Neuer Parteichef FDP wuchtet Rösler an die Spitze
Berlin/Rostock - Es ist ein deutliches Ergebnis - und der Vertrauensvorschuss einer zerrütteten Partei: Mit 95,08 Prozent der Stimmen hat die FDP Philipp Rösler zum Bundesvorsitzenden gewählt. 619 von 651 Delegierten auf dem Bundesparteitag in Rostock gaben Rösler ihre Stimme. 22 Personen votierten gegen ihn, es gab zehn Enthaltungen. Damit ist er der 13. Mann an der Spitze der freien Demokraten.
"Ich bin überzeugt, dass Deutschland auch in Zukunft Parteien braucht, die optimistisch nach vorne blicken. Die FDP soll eine solche Partei bleiben", hatte Rösler in einer kurzen Ansprache vor Bekanntgabe des Wahlausgangs gesagt. Und dann: "Ich verspreche Ihnen: Ab jetzt, ab heute geht der Wiederaufstieg der Freien Demokraten endlich los."
"Wenn sie mich zum Bundesvorsitzenden wählen, machen sie mich zum Mannschaftsführer eines starken Teams", so Rösler weiter. Schon für diese Worte gab es Standing Ovations vom Publikum im Saal.

Zuvor hatte der scheidende FDP-Chef Guido Westerwelle der neuen Parteiführung unter Rösler seine volle Unterstützung zugesagt. "Ich werde meinem Nachfolger nicht ins Lenkrad greifen", sagte Westerwelle in seiner Abschiedsrede. Es seien hervorragende Leute, die beim Delegiertentreffen an der Spitze der Partei rückten.
Rösler gab das Kompliment zurück und erklärte die Diskussion um eine Ablösung Westerwelles als Außenminister für beendet: "Das eigentliche Geschenk, dass wir dir schuldig sind, ist der Respekt vor deiner Leistung, deiner Person und deinem Amt als Außenminister." An diesem Amt will Westerwelle festhalten.
Parteiinterne Frauenquote mit großer Mehrheit abgelehnt
Die neue Führungsmannschaft unter Rösler wurde in der zweistündigen Aussprache nach der Rede Westerwelles nicht in Frage gestellt. Erste Stellvertreterin Röslers wird Birgit Homburger, sie erhielt allerdings nur 66,1 Prozent der Stimmen. Im internen Machtkampf hatte sie den Fraktionsvorsitz für Rainer Brüderle geräumt. In ihrer Bewerbungsrede hatte Homburger vor den Delegierten Schwächen in ihrer Arbeit als Fraktionschefin eingeräumt. Die Darstellung der Fraktionsarbeit sei "sicherlich verbesserungswürdig gewesen", sagte sie. Der Verzicht auf den Parlamentsposten sei ihr aber nicht leichtgefallen.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erhielt 85,5 Prozent der Stimmen, auch Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow wurde zum Stellvertreter gewählt - er kam auf 89,35 Prozent.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner ist mit großer Mehrheit in seinem Amt bestätigt worden. Der 32-Jährige kam auf 87 Prozent der Delegiertenstimmen. Bei seiner ersten Wahl im vergangenen Jahr hatte der Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen noch 95,6 Prozent erhalten.
Dagegen hat es der hessische Justizminister und FDP-Landeschef Jörg-Uwe Hahn nur äußerst knapp in die engere Führung der Liberalen geschafft. Er bekam bei der Wahl der Beisitzer für das Parteipräsidium 52,5 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der Vize-Ministerpräsident der schwarz-gelben Landesregierung in Wiesbaden war in den vergangenen Monaten immer wieder mit scharfer Kritik an der Parteispitze aufgefallen.
Eine Frauenquote bei der Besetzung der Parteiämter wird es weiterhin in der FDP nicht geben. Die Delegierten lehnten mit sehr großer Mehrheit einen entsprechenden Antrag der parteiinternen Bundesvereinigung Liberaler Frauen ab. Sie wollte erreichen, dass mindestens 40 Prozent der Parteiämter von Frauen besetzt werden müssen. Für diesen Vorstoß votierten 105 Delegierte, 407 lehnten ihn ab. Die FDP hat mit knapp 23 Prozent auch im Vergleich zu anderen Parteien einen besonders niedrigen Frauen-Anteil.
Wichtige Rede am Samstag erwartet
Der nächste große Auftritt des neuen Parteivorsitzenden Rösler wird am Samstag erwartet: Dann will Rösler in einer Grundsatzrede den künftigen Kurs der FDP abstecken. Inhaltlich wird der Parteitag die Positionen der FDP zur Energiewende, zur Euro- Stabilität und zur Bildungspolitik festlegen.
Eine Kurskorrektur hat die Partei dringend nötig, die Umfrageergebnisse sind ernüchternd. Die Ergebnisse des jüngsten ARD-"Deutschlandtrend" spiegeln ein tiefes Misstrauen in die Kompetenz der Regierenden wider: 61 Prozent der Deutschen der Meinung, dass mit der FDP verlässliche Politik nicht mehr möglich ist.
Ein Drittel der Bürger glaubt zudem nicht, dass Schwarz-Gelb bis 2013 hält; 34 Prozent der Bundesbürger glauben nicht daran, dass die Regierungskoalition bis zu den nächsten Bundestagswahlen 2013 hält. 62 Prozent hingegen glauben, dass die Koalition bis 2013 bestehen bleibt.