die 34-Jährige Miriam Gruß. Die bayerische FDP-Generalsekretärin und Mutter eines Sohnes ist telegen, griff erst jüngst bei Maybritt Illner im ZDF die CSU wegen des Betreuungsgelds an. Ebenso Volker Wissing, 39, der neue Vorsitzende des Finanzausschusses. Im Untersuchungsausschuss zur Hypo Real Estate verstand er Florett und Säbel gegen die damalige Große Koalition einzusetzen. Der Landesvize aus Rheinland-Pfalz ist einer, auf den noch zu achten sein wird.
Die Verjüngungskur der Liberalen dürfte ohnehin bald weitergehen. So wird Westerwelle, 47, spätestens an diesem Wochenende entscheiden müssen, wer ihm in der Partei künftig den Angriff führt: Am kommenden Montag soll der Bundesvorstand einen Generalsekretär benennen.
Seitdem Dirk Niebel den Posten mit dem des Entwicklungshilfeministers tauschte, wurde gerätselt, wer die seit vier Wochen vakante Stelle ins Thomas-Dehler-Haus einnehmen wird. Zwei Bundestagsabgeordnete wurden genannt: Christian Lindner und Patrick Döring. Der 30-Jährige Lindner stammt aus Westerwelles Landesverband Nordrhein-Westfalen, ist dort bereits seit fünf Jahren Generalsekretär und hatte in diesem April in Berlin zusammen mit dem Niedersachsen Rösler das Buch "Freiheit gedacht - gefühlt - gelebt" vorgestellt. Die FDP als soziale Partei, die auch Werte ins Auge fasst - es war der Versuch der beiden Youngster, der Westerwelle-Partei einen anderen Akzent zu geben.
Lindner beherrscht also das konzeptionelle Denken. Sein Nachteil: Er ist in Berlin noch zu wenig vernetzt, heißt es. Und er stammt aus Nordrhein-Westfalen. Der Landesverband Westerwelles wurde in Partei und Fraktion so gut berücksichtigt, dass ein weiterer Posten eher für unwahrscheinlich gehalten wird. Sagen manche.
Was wiederum für Döring sprach, den Mann aus Niedersachsen. Der 36-Jährige ist Sprecher der Bundestagsfraktion für Verkehr, Stadtentwicklung und Bau, sitzt seit 2005 für die Liberalen im Bundesparlament. Er kann den Angriff führen, gilt als robust. Auch könne er mit Westerwelle, heißt es. Das sei eine der entscheidenden Fragen für eine gute Zusammenarbeit.
Anfang Dezember verdichteten sich aber Gerüchte, Westerwelle habe sich schon längst für Lindner entschieden. Am 14. Dezember schlug er schließlich dem FDP-Bundesvorstand den Mann aus NRW als neuen Generalsekretär vor. Lindner wurde gewählt, einstimmig und ohne Gegenkandidaten. Danach sah man einen zufriedenen Rösler das Thomas-Dehler-Haus verlassen.
SPD-Hoffnungsträger Pronold und wenig mehr
Neulich hatten die bayerischen SPD-Rentner eine ulkige Idee. Der Anteil der 60- bis 70-Jährigen sollte auf den Wahllisten der Sozialdemokraten doch bitte ihrem Anteil in der Bevölkerung entsprechen. "Das machen wir. So eine Verjüngung kriegen wir in der Partei sonst nicht hin", scherzte der bayerische SPD-Chef in lockerer Runde.
In dem Satz liegt sogar ein Funken Wahrheit - denn mit 60 ist man in der SPD derzeit fast schon ein Hoffnungsträger. Der wirkliche Nachwuchs ist in den Ländern arg überschaubar, in der Bundestagsfraktion ist er fast ganz ausgestorben. Nur noch fünf Abgeordnete sind unter 35. Bei den Grünen sind es zwölf.
Florian Pronold ist zwar schon 36, geht aber trotzdem als Ausnahme durch. Er gehört in der SPD zu den wenigen Gewinnern der Bundestagswahl. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier machte ihn zu einem seiner Stellvertreter, er wurde zudem ins Präsidium der Partei gewählt. "Natürlich haben wir ein Nachwuchsproblem", sagt Pronold. "Wie die anderen halt auch." Es klingt trotzig. Nur: Bei den anderen hüpfen derzeit Frischlinge der Reihe nach in die Bundesregierung.
