Neuwahlen in Kiel Endspiel für Carstensen

Neuwahlen in Kiel: Endspiel für Carstensen
Foto: ddpBerlin - Den wichtigsten Punkt umschiffte Peter Harry Carstensen. Ob er, wenn es zu Neuwahlen komme, kandidieren werde? "Diese Frage stellt sich derzeit nicht", sagte der Ministerpräsident. Es war ein kurzes Statement, für das er in Kiel vor die Medien getreten war. Er wollte entschlossen wirken.
Doch auch Peter Harry Carstensen weiß genau, mit dem Urteil des Verfassungsgerichts dürfte sich das Ende seiner politischen Karriere andeuten. Am Montagabend teilte er am Rande einer Vorstandssitzung bereits mit, auf den Landesvorsitz der CDU zu verzichten. Er werde am 18. September dafür nicht mehr kandidieren. Ersetzen soll ihn der Kieler Fraktionschef Christian von Boetticher, 39. "Ich werde ihn vorschlagen", sagte Carstensen.
In seiner Partei stellt sich nun eine Frage dringend: Mit wem soll die CDU in den vorgezogenen Urnengang gehen?
Carstensen, 63, gilt bereits im fünften Jahr als amtsmüde. Immer häufiger wurde in letzter Zeit sogar über seinen vorzeitigen Abgang spekuliert - vor allem, nachdem die CDU-Politiker Roland Koch und Ole von Beust in Hessen und Hamburg den Rückzug von ihren Spitzenämter bekanntgaben.
Das Gericht in Schleswig hat die Spekulationen nun beschleunigt. Was seit Wochen erwartet worden war, trat heute ein: Die Richter folgten einer Klage der Landtagsfraktionen von Grünen und SSW (Südschleswigscher Wählerverband) gegen die im Wahlgesetz verankerte Begrenzung der Ausgleichsmandate. Auslöser waren elf Überhangmandate für die CDU, die bei der Wahl am 27. September 2009 angefallen waren.
Kaum jemand rechnet damit, dass Carstensen in zwei Jahren noch einmal antritt.
Boetticher und Stegner - Kontrahenten auf Abruf
Carstensens matter Kurzauftritt in Kiel kontrastierte umso mehr mit den Bildern, die aus dem Saal des Verfassungsgerichts in Schleswig gezeigt wurden. Dort saßen an diesem Montag zwei aufgeräumt wirkende Männer, denen in den nächsten Jahren entscheidende Rollen in ihren Parteien zukommen: SPD-Fraktions- und Landeschef und von Boetticher.
Sind das die kommenden Spitzenkandidaten? Zumindest Christdemokrat Boetticher, der schon einmal im letzten Kabinett der Großen Koalition Landwirtschaftsminister war, gilt als aussichtsreichster Nachfolger von Carstensen. Wenn es einen gebe, dann sei er es, dem man das Zepter zutraue, heißt es. Der 39-Jährige versuchte noch im Gerichtssaal, nach dem Urteilsspruch jede Spekulation zu beenden. Er sehe den Beschluss für seine Partei nicht problematisch. "Wir werden jetzt die Reihen in der CDU schließen", so Boetticher. Dabei ist klar: Mit ihm wird der Generationenwechsel eingeläutet.
Dagegen ist SPD-Mann Stegner, der möglichst rasch Neuwahlen auf der Basis eines neues Wahlgesetzes verlangte, in seiner Partei nicht unumstritten. Der 51-Jährige, der einst als Innenminister mit Carstensen am Kabinettstisch saß, sich mit diesem aber überwarf, hatte die vorgezogene Landtagswahl vom Herbst 2009 mit Pauken und Trompeten verloren. Mit rund 25 Prozent fuhr er eines der schlechtesten Ergebnisse der Nord-SPD ein (minus 13 Prozent). Der Politologe, der sich damals noch gerne mit Fliege als Markenzeichen präsentierte und heute öfters darauf verzichtet, galt und gilt vielen als arrogant. Unter Stegner musste die SPD nach 21 Jahren in die Opposition. Seitdem attackiert er munter die schwarz-gelbe Koalition, die von Carstensen und dem FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki zusammengehalten wird. "Tunix und Tunichtgut" hat er das Paar getauft - ein typischer Rempler des rauflustigen Norddeutschen.
Auch wenn es - bislang - keine offiziellen Konkurrenten in der SPD um das Spitzenamt gibt - mit den Bürgermeistern von Kiel und Rendsburg, Torsten Albig und Andreas Breitner, werden immer öfter zwei Sozialdemokraten genannt, die als Spitzenkräfte in die Landtagswahl ziehen könnten.
Albig war einst Pressesprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Schon als er 2009 von Berlin nach Kiel ging, hieß es: Bürgermeister zu sein reiche ihm auf Dauer nicht.