Neuer Beschluss Linksfraktion bleibt bei ihrer Israel-Kritik

Die Linksfraktion im Bundestag hat ihre Kritik an der israelischen Politik im Nahost-Konflikt in einem Beschluss bekräftigt, verwahrt sich aber gegen Antisemitismus-Vorwürfe. "Die inflationäre Verwendung des Begriffs des Antisemitismus schadet dem Kampf gegen ihn", heißt es in dem Papier.

Berlin - Vier Stunden haben die Linken diskutiert, dann fiel der Beschluss mit großer Mehrheit: Die Fraktion hat ihre Kritik an der israelischen Politik im Nahost-Konflikt bekräftigt. "Wir werden als Linke weiterhin die Politik der israelischen Regierungen gegenüber den Palästinenserinnen und Palästinensern öffentlich kritisieren, wann immer dies wegen deren Völker- und Menschenrechtswidrigkeit notwendig ist", heißt es in einem Beschluss, der am Dienstag mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Darin verwahren sich die Abgeordneten gleichzeitig gegen den Vorwurf des Antisemitismus.

Hintergrund der Auseinandersetzungen sind Antisemitismus-Vorwürfe gegen die Linkspartei. Nach einer sozialwissenschaftlichen Studie, aus der die "Frankfurter Rundschau" zitiert hatte, sollen in der Partei antisemitische Positionen toleriert werden. So soll der Vorsitzende der Linksfraktion im Rat der Stadt Duisburg von der "läppischen Existenz" Israels gesprochen haben. In Bremen sollen Linke den Staat Israel in Frage gestellt haben.

Der Chef der Bundestagsfraktion, Gregor Gysi, setzte daraufhin am 7. Juli einen Beschluss durch, in dem jeder Form des Antisemitismus eine Absage erteilt wird. Außerdem wurden jede Ein-Staaten-Lösung für Israel oder Palästina, Boykott-Aufrufe gegen israelische Produkte und eine Teilnahme an der sogenannten Gaza-Flottille ausgeschlossen. An der Gaza-Flottille, die die israelische Blockade des Gaza-Streifens brechen sollte, hatten sich in den vergangenen Jahren Linken-Politiker beteiligt. Einige Parlamentarier fühlten sich durch den ersten Beschluss bevormundet, 10 bis 15 von insgesamt 76 Abgeordneten boykottierten die Abstimmung.

Der Abgeordnete Andrej Hunko warf daraufhin Gysi vor, den Beschluss nur mit der Drohung durchgesetzt zu haben, bei Ablehnung sei die Einheit der Partei gefährdet. Mindestens die Hälfte der Abgeordneten hätte das Abstimmungsverfahren kritisiert. Mit dem Antisemitismus-Beschluss solle die Partei-Linke unterworfen werden. Auch die Abgeordnete Annette Groth hatte von großem psychologischen Druck gesprochen und einem Armutszeugnis der Debattenkultur. Antisemitismus werde synonym mit Kritik an israelischer Besatzungspolitik verwendet. Angesichts dieses Gegenwinds warb Gysi für den nun gefassten Beschluss. "Die inflationäre Verwendung des Begriffs des Antisemitismus schadet dem Kampf gegen ihn", heißt es darin.

Dem neuen Beschluss stimmten am Dienstagabend nach Angaben eines Fraktionssprechers 45 Abgeordnete zu. Es gab 6 Nein-Stimmen und 11 Enthaltungen. Laut Beschluss ist es gerechtfertigt, Israel wegen der Gaza-Blockade, der "völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten" sowie der "Weigerung der israelischen Regierung, konstruktiv an einer Zweistaatenlösung mitzuwirken", zu kritisieren.

"Es ist nicht hinnehmbar, wenn einer derartigen Kritik an der Politik der israelischen Regierung mit dem Vorwurf des Antisemitismus begegnet wird", heißt es in dem Papier weiter. "Wir werden nicht zulassen, dass Mitglieder unserer Fraktion und Partei öffentlich als Antisemiten denunziert werden, wenn sie eine solche Politik der israelischen Regierung kritisieren."

Die Linke ist seit Wochen heftigen Antisemitismus-Vorwürfen ausgesetzt. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, hatte Anhängern der Partei "blindwütigen Israel-Hass" vorgeworfen.

ffr/dpa/Reuters
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