Dass auch Pronold ein Stückchen gehüpft ist, gefällt nicht allen Sozialdemokraten. Früher galt er als Linksaußen, weil er sich mit einem Mitgliederbegehren gegen Gerhard Schröders Agenda-Reformen stemmte. Heute sagt der studierte Jurist: "Die Agenda war nicht nur schlecht." Manche sehen ihn deshalb als Umfaller. Darüber kann Pronold nur lachen: "Ich definiere mich nicht darüber, prinzipiell in der Minderheit zu sein. Ich bin Gestaltungslinker."
Natürlich hat er sich geändert. Rein äußerlich schon. Ämter machen schick. Früher trug er ein Kassengestell auf der Nase, jetzt sitzt da ein Designermodell. Früher ging er im Schlabberlook in die Gremien, jetzt trägt er Anzug mit allem drum und dran. Jahrelang wühlte er sich durch die Finanzpolitik, jetzt kümmert er sich für Steinmeier um Verkehr. Pkw-Maut, Bahn, soziale Stadt - solche Sachen. Längst redet er darüber, als habe er das schon immer gemacht.
Er ist gescheit, hat Potential. Aber ein wenig Unterstützung von Gleichaltrigen könnte nicht schaden. Im Moment ist da in der Fraktion höchstens Hubertus Heil, der mit 37 schon ein paar Jahre SPD-Generalsekretär auf dem Buckel hat. Andrea Nahles, 39, macht als neue Generalsekretärin von sich reden. Und dann ist da noch Carsten Schneider, 33, der "Mister Haushalt" der Fraktion.
Bundeskanzler sei ihm zu einfach, hat Pronold mal gewitzelt. Er wolle lieber der zweite SPD-Ministerpräsident in Bayern werden, was nach derzeitiger Lage in etwa so schwierig ist wie zu Fuß zum Mond zu kommen. Sein jetziger Posten ist nicht das schlechteste Sprungbrett dafür. Verkehr mag dröge klingen, aber der zuständige Minister heißt Peter Ramsauer und ist von der CSU. Die will Pronold irgendwann einmal schlagen. Den Nahkampf kann er jetzt schon mal üben.
Kipping und die neuen jungen Linken
"Es ist schon sehr schnell nach oben gegangen mit mir." Sagt , 31. Mit 21 zog Kipping - damals noch für die PDS - in den Dresdner Landtag ein, sechs Jahre später war sie bereits sächsische Spitzenkandidatin für den Bundestag, in dem die Linke-Politikerin seit kurzem dem Ausschuss für Arbeit und Soziales vorsteht. Natürlich, "der eine oder andere Zufall hat dabei geholfen", das weiß sie: Sächsische Spitzenkandidatin wurde Kipping 2005, weil der damalige "Tatort"-Kommissar Peter Sodann kurzfristig absprang. Und ohne die Verschmelzung von Linkspartei und WASG im Juni 2007 hätte man die junge Frau aus Ostdeutschland wohl kaum zur stellvertretenden Parteichefin gewählt.
Aber politische Karrieren basieren immer auch auf Zufällen - man muss nur an den plötzlichen Aufstieg von Kristina Köhler zur Familienministerin denken, den die CDU-Bundestagsabgeordnete dem ebenso plötzlichen Abgang ihres hessischen Parteifreunds Jung aus dem Bundeskabinett zu verdanken hat. Köhler ist nur ein gutes Jahr älter als Katja Kipping. Ob sie neidisch auf die CDU-Frau sei? "Nee", sagt die Linke-Politikerin. Dann überlegt sie ein paar Sekunden, bevor ihre Erklärung folgt: Köhler habe mit ihrem neuen Amt zwar "eine Menge Gestaltungsmacht in der Politik, aber dafür kaum mehr welche in ihrem eigenen Leben".
Kipping, die man in Talkshows gerne neben stockkonservative Unions-Opas setzt, würde gerne beides zusammen schaffen: Leben und Politik machen. "Eine Linke mit Lebenslust" ist ein Abschnitt in ihrem aktuellen Buch überschrieben.
