Die Lage am Samstag Liebe Leserin, lieber Leser,

wie umgehen mit der AfD? Das ist die große Frage, die sich Politikern, Behörden, Medien und Bürgern stellt. Man würde ja gern sagen: Dies ist eine neue, konservative Partei, die schon im Bundestag und in einigen Landtagen sitzt, wo ist das Problem? Ein normaler Umgang, Zustimmung, Ablehnung, je nach dem eigenen politischen Standpunkt. Aber so leicht ist es eben nicht. Die AfD will nicht, dass es so leicht ist.

Die AfD will an einer Säule des politischen Selbstverständnisses der Bundesrepublik rütteln. Der rechte Flügel der rechten Partei will die Zeit des Nationalsozialismus neu bewerten, zum Teil verharmlosen, sucht die Nähe von Rassisten und Rechtsextremen. Wer also die AfD wie eine normale Partei behandeln will, läuft Gefahr, an der Ausfransung eines Tabus mitzuwirken. Wer aber die AfD oder Teile der AfD für Nähe zu Neonazis kritisiert, handelt sich sofort den Vorwurf ein, Bürger der Mitte zu stigmatisieren. Die gibt es in der Partei und unter ihren Wählern auch.

Wir widmen die Titelgeschichte des neuen SPIEGEL diesem Thema . Ein großes Team aus der Hauptstadt und den Bundesländern hat recherchiert, was den Erfolg der AfD ausmacht, und analysiert, was ein passender Umgang mit dieser Partei sein könnte.

Im Video: SPIEGEL-Redakteurin Melanie Amann über den Aufstieg der AfD und die Überprüfung der Partei durch die Verfassungsbehörden.

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Es ist nicht gut gegangen

Vor zehn Jahren brach die Lehman Bank zusammen und damit ein Versprechen des Kapitalismus: Es wird schon gut gehen. Es passieren Dinge, die kaum einer versteht, es passieren Dinge, die nach Wahnsinn klingen, die aber den Sinn haben, dass der Wohlstand steigt.

Die Pleite von Lehman war ein wesentlicher Grund für die gigantische Finanzkrise der folgenden Jahre. Es ging schon vorher abwärts, aber danach kam der Absturz. Die Dinge, die nach Wahnsinn klangen, stellten sich als Wahnsinn heraus, vor allem das Verpacken und Verteilen fauler Immobilienkredite in den Vereinigten Staaten.

Aber auch Deutsche hatten ihren Anteil an der Finanzkrise, die Deutsche Bank, aber auch Politiker, die nicht daran interessiert waren, einen europäischen Rettungsfonds einzurichten. Unser Ressort Wirtschaft beleuchtet in einem großen Report die Folgen der Lehman-Pleite  und erklärt, warum die nächste Krise droht.

Foto: Mario Tama/ Getty Images

"Möchtest du Asien haben?"

Zwei Männer teilen die Welt auf, Boris Jelzin, Anfang der Neunzigerjahre Präsident Russlands, und Bill Clinton, zur selben Zeit Präsident der USA. Auszug aus einem Originaldialog:

Jelzin: Ich habe eine Bitte. Gib doch einfach Europa an Russland.

Clinton: Möchtest du Asien auch haben?

Jelzin: Sicher, Bill. Wir müssen uns irgendwann über all das einigen.

So haben sie geredet. Es gibt Protokolle dieser Gespräche, Klaus Wiegrefe hat sie für den SPIEGEL ausgewertet . Sie sind so lustig wie erschütternd. Besonders erschütternd finde ich, wie Wisconsin, Illinois und Ohio den Lauf der Welt beeinflusst haben, bis heute. Damals standen Wahlen in diesen Bundesstaaten an, und Clinton räumte gegenüber Jelzin ein, dass er für die Osterweiterung der Nato sein müsse, damit seine Demokraten die Wahlen dort gewinnen könnten.

Das sei eine "Erniedrigung Russlands", hielt ihm Jelzin entgegen. Und diese Erniedrigung hat sein Nachfolger Putin in einen neuen Großmachtanspruch umgewandelt, bis hin zu Kriegseinsätzen. Und das wegen Wisconsin.

Jelzin, Clinton

Jelzin, Clinton

Foto: Wally McNamee/ Corbis via Getty Images

Es ist, wie es ist

Templin in der Uckermark ist die Heimat von Angela Merkel. Hier hat sie als Kind gelebt, hier verbringt sie ihre freien Wochenenden. Hier leben natürlich auch Flüchtlinge, als Folge von Merkels Politik der offenen Grenzen im Jahr 2015. Die beiden Journalistinnen Lan-Na Grosse und Aud Krubert-Hall hatten die schöne Idee, genau zu verfolgen, ob sich Merkels Satz "Wir schaffen das" in Templin umsetzen ließ.

Drei Jahre lang fuhren sie für den SPIEGEL und das ZDF regelmäßig nach Templin und sprachen mit Bürgern  über das Leben mit Flüchtlingen. Niemand sagt: "Wir haben es geschafft." Oft fällt hingegen der Satz: "Es ist, wie es ist."

Dreck und Disruption

Es gibt einen neuen Politikertypus, das sind die Disruptoren, die Leute, die alles anders machen als üblich. Berlusconi war ein früher Disruptor, Trump ist ein aktueller. Ein Disruptor ist, wörtlich, einer, der stört, der für erhebliche Störungen sorgt.

Cynthia Nixon macht das nun auch, im Bundesstaat New York, wo sie Andrew Cuomo das Amt des Gouverneurs abjagen will, auf eine ziemlich aggressive Weise, obwohl Cuomo der Demokratischen Partei angehört, so wie Nixon selbst. Disruptoren ist das egal.

Nixon wurde berühmt als Schauspielerin in der Frauenserie "Sex and the City", die in der Stadt New York spielte. Unser Korrespondent in New York hat sich über Monate an ihre Fersen gehängt und ihre populistischen Auftritte beobachtet. Sein wunderbares Porträt  findet sich im neuen Heft. "Dreck and the City" lautet die Überschrift.

Cynthia Nixon

Cynthia Nixon

Foto: Devin Yalkin / DER SPIEGEL

Lachen und Weinen

Die Wettkämpfe und Interviews von Kristina Vogel bei Olympischen Spielen habe ich mir immer gern angeschaut. Sie fuhr Sprints auf der Radbahn und war dabei extrem erfolgreich, Olympiasiegerin, Weltmeisterin. Bei den Interviews zeigte sie sich als sympathischer, fröhlicher Mensch.

Als ich Ende Juni hörte, dass sie einen schweren Unfall beim Training hatte, habe ich gebangt. Als danach über Monate nicht gesagt wurde, wie es um sie stand, war ich alarmiert. So ist es ja auch bei Michael Schumacher. Wenn man nichts hört, steht es schlimm.

Kristina Vogels Rückenmark wurde am siebten Brustwirbel getrennt. Sie kann ihre Arme bewegen, aber ihre Beine sind gelähmt. Sie braucht einen Rollstuhl. Das hat sie meiner Kollegin Antje Windmann in einem bewegenden SPIEGEL-Gespräch erzählt . Zum ersten Mal redet Vogel über ihr Schicksal, lacht und weint dabei. Dem Leser wird es ähnlich gehen. Die Kristina Vogel von den Olympia-Interviews habe ich zum Glück noch erkannt.

Vogel (l.), Windmann

Vogel (l.), Windmann

Foto: Maurice Weiss/ DER SPIEGEL

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

Ich wünsche Ihnen einen schönen Start in den Tag.

Ihr Dirk Kurbjuweit

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