Noch geht das, sagt sie. Aber wie lange noch? Oskar Lafontaine ist schon im Saarland, Lothar Bisky in Brüssel, auch Gregor Gysi dürfte nicht mehr ewig den Linke-Chef im Bundestag geben. Und spätestens dann wird Kipping eine noch wichtigere Rolle spielen müssen.
Natürlich will sie linke Politik machen. Aber nicht dogmatisch. Genauso pflegt sie ihren Feminismus. Gäbe es mehr Kippings und weniger Lafontaines bei der Linken, man wäre der SPD auch auf Bundesebene längst näher gerückt.
Aber die Generation Kipping wächst: Die Ostberlinerin Halina Wawzyniak - 36 und wie ihre Fraktionskollegin bereits Vize-Bundeschefin der Linken - gehört genauso dazu wie Stefan Liebich, der schon 2002 mit 30 Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus war und nun im Bundestag sitzt. Und mit Jan Korte, der 2005 als 28-Jähriger in den Bundestag einzog, gibt es Hoffnung, dass auch aus den alten Ländern junge pragmatische Linke kommen können.
Das grüne Dutzend um Konstantin von Notz
Es ist ein großer Schritt vom Möllner Stadtrat in den Deutschen Bundestag. Aber wenn es nach dem Urteil von Thomas de Maizière geht, scheint er dem neuen grünen Abgeordneten Konstantin von Notz, 38, gelungen zu sein. Es ist Mittwochnachmittag und Notz hat gerade seine erste Rede im Plenum begonnen, als sich Innenminister de Maizière auf der Regierungsbank nach links wendet und zur Kollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagt: "Der ist gut."
Dass die Justizministerin darauf nur mit einer Art angedeutetem Nicken reagiert, liegt wohl auch daran, dass der Mann am Rednerpult vor allem ihrer Partei die Leviten liest. "Sie haben nicht nur gewackelt - sie sind umgefallen", sagt er in Richtung der FDP-Fraktion. Der Grünen-Politiker spricht zum Auftakt der Aktuellen Stunde zum "Swift-Abkommen", das die EU eben durchgewinkt hat. Es erlaubt US-Ermittlern künftig legalen Zugriff auf "alle relevanten Daten" europäischer Bankkonten. Leutheusser-Schnarrenberger schaut ins Leere.
"Unseren Gutti" nennen ihn manche Grüne. Einige Parallelen zwischen Notz und Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sind tatsächlich unübersehbar: das Alter, die adelige Herkunft, das smarte Auftreten - und ihr täglicher Griff zur Geltube. Zudem sind beide promovierte Juristen. Doch Notz mag den Vergleich nicht, er findet ihn albern.
Am Tag nach seiner Jungfernrede sagt er: "Ich war schon ziemlich aufgeregt." Während andere aus seiner Generation bereits Bundesminister sind, lernt Notz in diesen Wochen das Bundestagsabgeordneter-Sein. "Ist schon eine hohe Taktzahl", wie er findet.
Aber natürlich haben sie in der Grünen-Fraktion schnell gemerkt, was sie an dem Rechtsanwalt und bisherigen Kommunalpolitiker aus Schleswig-Holstein haben: Der Bundestagsneuling wurde sofort als Fraktionsvize für Innen- und Rechtspolitik gehandelt. Zu diesen Spekulationen schwieg er - und ließ anderen den Vortritt. Ein bisschen Demut schadet nicht.
Notz will sich jetzt in seine Themen einarbeiten, dazu gehört auch die für die Grünen besonders wichtige Netzpolitik. Und dann? "Ich plane nicht so lange", sagt er und lächelt.
Dass auch bei den Grünen alles auf seine Generation hinausläuft, weiß Notz. Zwölf Abgeordnete unter 35 gibt es in seiner Fraktion - darunter so profilierte Parlamentarier wie Fraktionsvize Josef Winkler, 35, und Verteidigungspolitiker Omid Nouripour, 34. Einer wie der Ökonomie-Vordenker Gerhard Schick ist auch erst 37, die neue Fraktionsvize Ekin Deligöz 38.
Sie werden irgendwann regieren - ob als Jamaikaner, nur mit der Union oder doch in einem linken Bündnis.